Beschluss vom 10.03.2009 -
BVerwG 1 B 7.09ECLI:DE:BVerwG:2009:100309B1B7.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.03.2009 - 1 B 7.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:100309B1B7.09.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 7.09

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 23.10.2008 - AZ: OVG 2 L 225/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. März 2009
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Oktober 2008 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

2 1. Die Beschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130a VwGO stattgegeben habe, obwohl das Verwaltungsgericht in der Sache eine andere Auffassung vertreten habe, der Fall in tatsächlicher Hinsicht nicht einfach gelagert sei und mehrere grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen aufwerfe. Sie sieht darin eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

3 Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung des Berufungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), nicht aufgezeigt. Gemäß § 130a VwGO kann das Berufungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Ob das Gericht den ihm nach § 130a VwGO eröffneten Weg der Entscheidung im Beschlussverfahren beschreitet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist (stRspr, etwa Beschluss vom 3. Februar 1999 - BVerwG 4 B 4.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 33). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass ein solcher Verfahrensfehler hier vorliegt. Die von ihr angeführten Umstände begründen auch keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör.

4 2. Mit den von ihr aufgeworfenen Grundsatzfragen kann die Beschwerde die Zulassung der Revision ebenfalls nicht erreichen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird, die in einem Revisionsverfahren verallgemeinerungsfähig beantwortet werden kann.

5 a) Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Sperre des § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits greift, wenn der betroffene Ausländer eine Mitwirkungspflicht verletzt hat oder ob zusätzlich eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der fehlenden Ausreisemöglichkeit bestehen muss, wie sich hierbei die Nichterweislichkeit der Kausalitätsfrage auswirkt und ob die Klägerin vorliegend auf die Richtigkeit der im Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Rechtsauffassung vertrauen durfte, dass zu ihren Lasten keine Mitwirkungspflicht zur Erledigung offen ist, jedenfalls solange nicht durch eine andere Urteilsentscheidung oder urteilsgleiche Entscheidung eine andere/neue Auffassung mitgeteilt worden ist. Darüber hinaus eröffne das Verfahren auch die Möglichkeit für eine grundsätzliche Klärung, welche Mitwirkungspflichten in Bezug auf die Schaffung der Ausreisemöglichkeit bestehen und wie sich im Verfahren Verhalten und Pflichten zwischen Ausländerbehörde und betroffenem Ausländer wechselseitig bedingen.

6 Mit diesem Vorbringen wird keine klärungsbedürftige und verallgemeinerungsfähig zu beantwortende Rechtsfrage aufgeworfen. Nach § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG obliegt es dem ausreisepflichtigen Ausländer, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, damit etwaige Ausreisehindernisse überwunden werden. Welche Bemühungen ihm hierbei zumutbar sind, ist nach der Rechtsprechung des Senats unter Berücksichtigung aller Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden. Mit dem bereits in § 30 Abs. 4 AuslG verwandten Begriff der „zumutbaren Anforderungen“ will das Gesetz es gerade ermöglichen, den Eigenheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Das gilt auch für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer bestimmten Mitwirkungshandlung. Über die Aussage hinaus, dass von vornherein erkennbar aussichtslose Handlungen dem Ausländer nicht abverlangt werden dürfen, entzieht sich die Frage daher einer abstrakt-generellen Klärung in einem Revisionsverfahren (vgl. Beschluss vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise für die von der Beschwerde aufgeworfene Frage der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der fehlenden Ausreisemöglichkeit. Auch insoweit kann allgemein nur festgestellt werden, dass dem Ausländer die Verweigerung solcher Mitwirkungshandlungen nicht vorgehalten werden darf, die erkennbar ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise sind. Im Übrigen entzieht sich die Kausalitätsfrage einer abstrakt-generellen Klärung. Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern der Fall der Klägerin und die aufgeworfenen Fragen angesichts dessen Anlass zu weitergehender rechtsgrundsätzlicher Klärung geben könnten.

7 b) Auch die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, ob § 23a Abs. 1 Satz 4 AufenthG einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach ergangener Anweisung der obersten Ausländerbehörde entgegensteht, rechtfertigt mangels Darlegung der Entscheidungserheblichkeit keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache. Denn das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass ungeachtet der Frage, ob angesichts der Regelung in § 23a Abs. 1 Satz 4 AufenthG überhaupt von einem einklagbaren Anspruch ausgegangen werden könne, jedenfalls die in der Anordnung des Innenministeriums vom 28. Februar 2008 aufgestellten Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorlägen. Danach sei die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich davon abhängig gemacht worden, dass die Klägerin ihre Passpflicht aufgrund eigenen Bemühens erfülle und ihren sonstigen Pflichten zur Mitwirkung vollständig nachkomme, wovon nicht ausgegangen werden könne. Allein der Umstand, dass die Beschwerde meint, die Klägerin sei der gebotenen Pflicht zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung nachgekommen, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Dessen ungeachtet hat das Berufungsgericht von der Klägerin nicht verlangt, unzuständige Stellen zu einer Passausstellung zu bewegen oder gar gesetzeswidrige Wege zu beschreiten, sondern es ging nach Aktenlage lediglich um die Mitwirkung bei der Beschaffung der von der armenischen Botschaft für die Ausstellung eines Passes geforderten Identitätsnachweise.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.