Beschluss vom 09.12.2005 -
BVerwG 3 B 29.05ECLI:DE:BVerwG:2005:091205B3B29.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.12.2005 - 3 B 29.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:091205B3B29.05.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 29.05

  • Hamburgisches OVG - 19.11.2004 - AZ: OVG 1 Bf 160/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. November 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Dorschfangquote im Bereich der Ostsee für das Jahr 2001 rechtswidrig verteilt hat.

2 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3 1. Die Klägerin hält in erster Linie die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 114 Satz 2 VwGO bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage in der Auslegung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht noch verfassungskonform ist oder ob diese Vorschrift dem Anspruch auf ein faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz widerspricht. Diese Frage rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision, weil sie bereits höchstrichterlich beantwortet ist. Im Urteil vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - (BVerwGE 106, 351, 365) hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass die Ergänzung von Ermessenserwägungen durch die Behörde nach § 114 Satz 2 VwGO in der Fassung des 6. VwGO-Änderungsgesetzes verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Die Regelung begegne keinen kompetenzrechtlichen Bedenken. Das Nachschieben von Ermessenserwägungen im Verwaltungsprozess verstoße auch nicht gegen materielle verfassungsrechtliche Grundsätze. Insbesondere sei das Gebot eines fairen Verfahrens nicht beeinträchtigt. Der jeweilige Kläger könne auf ergänzende Erwägungen der Behörde in der ihm geeignet erscheinenden Weise reagieren und die Ergänzung der Ermessenserwägungen könne nach einer etwaigen Erledigung des Rechtsstreits bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden.

4 Mit dieser Entscheidung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie trägt keinerlei Gesichtspunkte vor, die zu einer Überprüfung des dort eingenommenen Rechtsstandpunkts Veranlassung geben könnten oder die einen weitergehenden Klärungsbedarf erkennen ließen.

5 2. Auch die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage, ob § 3 Abs. 2 SeeFischG hinsichtlich des Zuteilungsmerkmales "Teilnahme an der Fischerei" (Prinzip der relativen Stabilität) gebietet, bei der endgültigen Quotenverteilung das Vorjahresergebnis mit zu berücksichtigen oder ob die Behörde insoweit nicht gebunden ist, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, weil die Antwort sich unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz ergibt. § 3 Abs. 2 SeeFischG zählt eine ganze Reihe von Gesichtspunkten auf, denen bei der Bemessung der Zuteilungen Rechnung getragen werden soll. Dazu gehören die Leistungsfähigkeit und Eignung der Fischereibetriebe, ihre bisherige Teilnahme an der betreffenden Fischerei, der wirtschaftliche Einsatz der Fischerflotte und die bestmögliche Versorgung des Marktes. Ferner kann berücksichtigt werden, ob Fischereibetriebe durch ein Verbot oder eine andere Beschränkung des Fischfangs besonders betroffen sind. Die bisherige Teilnahme an der betreffenden Fischerei ist mithin nur ein Element, das in die Zuteilungsentscheidung einfließt. Das schließt eine Verpflichtung der Beklagten zur mathematisch genauen Fortschreibung der in einem bestimmten - im Gesetz ohnehin nicht benannten - Referenzzeitraum getätigten Fänge oder zugeteilten Quoten für das neue Fangjahr aus. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass unter diesem Aspekt die Nichtberücksichtigung der genauen Zahlen des Vorjahres jedenfalls dann unbedenklich ist, wenn diese keine gravierende Abweichung gegenüber den in die Zuteilung eingeflossenen früheren Jahre aufweisen.

6 3. Aus demselben Grund ist hier schließlich auch die Frage nicht klärungsbedürftig, ob bei dem Zuteilungsmerkmal der bisherigen Teilnahme an der Fischerei in § 3 Abs. 2 SeeFischG nur die Ausschöpfung der Fangquote im Rahmen der Fangerlaubnis für das jeweilige Jahr von Bedeutung ist oder ob auch die zu missbilligende erhebliche Überschreitung einer solchen Quote jeweils ihrem Gewicht entsprechend berücksichtigt werden muss. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass eine Quotenüberschreitung - weil rechtswidrig (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SeeFischG) - im Rahmen des Merkmals der bisherigen Teilnahme an der betreffenden Fischerei kein Grund für eine bevorzugte Zuteilung sein kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen werden, hat die Beklagte jedoch im Jahre 2001 in dem hier relevanten Segment der Boote bis 9,99 m Länge eine grundlegende Neuordnung vorgenommen. Sie hat die zuvor für alle Boote dieser Klasse festgelegte Gemeinschaftsquote aufgelöst und eine solche Gemeinschaftsquote nur noch für die nicht organisierten Fischer auf kleinen Booten zugeteilt. Die organisierten Fischer auf solchen Booten hat sie dagegen mit denen der größeren Bootsklasse zusammengefasst; sie müssen in Zukunft bei ihrer Erzeugerorganisation nach § 3 Abs. 4 SeeFischG eine individuelle Fangerlaubnis einholen, deren Einhaltung überwacht und sanktioniert werden kann. Unter diesen Umständen gewannen zum einen die übrigen Zuteilungsgesichtspunkte des § 3 Abs. 2 SeeFischG - etwa das Angewiesensein auf eine auskömmliche Fangquote - besonderes Gewicht. Zum anderen konnte die Beklagte in Rechnung stellen, dass sowohl die organisierten als auch die nicht organisierten Fischer auf den kleinen Booten die Gemeinschaftsquote im Referenzjahr 1999 überschritten hatten. Zwar ging die Überschreitung anteilig in wesentlich höherem Maße auf das Konto der organisierten Fischer; da es sich aber rechtlich um eine einheitliche Fangquote handelte, war die Beklagte nicht gezwungen, diesem Umstand bei der Neuordnung entscheidendes Gewicht beizumessen.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.