Beschluss vom 09.11.2005 -
BVerwG 1 B 22.05ECLI:DE:BVerwG:2005:091105B1B22.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.11.2005 - 1 B 22.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:091105B1B22.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 22.05

  • VGH Baden-Württemberg - 25.11.2004 - AZ: VGH A 12 S 1189/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. November 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25. November 2004 wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2 Die Beschwerde, die geltend macht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg.

3 Sie hält zunächst die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob Kurden, die nachweislich vor ihrer Ausreise aus der Türkei eine Straftat nach Art. 169 TStGB begangen haben und deren Prozess nach Gesetz Nr. 4616 vertagt wurde, bei einer Rückkehr in die Türkei hinreichend sicher vor erneuter politischer Verfolgung sind". Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird, die in einem Revisionsverfahren verallgemeinerungsfähig beantwortet werden kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zielt nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft die den Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung der politischen Verhältnisse in der Türkei. Im Übrigen ist nicht dargetan, dass sich die Frage in einem Revisionsverfahren in dieser allgemeinen Form stellen würde und von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gedeckt ist. Die Beschwerde bezieht sich auf ein Strafverfahren gegen den Kläger in der Türkei, in dem es bisher nicht zu einer Verurteilung gekommen ist, sondern das ausgesetzt worden ist und nur dann wieder aufgenommen wird, falls der Kläger innerhalb von fünf Jahren eine der vorgeworfenen Straftat vergleichbare Tat begehen sollte (UA S. 15 und 29). Das Berufungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang auf verschiedene Erkenntnismittel gestützt, nach denen Personen, die vom Gesetz Nr. 4616 "profitiert" hätten, unbehelligt in die Türkei hätten einreisen können und dort "ohne Schwierigkeiten" leben könnten. Die Strafvorwürfe würden nicht in das Justizregister eingetragen und seien deshalb bei polizeilichen Kontrollen nicht bekannt (UA S. 30 f.). Mit ihrer Frage und dem entsprechenden, ausschließlich tatsächlichen Beschwerdevorbringen wendet sich die Beschwerde in Wahrheit gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende bzw. unzutreffende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen.

4 Entsprechendes gilt für die zweite Grundsatzfrage der Beschwerde, "ob infolge der gesetzlichen Reformen davon ausgegangen werden (kann), dass zurückkehrende Asylbewerber in der Türkei nicht mehr gefoltert werden, auch wenn sie vor der Ausreise wegen politischer Straftaten in Erscheinung getreten sind". Abgesehen davon, dass das Beschwerdevorbringen hierzu sich weitgehend auf allgemeine Ausführungen zum politischen Reformprozess in der Türkei beschränkt, ist der zweiten Frage nicht deshalb eine Rechtsfrage zu entnehmen, weil sie auf "gesetzliche Reformen" Bezug nimmt. Auch dies führt nicht auf eine Frage des revisiblen Rechts, sondern insoweit handelt es sich um eine von den Tatsacheninstanzen zu beurteilende Frage der Auslegung und Anwendung ausländischen Rechts (vgl. BVerwGE 45, 357).

5 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.