Beschluss vom 08.10.2002 -
BVerwG 8 B 114.02ECLI:DE:BVerwG:2002:081002B8B114.02.0

Beschluss

BVerwG 8 B 114.02

  • VG Gera - 17.04.2002 - AZ: VG 2 K 75/02 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Oktober 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a g e n k o p f , S a i l e r und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 17. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 420 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Soweit sie sinngemäß Verfahrensfehler geltend macht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ist sie mangels hinreichender Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) unzulässig; die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist unbegründet.
1. Das Beschwerdevorbringen zu den dem Verwaltungsgericht vermeintlich unterlaufenen Verfahrensfehlern genügt nicht den Anforderungen der Prozessordnung an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde beschränkt sich zunächst auf den Einwand, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend gewürdigt und wendet sich anschließend gegen die Sachverhaltswürdigung in dem angefochtenen Urteil, die sie für nicht überzeugend hält und der sie ihre eigene entgegengesetzte Wertung gegenüberstellt. Ein solches Vorbringen betrifft regelmäßig die vermeintlich fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts; Verfahrensmängel werden dadurch nur dann bezeichnet, wenn die Beschwerde zugleich darlegt, dass das Verwaltungsgericht im Bereich der Tatsachenwürdigung gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Auslegungsregeln verstoßen hat (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>). Das ist hier nicht der Fall.
Sollte die Beschwerde daneben die unzureichende Ermittlung des wesentlichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht rügen wollen, wäre ihr ebenfalls nicht weiter nachzugehen. Denn zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) gehört es, dass im Einzelnen ausgeführt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung von Amts wegen hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. An alledem fehlt es.
2. Der Rechtssache kommt auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Grundsätzlich bedeutsam in diesem Sinne ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Die sinngemäß aufgeworfene Frage nach dem Umfang des Unternehmensbegriffs in § 6 VermG, insbesondere danach, ob bereits die Aufnahme eines Vermögenswertes in die Bilanz eines Unternehmens unabhängig von dessen Nutzung zu betrieblichen Zwecken seine Zugehörigkeit zum Unternehmen begründet, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Da das Verwaltungsgericht diese Frage ausdrücklich hat dahinstehen lassen, hätte die Beschwerde unter Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden Rechtsprechung im Einzelnen darlegen müssen, dass und weshalb die Beantwortung dieser Frage in dem beabsichtigten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein würde. Dabei hätte es der Beschwerde insbesondere auch oblegen auszuführen, wie ihre Auffassung, das streitige Flurstück sei nicht dem Unternehmen zuzurechnen und damit auch nicht von dessen Enteignung erfasst, mit dem faktischen Enteignungsbegriff des Vermögensgesetzes zu vereinbaren ist. Auch hätte sie darlegen müssen, wie sich diese Auffassung mit der Tatsache verträgt, dass nach dem in unmittelbarem Zusammenhang mit der Enteignung des Unternehmens ergangenen Schreiben der Abteilung Staatliches Eigentum vom 29. Januar 1953 Privatvermögen nur dann von der Enteignung des Unternehmens ausgeschlossen war, wenn es nicht bei der Firma bilanziert war. Daraus folgt, dass das streitige Flurstück allein wegen seiner Aufnahme in die Unternehmensbilanz des Jahres 1952 faktisch als dem Unternehmen zugehörig und von dessen
Überführung in Volkseigentum erfasst angesehen wurde. Im Übrigen spricht vieles dafür, aus der Aufnahme eines Vermögenswertes in die Bilanz eines Unternehmens dessen Zugehörigkeit zum Unternehmen im Sinne von § 6 VermG abzuleiten.
Der bloße pauschale Hinweis der Beschwerde auf Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 6 a VermG genügt angesichts der einhellig unbeanstandeten Anwendung dieser Vorschrift durch die Rechtsprechung nicht zur Bezeichnung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.