Beschluss vom 08.06.2006 -
BVerwG 4 BN 13.06ECLI:DE:BVerwG:2006:080606B4BN13.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 13.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:080606B4BN13.06.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 13.06

  • Hessischer VGH - 16.02.2006 - AZ: VGH 4 N 1418/05

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Juni 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich kein Grund für die Zulassung der Revision.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung selbstständig tragend doppelt begründet. Er hat den Normenkontrollantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt, weil der Antragsteller mit dem über seinen Bevollmächtigten am 29. April 2002 per Telefax übermittelten Normenkontrollantrag die am 3. April 2002 bereits abgelaufene Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht eingehalten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag zugleich deshalb abgelehnt, weil er nach seiner Ansicht unbegründet ist. Hierzu führt die Vorinstanz aus, dass die angegriffene Landschaftsschutzverordnung weder formellrechtlich noch materiellrechtlich zu beanstanden sei.

3 Ist eine Entscheidung wie hier auf mehrere, jeweils für sich selbstständig tragfähige Gründe gestützt worden, kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur Erfolg haben, wenn ein Zulassungsgrund für jeden der entscheidungstragenden Gründe gegeben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1973 - BVerwG 4 B 92.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 109, stRspr). Die Beschwerde greift die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs dafür, dass die angegriffene Landschaftsschutzverordnung der rechtlichen Überprüfung standhält, mit einer Verfahrensrüge an, die erfolglos bleiben muss. Die zur Frage der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags erhobenen Grundsatz- und Divergenzrügen könnten der Beschwerde daher selbst dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn sie zulässig und begründet wären. Ein Eingehen auf diese Rügen erübrigt sich daher.

4 Der Antragsteller erhebt die Verfahrensrüge, der Verwaltungsgerichtshof habe seinen in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2006 gestellten Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt. Er ist der Ansicht, dass die Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof ausweislich der Verhandlungsniederschrift für die Ablehnung des Beweisantrages angeführt hat, in sämtlichen Punkten fehlerhaft und unzutreffend seien.

5 Diese Aufklärungsrüge bleibt erfolglos. Mit der Beschwerde wird nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen es auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs einer Beweisaufnahme in der vom Antragsteller mit seinem Beweisantrag verfolgten Richtung bedurft hätte. Ein Gericht ist nur gehalten, diejenigen Beweise zu erheben, auf die es nach seiner Rechtsauffassung ankommt.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2006 unter Nr. 6 der Gründe, die ihn ausweislich der Verhandlungsniederschrift zur Ablehnung des Beweisantrages veranlasst haben, ausgeführt, dass nach seiner Rechtsauffassung die Grundstücke des Antragstellers nur dann aus dem Geltungsbereich der angegriffenen Verordnung herauszunehmen gewesen sein könnten, wenn diese Grundstücke einen räumlich abtrennbaren, nach den örtlichen Gegebenheiten aus dem Gesamterscheinungsbild herausfallenden Landschaftsteil darstellten. Diesen rechtlichen Ausgangspunkt hat der Verwaltungsgerichtshof in den Gründen seines Urteils (UA S. 20 f.) in Anwendung von § 13 Abs. 1 HENatG konkretisiert. Danach kommt die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets nur dort in Betracht, wo ein Gebiet in seiner Gesamtheit oder in Teilen schutzwürdig ist. Gegenstand der rechtlichen Bewertung sei das Gesamterscheinungsbild der Landschaft. Maßgeblich seien nicht die Verhältnisse, die sich auf einem einzelnen Grundstück wieder fänden, sondern das Gesamterscheinungsbild der Landschaft, als deren Bestandteil sich das Grundstück darstelle. Die Schutzwürdigkeit des Gebiets, in dem die Grundstücke des Antragstellers liegen, hat der Verwaltungsgerichtshofs darin gesehen, dass diese Grundstücke Teil einer kleinparzellierten, strukturreichen Landschaft mit Hecken, Streuobst, Äckern und Grünlandparzellen seien, die es zu erhalten gelte (UA S. 19). In diesen Landschaftszusammenhang fügen sich die Grundstücke des Antragstellers nach der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs ein. Anhaltspunkte dafür, dass die Grundstücke des Antragstellers sich in ihrer Eigenart aus dem beschriebenen Gesamterscheinungsbild der Landschaft als räumlich abtrennbarer Teil deutlich abheben könnten, hat die Vorinstanz nicht gesehen. In dieser Einschätzung hat sie sich gerade auch durch das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten des Garten- und Landschaftsarchitekten K. bestätigt gesehen.

7 Vor diesem tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund hatte der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass, dem Beweisantrag des Antragstellers nachzugehen. Die von ihm unter Beweis gestellten Tatsachen, die die Eigenart des Naturhaushaltes seiner Grundstücke, deren Einfluss auf die „Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes“ sowie deren „Biotopdiversität“ betreffen, versprachen keinen Erkenntnisgewinn in der Frage, ob die Grundstücke des Antragstellers aus dem vom Verwaltungsgerichtshof als schutzwürdig beschriebenen Gesamterscheinungsbild der Landschaft herausfallen. Der Antragsteller stellt im Übrigen in seinem Beweisantrag selbst nicht in Abrede, dass sich seine Grundstücke „optisch und ökologisch ohne Weiteres“ in ihre Umgebung einfügen (vgl. Nr. 2 des Beweisantrages). Der im Beschwerdeverfahren angeführte Umstand, die Grundstücke des Antragstellers unterschieden sich höhenmäßig von ihrer Umgebung, vermag nicht zu begründen, dass der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung den Sachverhalt hätte weiter aufklären müssen.

8 Der Antragsteller verbindet mit seiner Aufklärungsrüge den Vorwurf, der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass die Unterschutzstellung seiner Grundstücke nicht erforderlich im Sinne von § 13 Abs. 1 HENatG sei. Er macht ferner geltend, die „naturschutzrechtlich-ökologische Bewertung möglicherweise unstreitiger Tatsachen“ sei zwischen den Beteiligten „höchst streitig“. Damit greift der Antragsteller die tatrichterliche Rechtsanwendung an. Ein Aufklärungsmangel ist damit nicht dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Rechtsfragen sind einer Beweiserhebung nicht zugänglich.

9 Soweit unter 4. der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Normenkontrollantrag „im Übrigen“ hätte stattgeben müssen, weil die angegriffene Landschaftsschutzverordnung an Verfahrensfehlern und materiellrechtlichen Mängeln leide, zeigt die Beschwerde keinen der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO auf. Sie erschöpft sich insoweit nach Art einer Berufungsbegründung in einer kritischen rechtlichen Würdigung des Normenkontrollurteils. Derartige Ausführungen können die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.