Urteil vom 08.05.2003 -
BVerwG 2 WD 45.02ECLI:DE:BVerwG:2003:080503U2WD45.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 08.05.2003 - 2 WD 45.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:080503U2WD45.02.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 45.02

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 8. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Weißenbach,
Hauptfeldwebel Bader
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor Mühlbächer
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt Weber, München,
als Verteidiger,
Justizangestellte Kairies
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des Soldaten gegen das Urteil der ... Kammer des Truppendienstgerichts ... vom 21. März 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt.

Gründe

I

Der heute 32 Jahre alte Soldat machte nach dem Hauptschulabschluss vom 23. Juli 1986 eine Lehre als Kfz-Mechaniker, die er am 4. August 1989 mit dem Gesellenbrief abschloss. Anschließend war er kurzzeitig im erlernten Beruf tätig. Aufgrund seiner Bewerbung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr wurde er mit Urkunde vom 2. Oktober 1991 zum Soldaten auf Zeit ernannt. Nach mehrmaliger Weiterverpflichtung, zuletzt am 21. Juni 1994 auf acht Jahre, wurde ihm als Feldwebel am 21. August 1997 die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich am 31. Dezember 2024 enden.

Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt am 25. September 1997 zum Oberfeldwebel.

Nach der allgemeinen Grundausbildung wurde der Soldat zunächst ab 1. Janu-ar 1992 zur .../Feldjägerbataillon (FJgBtl) ... in L./L. und - unter vorangegangener Kommandierung ab 21. Juli - zum 1. August 1992 zur .../FJgBtl ... in U. versetzt.

Am 14. Juli 1992 bestand er den Unteroffizier (Uffz)-Lehrgang - Feldjägerdienst (FJgDst) - an der Schule für Feldjäger- und Stabsdienst (SFJg/StDst) in S. Ferner nahm er am Feldwebel (Fw)-Lehrgang I an der Heeresunteroffizierschule ... in W. sowie am FwLehrgang - FJgDst - wiederum in S. teil, den er am 28. April 1995 mit der Note „gut” abschloss. Am 2. Oktober 1996 bestand er nach dreimonatiger Ausbildung an der Fachausbildungskompanie in H. die Prüfung als Fachkraft für Umweltschutz und Energiewirtschaft vor der Handwerkskammer ...

Ab 1. Januar 1998 wurde er zur SFJg/StDst in S. als Gruppenführer (GrpFhr) und FJgFw versetzt.

Der Soldat, der fast ein Jahr als Zugführer (ZgFhr) in der ... Inspektion SFJg/StDst bei der Ausbildung von Unteroffiziersanwärtern der Feldjägertruppe verwendet wurde, verblieb auch nach Bekanntwerden des Vorfalls, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, in dieser herausgehobenen Verwendung bis 30. Juni 2001, wo er noch seinen Nachfolger, einen Oberleutnant, einwies.

Die vorgesehene Versetzung des Soldaten zum FJgBtl ... und die Verwendung bei der .../FJgBtl ... sowie die damit verbundene Beförderung zum Hauptfeldwebel wurden aufgrund der Ablehnung des Kommandeurs (Kdr) FJgBtl ... nicht vorgenommen; dafür wurde der Soldat unter vorangegangener Kommandierung ab 27. August am 1. September 2001 zur .../FJgBtl ... nach M. als S 3-Fw, wo er derzeit im Lagezentrum eingesetzt ist, versetzt. Das FJgBtl ... ist mittlerweile in FJgBtl ... umbenannt worden.

Der Soldat hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend mitgeteilt, dass er am 20. März 2002 an einem Einstellungstest für das Kommando Spezialkräfte in C. teilgenommen und diesen bestanden habe; die weitere Bearbeitung seiner Bewerbung sei von dem Ausgang des gegenständlichen gerichtlichen Disziplinarverfahrens abhängig.

Der Soldat wurde am 9. Juni 1993, 8. November 1996, 19. Juli 1997 und 7. Juli 1999 beurteilt.

Die letzte planmäßige Beurteilung durch den Chef der ... Inspektion der SFJg/StDst in S. vom 7. Juli 1999 ergab in der Leistungsbeschreibung einen Durchschnittswert von 5,2, wobei einmal die Wertung „7” vergeben wurde.

Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen” heißt es:

„... ist ein sehr selbstbewußter Soldat, der über einen ausgesprochenen Führungswillen verfügt. Den Auftrag NHFNA betrachtet er als Herausforderung. Ein Einsatz im Rahmen des erweiterten Aufgabenspektrums im Ausland wird von ihm gewünscht und von mir ausdrücklich unterstützt!

Im Kameradenkreis ist er akzeptiert, wenngleich seine offene und teilweise überhebliche Art gelegentlich für Verstimmungen sorgen.

OFw ... lebt das Prinzip des ‚Staatsbürgers in Uniform’. Er ist Mitglied zahlreicher Vereine und Vereinigungen, in denen er sich ehrenamtlich engagiert.”

In der „Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten” vermerkt dieser u.a.:

„... Die Wertung ‚c’ im Abschnitt G.02 (Geistige Befähigung) trage ich nicht und bewerte hier mit ‚d’. Begründung: Ich unterstreiche nicht nur die beschriebene ‚sehr stark ausgeprägte Auffassungsgabe’, sondern aus eigener Erkenntnis auch seine ‚besonders’ ausgeprägte Fähigkeit, unter Zeitdruck systematisch zu denken, sowie klar und sachgerecht zu urteilen...”

In der Sonderbeurteilung gemäß Nr. 406 b ZDv 20/6 vom 31. März 2003 erhielt der Soldat zweimal die Wertung „7” und zwar bei „Eigenständigkeit” und „Fachwissen”, elfmal die Wertung „6” und dreimal die Wertung „5”.

In der Begründung der Wertung für „Fachwissen” wird ausgeführt:

„OFw ... ist in besonderer Weise zur kooperativen Zusammenarbeit und Arbeit im Team befähigt. Er kann unterschiedliche Interessen in anerkennenswerter Form ausgleichen und findet regelmäßig einen zweckmäßigen Lösungsansatz. Ausgleichend in seiner Art, stets mitdenkend und handelnd im Sinne der übergeordneten Führung überzeugt OFw... durch Seriosität, Glaubwürdigkeit, Loyalität und Verschwiegenheit. Er verfügt über tiefgründige, fundierte Fachkenntnisse. Seine für die Ausbildung relevanten Vorschriften beherrscht er souverän. Dementsprechend gestaltet er die Ausbildung kreativ und durchdacht.”

In der Eignungs- und Befähigungsbeurteilung erhielt der Soldat sowohl bei „Verantwortungsbewusstsein” als auch bei „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung” ein „E”, bei den übrigen Beurteilungspunkten jeweils ein „D”.

Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ heißt es:

„OFw ... ist aus innerster Überzeugung Soldat. Er stellt sich vorbehaltlos den dienstlichen Interessen, sowohl im erweiterten Aufgabenspektrum der Bundeswehr als auch im Bereich der Landes- und Bündnisverteidigung. Sehr gute Umgangsformen, Intelligenz. Lebenserfahrung und Leistungswille rahmen seine aufrechte und ehrliche Art im Umgang mit Vorgesetzten und Untergebenen. Durch seine ehrliche und gradlinige Art genießt der sehr loyale Soldat Vertrauen und Respekt bei Unterstellten sowie Vorgesetzten.

OFw ... lebt Kameradschaft vor, ist dabei hilfsbereit und von Gerechtigkeitssinn geprägt in seinem Handeln. Durch seine menschlich verbindliche, zum richtigen Zeitpunkt fordernde Art, strahlt er Autorität und Souveränität aus, was sich wohltuend auf sein Umfeld auswirkt.

Ingesamt ein charakterfester, sozial kompetenter, körperlich voll belastbarer und äußerst leistungsstarker Portepeeunteroffizier, der zur absoluten Spitzengruppe des Unteroffizierkorps der Kompanie gehört. Um seinem Leistungsvermögen Gelegenheit zu geben, sich voll zu entwickeln und zu entfalten, sollte OFw ... eine volle weitere Förderung erfahren.”

Der Soldat besitzt neben zahlreichen sportlichen Auszeichnungen, darunter das Deutsche Sportabzeichen in Gold vom 19. Juni 2000, das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold seit Oktober 2000.

Im neuesten Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 24. März 2003 sind zwei förmliche Anerkennungen vom 20. Dezember 1994 und 30. Oktober 2000 wegen vorbildlicher Pflichterfüllung als S 2/S 3-Uffz bzw. für „gewissen-haftes, eigenständiges Führungsverhalten” eingetragen.

Der Auszug aus dem Zentralregister vom 31. März 2003 enthält lediglich die Eintragung der sachgleichen strafgerichtlichen Verurteilung.

Gemäß Bescheinigung der Wehrbereichsverwaltung ... - Gebührniswesen - vom 21. Juni 2002 erhält der Soldat Dienstbezüge aus der Besoldungsstufe A 7 mit Amtszulage (Stufe 5) in Höhe von 2.024,31 € brutto und Nettobezüge in Höhe von 1.659,90 €. Tatsächlich ausgezahlt werden 1.620,02 €. Der Soldat hat in der mündlichen Verhandlung dazu angegeben, dass sich mittlerweile seine Bezüge durch Erreichen der nächsten Dienstaltersstufe um 20 € erhöht hätten.

II

III