Beschluss vom 07.06.2005 -
BVerwG 9 B 5.05ECLI:DE:BVerwG:2005:070605B9B5.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.06.2005 - 9 B 5.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:070605B9B5.05.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 5.05

  • VGH Baden-Württemberg - 11.11.2004 - AZ: VGH 2 S 2220/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. E i c h b e r g e r und
D o m g ö r g e n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. November 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 150 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Da das Urteil des Berufungsgerichts auf zwei selbstständig tragende Begründungen gestützt ist, nämlich zum einen darauf, dass die Kläger mangels eines wirksamen Erwerbstatbestandes (Abtretung) nicht Rechtsinhaber des geltend gemachten Verzinsungsanspruchs gemäß § 133 Abs. 3 Satz 4 BauGB geworden seien, zum anderen darauf, dass ein Verzinsungsanspruch auch der Sache nach nicht gegeben sei, weil die Schönhaldenstraße im maßgeblichen Zeitpunkt benutzbar gewesen sei i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB, hätte die Beschwerde nur dann Erfolg, wenn hinsichtlich beider Begründungsteile ein Revisionszulassungsgrund hinreichend geltend gemacht wäre und auch vorläge; denn anderenfalls wäre die als klärungsbedürftig bezeichnete Grundsatzfrage oder die behauptete Divergenz nicht entscheidungserheblich bzw. würde das angegriffene Urteil nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte eine Zulassung der Revision; folglich gelingt ihm das erst recht nicht hinsichtlich beider Begründungsteile.
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zur Frage der Wirksamkeit einer Abtretung von Ansprüchen auf Rückzahlung einer Vorausleistung oder auf deren Verzinsung und die diesbezüglich (unter II. 1 a) sinngemäß aufgeworfenen Rechtsfragen sind - unabhängig davon, ob die Beschwerde insoweit den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 VwGO) genügt - schon deshalb nicht geeignet, eine Grundsatzrüge zu tragen, weil es sich bei diesen Fragen um nicht revisibles Recht handelt. Wie der Senat bereits in seinem zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führenden Beschluss vom 16. September 2003 - BVerwG 9 B 27.03 - dargelegt hat, hat das Berufungsgericht - damals wie jetzt - über diese Fragen nach den landesrechtlichen Vorschriften für Kommunalabgaben entschieden, deren Auslegung und Anwendung revisionsgerichtlicher Prüfung grundsätzlich entzogen sind (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Mit der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG BW enthaltenen Anordnung, bestimmte für staatliche Steuern geltende Vorschriften der Abgabenordnung (AO), hier über die Abtretung von Ansprüchen und deren Anzeige an die zuständige Finanzbehörde (§ 46 Abs. 1 bis 3 AO), bei der Erhebung von Kommunalabgaben entsprechend anzuwenden, werden diese Vorschriften nicht als Bundesrecht in den landesrechtlichen Bereich übernommen. Vielmehr beruht ihre Anwendung in diesem Bereich allein auf dem Gesetzesbefehl des Landesgesetzgebers und ist damit ebenfalls dem Landesrecht zuzuordnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2001 - BVerwG 11 C 9.00 - BVerwGE 114, 1 <4>).
b) Soweit die Beschwerde im Folgenden - nach ihrer Gliederung (II. 1 b) ebenfalls unter dem Aspekt der Grundsatzrüge - den Vorwurf erhebt, das Berufungsgericht habe in verschiedener Hinsicht "allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Erfahrungssätze der Lebenserfahrung und Gesetze der Logik" verkannt, wie in der Beschwerdebegründung unter den Gliederungspunkten aa) - gg) ausgeführt wird, vermag dies eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Das wäre nur dann der Fall, wenn mit diesem Beschwerdevorbringen hinreichend dargetan würde, dass das vorliegende Verfahren Anlass geben könnte, Voraussetzungen und Anwendungsbereich der angeführten allgemeinen Grundsätze des Bundesrechts (darunter führt die Beschwerde auch Grundrechte auf) rechtsgrundsätzlich weiterzuentwickeln (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. Juni 2003 - BVerwG 4 B 35.03 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 26 und vom 22. Dezember 1998 - BVerwG 10 B 2.98 - juris). Daran fehlt es hier. Die Ausführungen der Beschwerde beziehen sich allein auf die Anwendung der von ihr angeführten Auslegungsregeln und Verfassungsbestimmungen auf den Einzelfall, ohne darüber hinausgehende allgemeine und bislang ungeklärte Rechtsfragen zu ihren Voraussetzungen und ihrem Anwendungsbereich aufzuwerfen. Mit ihren umfangreichen Ausführungen wendet sich die Beschwerde in Wahrheit gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage der Wirksamkeit der Abtretung des Vorausleistungs- und Verzinsungsanspruchs, ohne diesbezüglich eine bundesrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu formulieren. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der behauptete Verstoß gegen Auslegungs-, Erfahrungs- und Denkgesetze auch nicht geeignet ist, eine Verfahrensrüge zu begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26, S. 15).
2. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt auch nicht eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen an die Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes (§ 133 Abs. 3 VwGO). Hierzu gehört nicht nur, dass die Beschwerde einen allgemeinen Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts anführt, wie sie es mit den im Urteil vom 28. Oktober 1981 - BVerwG 8 C 4.81 - BVerwGE 64, 186 <194 ff.> aufgestellten Anforderungen an eine ausreichende wegemäßige Erschließung sinngemäß getan hat. Erforderlich ist weiter, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angegriffene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem das Berufungsgericht von dem erstgenannten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O., S. 14). An der Benennung eines solchen, im Urteil des Berufungsgerichts aufgestellten Rechtssatzes fehlt es hier. Allein die Rüge, das Berufungsgericht habe "diesen Obersatz zu § 133 BauGB völlig aus den Angeln gehoben", genügt dem erkennbar nicht, zumal diese Vorschrift im Jahre 1987 wesentlich geändert worden ist.
3. Eine Zulassung der Revision kommt auch nicht mit Blick auf die geltend gemachten Verfahrensfehler in Betracht (§ 133 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Ein Verfahrensfehler liegt nicht darin, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Schönhaldenstraße im Oktober 1990 eine Fahrbahnbreite von 8 Metern hatte und jeweils mit Schotter befestigte Seitenbankette von je 1,50 Metern aufwies. Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe insoweit streitigen Sachverhalt ohne Beweisaufnahme als feststehend zu Grunde gelegt. Es kann dahinstehen, ob dieser Vorwurf von der Beschwerde zutreffend als "Aufklärungsrüge" bezeichnet wird, worunter regelmäßig verstanden wird, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO), nicht hinreichend nachgekommen sei. Das Beschwerdevorbringen kann ebenso dahin gehend verstanden werden, dass das Berufungsgericht aktenwidrige Tatsachenfeststellungen getroffen habe oder dass ein Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs geltend gemacht werde. Jedenfalls rechtfertigt das Beschwerdevorbringen unter keinem der genannten Aspekte eine Zulassung der Revision, weil es insoweit entweder nicht den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 VwGO) genügt oder die erhobenen Rügen im Akteninhalt keine Stütze finden.
Es wird von der Beschwerde bereits nicht hinreichend dargelegt und ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem Akteninhalt, dass das Berufungsgericht in dem betreffenden Punkt eine fehlerhafte, insbesondere aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung getroffen hat: Der seinerzeitige Ausbauzustand der Schönhaldenstraße war ein wesentlicher Aspekt des Streitfalls, zu dem die Beteiligten ausführlich vorgetragen und die ihnen zugänglichen Erkenntnis- und Beweismittel (Fotos und Verwaltungsvorgänge) vorgelegt haben. Die Kläger hatten u.a. behauptet, die Straße habe über keinen abgesetzten Gehweg verfügt; dies hat das Berufungsgericht auch nicht festgestellt, sondern als unstreitig seiner Entscheidung zugrunde gelegt (UA S. 19). Dass die Straße eine Breite von 8 Metern hatte, hat das Berufungsgericht den "in den Abrechnungsakten der Beklagten befindlichen Unterlagen" (UA S. 2) entnommen; die Beklagte hatte erstinstanzlich (Schriftsätze vom 15. Oktober und 5. November 2001) darauf ausdrücklich hingewiesen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wird diese Feststellung auch im Tatbestand des Berufungsurteils erwähnt, was im Übrigen rechtlich nicht zwingend geboten war, weil im Tatbestand der Sach- und Streitstand nur seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen ist (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Für die Richtigkeit dieser Tatsache und außerdem für den Ausbauzustand der Seitenbankette führt das Berufungsgericht ferner eine "Mess-Urkunde und (ein) Kostenbuch der Firma Bitzer vom 3. März 1969, Akte 1, Schönhalde" (UA S. 20) an. In diese Verwaltungsvorgänge hatten die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren Akteneinsicht genommen, so dass sie Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen. Weitere Beweismittel haben auch die Beteiligten nicht benennen können. Es oblag dem Berufungsgericht, aufgrund dieser vorhandenen Erkenntnismittel sich eine richterliche Überzeugung zur Frage des Ausbauzustandes der Straße zu bilden. Die Beschwerde zielt daher in Wahrheit auf die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht, ohne jedoch insofern einen durchgreifenden Verfahrensfehler aufzuzeigen. Insbesondere legt die Beschwerde weder dar, dass bzw. in welcher Richtung für das Berufungsgericht Anlass zu weiterer Sachaufklärung bestanden habe noch dass die Kläger darauf gedrängt, geschweige denn einen Beweisantrag gestellt hätten noch was sie sonst über ihr bisheriges Vorbringen hinaus zu dieser Frage vorgetragen hätten.
b) Ein Gehörsverstoß (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) ist schließlich auch insoweit nicht hinreichend dargelegt, als die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe nicht vorab darauf hingewiesen, dass es für seine Entscheidung maßgebliche Bedeutung haben würde, ob dem notariellen Vertrag vom 10. Dezember 1990 ein den Anforderungen des § 46 Abs. 1 und 2 AO entsprechender (Anzeige-)Wille betreffend die Abtretung der Ansprüche aus den erbrachten Vorausleistungen zu entnehmen ist. Zwar tragen die Kläger vor, dass sie bei einem diesbezüglichen Hinweis ihren Klageantrag "nach Maßgabe der Prozessstandschaft" modifiziert hätten. Dazu bestand indes bereits aufgrund des in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises des Berufungsgerichts Anlass, wonach "die Frage der Rechtsinhaberschaft der Kläger (...) auch dann fraglich (sei), wenn man vom Erfordernis einer formalisierten Abtretungsanzeige nach § 46 Abs. 3 AO absehe". War damit - nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, vorbehaltlich der Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung - die Aktivlegitimation der Kläger problematisch, bestand für den Prozessbevollmächtigten der Kläger durchaus Anlass, auf diesen rechtlichen Hinweis zumindest mit einem Hilfsantrag in dem von der Beschwerde angedeuteten Sinne zu reagieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 52 Abs. 3, § 47 GKG.