Beschluss vom 07.03.2003 -
BVerwG 2 B 32.02ECLI:DE:BVerwG:2003:070303B2B32.02.0

Beschluss

BVerwG 2 B 32.02

  • VGH Baden-Württemberg - 10.07.2002 - AZ: VGH 4 S 2732/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S i l b e r k u h l und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Prof. D a w in und Dr. K u g e l e
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. Juli 2002 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 75,27 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist mit der Folge der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet.
Die Beschwerde rügt der Sache nach zu Recht als Verfahrensmangel, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann, dass das Berufungsgericht die Berufung mit der Begründung als unzulässig verworfen hat, sie werde den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung nicht gerecht. Das ist rechtsfehlerhaft.
Nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO muss die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Der Berufungsführer muss nach Zulassung der Berufung einen gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegründung einreichen und dabei eindeutig zu erkennen geben, dass er nach wie vor die Durchführung eines Berufungsverfahrens erstrebt (vgl. etwa Urteil vom 30. Juni 1998 - BVerwG 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117 <120 f.>). Das ist hier geschehen. Die Berufungsbegründung des Klägers genügt mit ihrer Bezugnahme auf sein Vorbringen zur Berufungszulassung sowohl dem Antragserfordernis als auch dem weiteren Formerfordernis, die "Berufungsgründe" im Einzelnen anzuführen.
Dem Antragserfordernis und dem Formerfordernis einer gesonderten Berufungsbegründung nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO wird
regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz - ggf. auch nur durch Verweisung auf den Zulassungsantrag - hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 1. Dezember 2000 - BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 60 S. 18 m.w.N.). Das war hier der Fall. Der Kläger hat erkennbar an seiner Rechtsauffassung festgehalten, dass das erstinstanzliche Urteil insgesamt fehlerhaft ist und dass er deshalb eine erneute umfassende Entscheidung des Berufungsgerichts erstrebt. Mehr musste er zur Berufungsbegründung nicht tun (vgl. Beschluss vom 1. Dezember 2000, a.a.O. S. 18). Das Verwaltungsgericht hat die auf Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für chinesische Medikamente gerichtete Klage insgesamt mit der Begründung abgewiesen, nach der vom Beklagten eingeholten ärztlichen Stellungnahme sei die objektive medizinische Notwendigkeit der verordneten Substanzen nicht gegeben. Hiergegen hat sich der Kläger mit der Begründung seines Antrags auf uneingeschränkte Zulassung der Berufung gewandt. Das Berufungsgericht hat antragsgemäß die Berufung uneingeschränkt zugelassen, weil aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen der Erfolg einer Berufung zumindest ebenso wahrscheinlich sei wie deren Misserfolg und deshalb ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden. Der Kläger hat die Berufung mit Schriftsatz vom 18. Januar 2001 begründet, indem er auf seine Ausführungen in dem Antrag auf Zulassung der Berufung sowie einem weiteren im Zulassungsverfahren eingereichten Schriftsatz Bezug genommen und ergänzend unter Beweisantritt ausgeführt hat, die verordneten chinesischen Medikamente seien Arzneimittel und objektiv medizinisch notwendig gewesen. Es bestand danach kein Zweifel daran, dass und aus welchen Gründen der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren vollen Umfangs weiterverfolgen wollte. Davon ist offenbar auch der Beklagte in seiner Berufungserwiderung ausgegangen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.