Beschluss vom 07.01.2003 -
BVerwG 8 B 146.02ECLI:DE:BVerwG:2003:070103B8B146.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.01.2003 - 8 B 146.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:070103B8B146.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 146.02

  • VG Dessau - 11.07.2002 - AZ: VG 4 A 70/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Januar 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a g e n k o p f , K r a u ß und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Der Antrag der Klägerin zu 1, ihr für die Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau vom 11. Juli 2002 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil wird zurückgewiesen.
  3. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 102 258,38 € festgesetzt.

A.
Der Klägerin zu 1 kann die begehrte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, wie sich dies aus Nachfolgendem ergibt (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
B.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Sache weist weder die ihr beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf noch weicht das angefochtene Urteil von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder beruht auf erheblichen Verfahrensfehlern gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob eine abstrakte, ungeprüfte Möglichkeit des Vorliegens von DDR-Gesetzen genügt, um die Rechtmäßigkeit angedrohter Enteignung zu begründen,
würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen; denn das Verwaltungsgericht hat konkret eine Enteignungsgrundlage anhand von § 1 Abs. 1 2. Spiegelstrich Zweite Durchführungsbestimmung vom 29. September 1972 geprüft (UA S. 18).
2. Auch die anschließend erhobene Frage,
ob erst die Feststellung einer gesetzlichen Basis Voraussetzung für den Ausschluss willkürlichen preisrechtlichen Handelns ist,
geht an den rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbei. Ausführlich wird sowohl auf die Preisanordnung Nr. 415 vom 6. Mai 1955 als auch auf die Bewertungsrichtlinien zum Entschädigungsrecht eingegangen.
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Preisvorschriften anmahnt, bleibt außer Betracht, dass im Rahmen von § 1 Abs. 3 VermG der Erwerbsvorgang an den damals in der DDR gültigen und angewandten Rechtsvorschriften gemessen wird. Diese Normen sind insoweit unbeschadet fehlender Rechtsstaatlichkeit beachtlich.
2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht von dem Urteil vom 24. Juni 1993 - BVerwG 7 C 14.92 – (Buchholz 428 § 28 VermG Nr. 1) ab. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht einem höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz ausdrücklich oder konkludent einen widersprechenden Rechtssatz gegenüber gestellt hat. Das ist hier nicht der Fall. Weder kann der Divergenzentscheidung die von der Beschwerde formulierte Aussage als abstrakter Rechtssatz entnommen werden noch, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Bildung eines eigenen abstrakten Rechtssatzes von der genannten Entscheidung abgesetzt hat.
3. Erfolglos bleiben auch die Verfahrensrügen.
a) Die Aufklärungsrüge, mit der eine angeblich unzureichende Ermittlung der gesetzlichen Grundlagen beanstandet wird, betrifft zum einen nicht das Prozessrecht und ist zum anderen unberechtigt, da sich das Verwaltungsgericht mit einer Reihe von Rechtsvorschriften befasst hat, die nach seiner Ansicht für die umstrittene Preisgestaltung in Betracht gekommen waren. Sollte die Beschwerde diese Vorschriften nicht für einschlägig halten, würde sie damit keine Verfahrensrüge begründen können.
b) Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag übergangen, ist unerheblich. Aus der Niederschrift über die Sitzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich nicht, dass ein derartiger Antrag gestellt worden ist. Das Protokoll hat Beweiskraft (§ 105 VwGO i.V.m. § 165 ZPO).
c) Die Angriffe der Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung der eidesstattlichen Versicherung von Walter K. sind dem sachlichen Recht zuzurechnen. Dass bei der richterlichen Überzeugungsbildung Beweisregeln verletzt worden seien, vermag die Beschwerde nicht darzulegen. Insbesondere waren die Regeln des Anscheinsbeweises nicht einschlägig. Sie können nur auf typische Geschehensabläufe oder Ursachenzusammenhänge angewandt werden. Dass diese Voraussetzungen gegeben sein könnten, muss mit der Beschwerde vorgetragen werden. Es genügt nicht, nur Vermutungen anzugeben.
d) Es bedeutet auch keinen erheblichen Verfahrensmangel, dass das Verwaltungsgericht die preisrechtlichen Vorschriften der DDR nicht zur Prüfung dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat. Nach Art. 100 GG kann das Bundesverfassungsgericht nur über die Vereinbarung eines Bundesgesetzes oder eines Gesetzes eines Landes der Bundesrepublik Deutschland mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit eines solchen Landesrechts mit einem Bundesgesetz entscheiden.
e) Es stellt schließlich keinen beachtlichen Verfahrensfehler dar, dass das Verwaltungsgericht die Beiladung nicht aufgehoben hat. Das klageabweisende Urteil beruht darauf nicht (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sich die Beigeladene nach Zuleitung der Beschwerdeschrift und Anheimgabe einer Stellungnahme mit ihrem Sachantrag dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13, 14 GKG.