Beschluss vom 06.03.2014 -
BVerwG 9 B 55.13ECLI:DE:BVerwG:2014:060314B9B55.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 B 55.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:060314B9B55.13.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 55.13

  • VG Freiburg - 06.02.2013 - AZ: VG 1 K 2331/11
  • VGH Mannheim - 14.06.2013 - AZ: VGH 2 S 421/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 224 € festgesetzt.

Gründe

1 Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben.

2 Die Beschwerde wirft die Frage auf:
„Stehen einem/einer Abgabenschuldner/in Prozesszinsen bis zum Zeitpunkt der erneuten ‚Festsetzung der Abgabenschuld auf der Grundlage einer neuen - wirksamen - Satzung’ dem Grunde nach zu, wenn aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die rechtswidrig festgesetzte und bezahlte Abgabe in voller Höhe zu erstatten ist, weil die Abgabengläubigerin noch während der verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine rechtswirksame Gebührensatzung nicht ‚nachgeschoben’ hat und die Abgabengläubigerin den zu erstattenden Betrag nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zunächst (bis zur erneuten Festsetzung auf der Grundlage einer neuen ‚wirksamen’ Satzung) ohne Rechtsgrund (ohne erneute Festsetzung) und damit rechtswidrig bei sich behalten hat?“

3 Diese Frage betrifft nicht revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat sie gemäß der über § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG BW entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO verneint (zur Nachrangigkeit des § 291 BGB gegenüber speziellen fachgesetzlichen Regelungen vgl. Beschluss vom 21. Januar 2010 - BVerwG 9 B 66.08 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 39 Rn. 14). Aufgrund des landesgesetzlichen Anwendungsbefehls wird diese Vorschrift der Abgabenordnung in das Landesrecht inkorporiert und teilt damit dessen Rechtscharakter (stRspr; vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 9 B 60.11 - juris Rn. 5).

4 Die aufgeworfene Frage wird auch nicht dadurch zu einer solchen des revisiblen Rechts, dass die Beschwerde sie auf die Auslegung und Anwendung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 242 BGB i.V.m. § 162 Abs. 1 BGB bezieht. Die Beschwerde meint, es sei treuwidrig, die Zahlung von Prozesszinsen trotz Rechtskraft des Urteils zur Aufhebung des Abgabebescheids mit Blick auf die Möglichkeit zu verweigern, durch Erlass einer mit Rückwirkung versehenen wirksamen Satzung die Voraussetzung für eine erneute Festsetzung der Abgabe zu schaffen. Damit wird der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben auf den landesrechtlichen Anspruch auf Prozesszinsen angewandt mit der Folge, dass er dessen irrevisiblen Rechtscharakter teilt (vgl. Beschlüsse vom 17. Dezember 2004 - BVerwG 9 B 47.04 - juris Rn. 6 und vom 21. Januar 2010 a.a.O. Rn. 16). Im Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit geben könnte, in einem Revisionsverfahren Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, die gerade die Auslegung der gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten bundesrechtlichen Vorschrift des § 242 BGB i.V.m. § 162 Abs. 1 BGB betreffen (vgl. Beschluss vom 3. März 1997 - BVerwG 8 B 130.96 - juris Rn. 2 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109>). Davon abgesehen ist die aufgeworfene Frage unter diesem Aspekt nicht entscheidungserheblich. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat bereits das Bestehen eines Anspruchs auf Prozesszinsen verneint.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.