Beschluss vom 05.07.2011 -
BVerwG 4 B 20.11ECLI:DE:BVerwG:2011:050711B4B20.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.07.2011 - 4 B 20.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:050711B4B20.11.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 20.11

  • VGH Baden-Württemberg - 05.04.2011 - AZ: VGH 5 S 194/10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Juli 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beklagte beimisst.

3 Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Nicht jede Frage, zu der sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht geäußert hat, führt indessen auf eine erst im Revisionsverfahren zu klärende Thematik. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsverfahrens ist vielmehr Voraussetzung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. So liegt es hier.

4 a) Die Beklagte möchte wissen, ob § 12 BauNVO nur die Zulässigkeit des Stellplatzes für einen Kfz-Anhänger regelt oder auch ein auf dem Anhänger befindliches Boot erfasst. Anknüpfungspunkt für ihre Frage ist die Aussage im Berufungsurteil, § 12 BauNVO regele nur die planungsrechtliche Zulässigkeit von Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und deren Anhänger dienten, nicht hingegen die Lagerung jedweder Gegenstände, die mit diesen Kraftfahrzeugen oder Anhängern transportiert werden könnten (UA S. 15). Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um dem Verwaltungsgerichtshof darin beizupflichten, dass § 12 BauNVO mit dem Tatbestandsmerkmal der Stellplätze Flächen meint, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und deren Anhängern dienen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch Recht damit, dass die Fläche, die die Beigeladenen zur Genehmigung gestellt haben, kein Stellplatz i.S.d. § 12 BauNVO ist. Es handelt sich vielmehr um einen Platz, auf dem in den Wintermonaten ein Boot abgestellt werden soll. Auf diese Funktion, die die Beigeladenen schon im Antrag „auf Genehmigung eines temporären Bootslagerplatzes“ zum Ausdruck gebracht haben, kommt es an (vgl. Urteil vom 1. November 1974 - BVerwG 4 C 13.73 - Buchholz 406.11 § 29 BBauG Nr. 18). Der Platz wird nicht dadurch zum Stellplatz und unterliegt dem Regime des § 12 BauNVO, dass das Boot auf einem Bootsanhänger auf das Grundstück transportiert werden und der Anhänger mit dem Boot den Winter über auf dem Grundstück der Beigeladenen stehen bleiben soll.

5 b) Die Beklagte wirft des Weiteren die Frage auf, inwieweit ein Bootslagerplatz eine untergeordnete Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO ist. In dieser Formulierung ist die Frage zu unbestimmt, weil sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der Senat könnte sie deshalb nur in der Art eines Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens.

6 Die Revision ist aber auch dann nicht zuzulassen, wenn die Frage auf das Entscheidungserhebliche reduziert wird. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Dem Nutzungszweck eines Grundstücks dient eine Nebenanlage, wenn zwischen ihr und der Hauptanlage ein Funktionszusammenhang gegeben ist (vgl. Beschlüsse vom 21. Juni 1991 - BVerwG 4 B 44.91 - Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 5 und vom 15. Oktober 1993 - BVerwG 4 B 165.93 - Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 9). Die Nebenanlage muss gleichsam eine von dem Hauptvorhaben „ausgelagerte“ Nutzungsweise bleiben (Beschluss vom 5. Januar 1999 - BVerwG 4 B 131.98 - Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 13). Hieran gemessen, ist nicht zweifelhaft, dass sich ein Bootslagerplatz nicht im Rahmen einer Wohnnutzung hält, wenn das auf ihm abzustellende Boot nicht auf dem Wohngrundstück selbst oder einem unmittelbar an das Grundstück angrenzenden Gewässer zum bestimmungsgemäßen Einsatz kommen wird.

7 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das Berufungsurteil weicht nicht von den Senatsentscheidungen vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - (BVerwGE 55, 369), vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 28.83 - (NJW 1985, 1569) und vom 28. August 2003 - BVerwG 4 B 74.03 - (juris) ab.

8 Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>; stRspr). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt, dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird. Hieran lässt es die Beklagte fehlen. Sie bemängelt, dass der Verwaltungsgerichtshof Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts unrichtig angewandt habe. Damit ist der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht aufgezeigt.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.