Beschluss vom 05.01.2006 -
BVerwG 1 B 99.05ECLI:DE:BVerwG:2006:050106B1B99.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.01.2006 - 1 B 99.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:050106B1B99.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 99.05

  • VGH Baden-Württemberg - 02.06.2005 - AZ: VGH A 8 S 137/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Januar 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. Juni 2005 wird verworfen.
  2. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die Beschwerde des Beigeladenen ist unzulässig. Sie legt den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.

2 Das Berufungsgericht hat dem Beigeladenen asylrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) versagt, weil er als Staatsangehöriger der Volksrepublik Korea (Nordkorea), aus der er geflohen ist, nach der völkerrechtlich anerkannten Praxis der Republik Korea (Südkorea) zugleich deren Staatsangehörigkeit besitzt und dort vor politischer Verfolgung sicher ist, unter zumutbaren Bedingungen aufgenommen wird und ohne Existenzgefährdung leben kann (UA S. 4 ff.).

3 Vor diesem Hintergrund hält die Beschwerde "die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, Staatsangehörige der Volksrepublik Korea (Nordkorea) besäßen nach der völkerrechtlich anerkannten Staatspraxis der Republik Korea (Südkorea) zugleich die Staatsangehörigkeit dieses Landes" für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig.

4 Ob der Beigeladene nach der völkerrechtlich anerkannten Staatspraxis der Republik Korea (Südkorea) zugleich die Staatsangehörigkeit dieses Landes besitzt (und deswegen unter zumutbaren Bedingungen in Südkorea tatsächlich Schutz erlangen kann), betrifft in erster Linie die Feststellung und Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, wozu im vorliegenden Zusammenhang auch die Auslegung und Anwendung des Staats- und Verfassungsrechts der Republik Korea (Südkorea) als ausländisches Recht zählt. Mit den von der Beschwerde geführten Angriffen gegen die Würdigung von Auskünften des Auswärtigen Amtes und Stellungnahmen des UNHCR lässt sich eine grundsätzlich bedeutsame, klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen. Auch die auf einer eigenen Wertung der Beschwerde beruhende Aussage, zumindest habe "die (fingierte) südkoreanische Staatsangehörigkeit nordkoreanischer Bürger" für das Flüchtlingsvölkerrecht keine Bedeutung, führt auf keine solche Rechtsfrage.

5 Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - wie auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits rechtsgrundsätzlich geklärt, dass ein Anspruch auf asylrechtlichen Abschiebungsschutz nicht besteht, wenn ein Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Asylsuchende besitzt, bereit und fähig ist, diesen gegen Verfolgungsmaßnahmen auf seinem Territorium zu schützen. Das folgt aus dem für das gesamte Flüchtlingsrecht geltenden Grundsatz der Subsidiarität, der auch - aber nicht nur - Art. 1 A Nr. 2 Abs. 1 GFK zugrunde liegt. Danach sind Personen, die eine Staatsangehörigkeit besitzen, nur dann Flüchtlinge, wenn sie den Schutz desjenigen Staates entbehren, dem sie angehören (Urteil vom 6. August
1996 - BVerwG 9 C 172.95 - BVerwGE 101, 328, 335 m.w.N.). Das Bundes-verwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung zu § 51 Abs. 1 AuslG entschieden, dass die Vorschrift nur eine verkürzte Wiedergabe des Art. 1 A Nr. 2 GFK darstellt und daher so auszulegen und anzuwenden ist, dass beide Begriffe übereinstimmen (vgl. Urteile vom 21. Januar 1992 - BVerwG 1 C 21.87 - BVerwGE 89, 296 und vom 18. Januar 1994 - BVerwG 9 C 48.92 - BVerwGE 95, 42 <45, 53>). Auch und gerade mit Blick auf die nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG aufgenommene ausdrückliche Verweisung auf die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention hat das Bundesverwaltungsgericht an dieser Rechtsprechung festgehalten (vgl. Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - DVBl 2005, 982 <984> - zur Veröffentlichung in der amtlichen Entscheidungssammlung vorgesehen). Sie bezieht sich ausdrücklich auch auf den von der Beschwerde angesprochenen Fall der Mehrstaatigkeit. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch nach der Genfer Flüchtlingskonvention Personen, die zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen, von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen sind, wenn sie den Schutz eines der Staaten in Anspruch nehmen können (vgl. Urteil vom 6. August 1996, a.a.O., 336). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Beschwerde nicht - wie erforderlich - auseinander. Auch deshalb kann sie keinen Erfolg haben.

6 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.