Beschluss vom 04.12.2006 -
BVerwG 1 B 92.06ECLI:DE:BVerwG:2006:041206B1B92.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.12.2006 - 1 B 92.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:041206B1B92.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 92.06

  • Hessischer VGH - 04.04.2006 - AZ: VGH 11 UE 667/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Dezember 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck
beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. April 2006 aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten in der Hauptsache bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Beschwerde hat mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Sie rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt hat. Die Beschwerde beanstandet sinngemäß, dass das Berufungsgericht den in der Berufungsverhandlung gestellten Beweisantrag Nr. 2 mit einer Begründung abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze findet. Dieser Vorwurf trifft zu. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat wegen dieses Verfahrensmangels von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

2 Der Kläger hatte geltend gemacht, wegen seiner früheren Tätigkeit als Offizier in der iranischen Armee und seines langen (ungenehmigten) Auslandsaufenthalts sei er bei einer Rückkehr in den Iran besonders gefährdet. In Verbindung mit seiner exilpolitischen Tätigkeit in der monarchistischen Opposition müsse er - mehr als andere - mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Hierzu hatte er die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens beantragt.

3 Bei seiner Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags ist das Berufungsgericht ausdrücklich von strafrechtlichen Sanktionen für ehemalige Offiziere der iranischen Armee wegen illegaler Ausreise ausgegangen, hat jedoch keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür gesehen, dass es sich dabei um politische Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthaltG handeln würde (UA S. 28 f.). Soweit das Gericht in diesem Zusammenhang bemängelt, der Kläger habe keine hinreichenden tatsächlichen und substantiierten Gesichtspunkte für sein Vorbringen dargelegt, überspannt es unter den gegebenen Umständen die Anforderungen an die Substantiierung des gestellten Beweisantrags auf Einholung einer sachverständigen Stellungnahme. Das Gericht hat auch nicht deutlich gemacht, dass es über eigene Sachkunde verfügt, um die dem Kläger als früherem Offizier möglicherweise drohenden Gefahren einer politisch motivierten übermäßigen Bestrafung im Hinblick auf seine Betätigung für die monarchistische Opposition selbst beurteilen zu können. Die Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags ist demnach mit prozessrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.

4 Die von der Beschwerde weiter erhobenen Verfahrensrügen hätten ebenso wenig Erfolg gehabt wie die Grundsatzrüge. Dies hat der Senat auf entsprechende Rügen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Beschluss vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 1 B 15.06 - im Einzelnen begründet. Hierauf wird Bezug genommen.