Beschluss vom 04.10.2005 -
BVerwG 10 B 76.05ECLI:DE:BVerwG:2005:041005B10B76.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.10.2005 - 10 B 76.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:041005B10B76.05.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 76.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Oktober 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 28. Juli 2005 - BVerwG 10 B 35.05 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg. Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Rüge den Darlegungsanforderungen des § 152 a Abs. 2 Satz 6 VwGO genügt. Ein Gehörsverstoß zu Lasten der Klägerin (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt jedenfalls nicht vor.

2 Die Rüge beanstandet, dass der Senat die Revision auf die Grundsatzfrage,

3 ob es mit Art. 90 EG vereinbar ist, wenn eine Hundesteuerregelung, die im Interesse einer Gefahrenvorbeugung in der Gemeinde die Zahl gefährlicher Hunde im Verhältnis zu den Hunden, die als weniger gefährlich eingeschätzten Rassen angehören, vermindern soll, die Haltung von Hunden, die aus dem Europäischen Ausland importierten Rassen zugerechnet werden, einem mehr als 5-fachen Steuersatz unterwirft, während vergleichbare inländische Hunde dieser Höherbesteuerung nicht unterworfen werden, obwohl es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt, dass die höher besteuerten Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen,

4 nicht zugelassen hat, weil die Frage von der durch das Berufungsgericht so nicht festgestellten tatsächlichen Annahme ausgehe, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gebe, dass Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher seien als Hunde anderer Rassen. Den Gehörsverstoß sieht die Rüge darin begründet, dass der Senat bei dieser Begründung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (1 BvR 1778/01 - BVerfGE 110, 141) nicht berücksichtigt habe, obwohl die Klägerin in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde darauf Bezug genommen habe. In diesem Urteil habe das Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf das Urteil des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 (BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347) festgestellt, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allein aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden könne.

5 Ein Gehörsverstoß ist damit schon nicht schlüssig aufgezeigt. Der Senat hat in dem angefochtenen Beschluss vom 28. Juli 2005 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 gesehen und die darin vom Bundesverfassungsgericht gemachten Aussagen, auf die sich die Nichtzulassungsbeschwerde berufen hat, in seinem Beschluss auch berücksichtigt (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2005 Rn. 11, 13 und insbesondere 24 f.). Dass der Senat dabei die tatsachenbezogenen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts in jenem Urteil nicht als für eine künftige Revisionsentscheidung maßgebliche Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts und auch nicht als sonstige in der Revision zu beachtenden Tatsachenerkenntnisse angesehen hat, ist eine Frage der rechtlichen Einordnung dieser Aussagen des Bundesverfassungsgerichts im Revisionsverfahren. Einen Anspruch auf eine mit ihrer Sichtweise übereinstimmende rechtliche Einordnung dieses Vorbringens durch den Senat verleiht Art. 103 Abs. 1 GG der Klägerin hingegen nicht.

6 Nichts anderes gilt in Bezug auf die Rüge der Klägerin, der Senat hätte jedenfalls ihren Vortrag in der Nichtzulassungsbeschwerde zur Kenntnis nehmen müssen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Anwendungsbereich von Art. 90 EG der Staat den Nachweis für die Rechtfertigung einer steuerlichen Ungleichbehandlung von importierten und inländischen Waren zu erbringen habe. Auch insoweit verkennt die Rüge, dass das Berufungsgericht hierzu ebenfalls keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Denn für das Berufungsgericht kam es aus seiner insoweit maßgeblichen Sicht nicht darauf an, ob Hunde bestimmter Rassen allein wegen ihrer Rassezugehörigkeit objektiv besonders gefährlich sind oder nicht. Folglich fehlte es auch an entsprechenden Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht, auf die in dem angestrebten Revisionsverfahren zurückgegriffen werden könnte.

7 Soweit das Berufungsgericht bei der Ablehnung des Beweisantrags der Klägerin hat erkennen lassen, dass es hier der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts folgt, wonach jedenfalls die Zuordnung der Hunderasse Staffordshire-Bullterrier zu den "gefährlichen Hunden" im Sinne der Hundesteuersatzung wegen des ihnen zusammen mit anderen Auslösefaktoren innewohnenden erhöhten Gefährdungspotenzials gerechtfertigt sei (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 28. Juli 2005 Rn. 24), spricht dies im Übrigen erst recht für die Annahme des Senats in dem angefochtenen Beschluss, dass es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für die revisionsgerichtliche Klärung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage fehlt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Senat, wie die Rüge in Erwägung zieht, von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abweichen wolle und deshalb die Frage (wobei die Rüge offen lässt, um welche konkrete Frage es sich dabei handeln soll) dem EuGH hätte vorlegen müssen.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum GKG ergibt.