Beschluss vom 11.08.2004 -
BVerwG 7 PKH 1.04ECLI:DE:BVerwG:2004:110804B7PKH1.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.08.2004 - 7 PKH 1.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:110804B7PKH1.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 PKH 1.04

  • VG Schwerin - 18.06.2003 - AZ: VG 7 A 1355/96

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 18. Juni 2003 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Klägerin begehrte im Ausgangsverfahren die vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks. Sie nahm die Klage mit eigenhändigen Schreiben vom 4. März 1994 zurück. Mit der jetzt anhängigen Klage begehrt sie in erster Linie die Feststellung, dass sie die Klage nicht wirksam zurückgenommen habe. Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe sich seinerzeit in einer psychischen Belastungssituation befunden und sei in ihrer psychischen Leistungsfähigkeit lahm gelegt gewesen. Das Verwaltungsgericht hat das Gutachten eines Sachverständigen zu der Frage eingeholt, ob sich die Klägerin im Zeitpunkt ihrer Klagerücknahme in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand der krankhaften Störung der Geistestätigkeit oder in einem vorübergehenden Zustand einer Störung der Geistestätigkeit befunden habe, aufgrund deren sie nicht mehr in der Lage war, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Das Verwaltungsgericht hat den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ergänzend vernommen. Es hat sodann die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen, weil die Klägerin ihre ursprüngliche Klage mit ihrem Schriftsatz vom 4. März 1994 wirksam zurückgenommen habe. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, für die sie gleichzeitig Prozesskostenhilfe begehrt.
Das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO). Die Revision kann nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der Verfahrensfehler zugelassen werden, welche die Klägerin mit ihrer Beschwerde geltend macht.
1. Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen. Es war nicht verpflichtet, vor Erlass des angefochtenen Urteils durch förmlichen Beschluss über den Beweisantrag zu entscheiden, den die Klägerin in dem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter vom 25. März 1997 gestellt hatte. Eine solche Pflicht besteht nur für solche Beweisanträge, die in der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter steht dem nicht gleich. Er bereitet die mündliche Verhandlung regelmäßig nur vor. Ein dort protokollierter Beweisantrag ist nicht anders zu bewerten als ein Beweisantrag, der in einem vorbereitenden Schriftsatz angekündigt wird. Folgt dem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter eine mündliche Verhandlung vor der Kammer nach, muss der Kläger den (zunächst nur angekündigten) Beweisantrag dort ausdrücklich stellen.
Unabhängig davon, hat die Klägerin ihr Rügerecht mangels rechtzeitiger Rüge bereits in der Vorinstanz verloren (§ 173 VwGO, § 556 ZPO). Das Verwaltungsgericht hat, statt den von der Klägerin beantragten Zeugenbeweis zu erheben, zu der unter Beweis gestellten Tatsache ein Sachverständigengutachten eingeholt und den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003 gehört. Die Klägerin hat sich nach Schluss der Beweisaufnahme in eine mündliche Verhandlung eingelassen, ohne zu rügen, dass eine förmliche Entscheidung über ihren Beweisantrag aus dem Erörterungstermin vom 25. März 1997 noch ausstehe. Damit hat sie ihr Rügerecht verwirkt, sollte das Verwaltungsgericht überhaupt verpflichtet gewesen sein, über ihren Beweisantrag aus dem Erörterungstermin vorab zu entscheiden.
2. Das Verwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO). Es hat das Gutachten eines Sachverständigen zu der Frage eingeholt, ob die Klägerin im Zeitpunkt ihrer Klagerücknahme geschäftsunfähig oder in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt war. Ob das Gutachten geeignet war und zusammen mit den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen ausreichte, die Beweisfrage zu beantworten, oder ob es erforderlich war, darüber hinaus den Arzt als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, bei dem die Klägerin während der Zeit in Behandlung war, in die ihre Klagerücknahme fällt, hatte das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu entscheiden. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt nachgeprüft werden. Mängel der Beweiswürdigung, die auf einen revisionsrechtlich beachtlichen Verfahrensfehler führen, sind nicht dargelegt oder sonst ersichtlich.
Zwar trifft zu, dass dem Sachverständigen nicht alle Unterlagen des behandelnden Arztes bei der Erstattung seines schriftlichen Gutachtens zur Verfügung gestanden hatten. Die nachgereichten Unterlagen hat das Verwaltungsgericht aber mit dem Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert. Dabei hat es den Sachverständigen auch zu der Frage gehört, inwieweit eine Befragung des behandelnden Arztes weiteren Aufschluss über die Punkte geben könnte, die anhand der schriftlichen Unterlagen dieses Arztes nicht abschließend beantwortet werden konnten. Das Verwaltungsgericht hat der Aussage des Sachverständigen entnommen, dass einerseits die angewandte Medikation aufgrund der verabreichten Spritzen selbst oder aufgrund deren nachlassender Wirkung eine apathische Reaktion der Klägerin im Sinne einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit habe herbeiführen können, dass aber andererseits derartige Reaktionen nur durch einen Zeugen belegt werden könnten, der zeitnah zu der hier in Rede stehenden Prozesshandlung in Kontakt mit der Klägerin gestanden habe. Das Verwaltungsgericht hat hieraus geschlossen, dass eine Befragung des seinerzeit behandelnden Arztes keinen weiteren Aufschluss bringen könne, weil dieser die Klägerin eine Woche vor und dann erst wieder eine Woche nach dem Zeitpunkt der Klagerücknahme gesehen habe, der Abstand von einer Woche aber nach den Aussagen des Sachverständigen über die Wirkungsweise der verabreichten Spritzen zu groß sei, um bekunden zu können, in welcher psychischen Verfassung die Klägerin sich zum Zeitpunkt der Klagerücknahme befunden habe.
Das Gutachten war entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich nicht deshalb untauglich, weil es sich nicht ausdrücklich zu der von ihr für maßgeblich gehaltenen
Möglichkeit einer posttraumatischen Belastungsstörung äußert. Das Verwaltungsgericht hat den Sachverständigen hierzu in der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört.

Beschluss vom 04.10.2004 -
BVerwG 7 B 28.04ECLI:DE:BVerwG:2004:041004B7B28.04.0

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    BVerwG, Beschluss vom 04.10.2004 - 7 B 28.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:041004B7B28.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 28.04

  • VG Schwerin - 18.06.2003 - AZ: VG 7 A 1355/96

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 125 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Dies hat der Senat im Einzelnen in seinem Beschluss vom 11. August 2004 dargelegt, mit dem er den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat. Hierauf wird Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.