Beschluss vom 04.07.2008 -
BVerwG 3 B 18.08ECLI:DE:BVerwG:2008:040708B3B18.08.0

Beschluss

BVerwG 3 B 18.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 20.11.2007 - AZ: OVG 13 A 3785/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2007 wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  2. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz. Im Jahr 2001 unterzog er sich erstmals ohne Erfolg einer schriftlichen, überwiegend im Antwort-Wahl-Verfahren (multiple choice) gestalteten Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten. Er beantwortete 31 von 60 Fragen richtig und erreichte damit nicht die vom Beklagten für eine Zulassung zur mündlichen Prüfung gesetzte Bestehensgrenze von 60 % (entspr. 36 richtigen Antworten). Mit seiner gegen die Versagung der Erlaubnis geführten Klage hat der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihm unter Aufhebung der Versagungsbescheide die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz zu erteilen, hilfsweise, ihn zur mündlichen Prüfung zuzulassen. Zur Begründung hat er unter anderem die Zulässigkeit bestimmter Fragen sowie die Bewertung bestimmter Antworten als falsch gerügt und zu näher bezeichneten medizinischen Fachfragen Sachverständigenbeweis angeboten.

2 Im Jahr 2003 unterzog der Kläger sich erneut ohne Erfolg einer schriftlichen Überprüfung. Die daraufhin erfolgte erneute Versagung der Heilpraktikererlaubnis ist Gegenstand eines weiteren Verfahrens (OVG 13 A 3786/05; BVerwG 3 B 19.08 ).

3 Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 3. August 2005 die ablehnenden Bescheide des Beklagten aufgehoben und die Klage im Übrigen - also hinsichtlich der Verpflichtungsbegehren - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Verfahren der schriftlichen Überprüfung sei wegen der vorgesehenen absoluten Bestehensgrenze ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Da das Ergebnis der Überprüfung keine verwertbare Entscheidungsgrundlage biete, könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis scheitere an der nicht absolvierten mündlichen Prüfung und eine Zulassung zur mündlichen Prüfung an der mangelnden Verwertbarkeit des Ergebnisses des schriftlichen Teils.

4 Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat der Kläger unter anderem seine Rügen betreffend die Zulässigkeit bestimmter Fragen und die Bewertung bestimmter Antworten unter erneutem Beweisantritt vertieft. Der Beklagte hat gegen das Urteil, soweit es die Aufhebung der Versagungsbescheide betrifft, keine Berufung eingelegt. Auf eine Anhörungsmitteilung des Oberverwaltungsgerichts, die Sache nach § 130a VwGO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden zu wollen, hat der Kläger auf seine Einwendungen und Beweisanträge hingewiesen, denen bislang weder vor dem Verwaltungsgericht noch dem Oberverwaltungsgericht nachgegangen worden sei. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung stelle deshalb einen Verfahrensfehler dar. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 20. November 2007 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die beantragte Erlaubnis oder eine Zulassung zur mündlichen Prüfung. Dem stehe das Ergebnis seiner schriftlichen Überprüfung entgegen. Das Überprüfungsverfahren sei nicht zu beanstanden, insbesondere sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine absolute Bestehensgrenze unbedenklich. Diese Grenze habe der Kläger, wie in den angefochtenen Versagungsbescheiden unter Berücksichtigung einzelner Fragen und Antworten ausgeführt, nicht erreicht.

5 Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er neben Zulassungsgründen nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht, weil das Oberverwaltungsgericht seinen Vortrag und seine Beweisanträge zu der Zulässigkeit und der Bewertung bestimmter Fragen übergangen habe.

II

6 Die Beschwerde des Klägers ist begründet. Zwar liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vor. Der angefochtene Beschluss beruht aber auf einem vom Kläger mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzt. Der Senat macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, den angefochtenen Beschluss gemäß § 133 Abs. 6 VwGO aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

7 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Der Kläger macht geltend, das Berufungsgericht habe die Überprüfung nicht als berufsbezogene Prüfung angesehen und sich damit hinsichtlich der Rechtsnatur der Überprüfung und der Ordnungsgemäßheit des Prüfungsverfahrens in Widerspruch zu einer Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 10. Oktober 2002 - 4 BS 328/02 - SächsVBl 2003, 62) gesetzt. Damit ist - unbeschadet weiterer Gründe - eine grundsätzliche Bedeutung schon deshalb nicht aufgezeigt, weil der Kläger keine konkrete Rechtsfrage formuliert, die in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Außerdem geht der Beschwerdevortrag an der Begründung des angegriffenen Beschlusses vorbei. Das Berufungsgericht hat (durch Bezugnahme auf seine Ausführungen in dem in der Parallelsache OVG 13 A 3786/05 ergangenen Beschluss vom 20. November 2007, dort insb. BA S. 10 f.) nicht den Charakter als berufsbezogene Prüfung verneint, sondern aus der Eigenart der Überprüfung als Maßnahme der gesundheitspolizeilichen Gefahrenabwehr sowie dem Umstand, dass es sich bei dem Heilpraktikergesetz um vorkonstitutionelles Recht handelt, das Fehlen einer die Durchführung des schriftlichen Teils der Überprüfung im Antwort-Wahl-Verfahren ausdrücklich zulassenden Ermächtigungsgrundlage für unschädlich gehalten (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 26. Oktober 2005 - 9 S 2343/04 - VBlBW 2006, 146; OVG Bremen, Urteil vom 12. Februar 2008 - 1 A 234/03 - juris; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 1989 - BVerwG 3 B 18.89 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 15). Es hat deshalb die erwähnte Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, die die Zulässigkeit von multiple-choice-Fragen bei Hochschulprüfungen betrifft, für nicht einschlägig gehalten. Auf diese Aspekte geht der Kläger nicht ansatzweise ein. Auch der weitere pauschale Hinweis des Klägers, das Berufungsgericht habe sich durch die Beurteilung von Prüfungsfragen als zulässig in Widerspruch zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gesetzt, zeigt eine grundsätzliche Bedeutung nicht auf.

8 2. Die vom Kläger gerügte Abweichung der Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger sieht eine Abweichung darin, dass das Berufungsgericht sich allein auf die Ansicht des Beklagten bzw. von dessen Amtsärztin gestützt habe, obwohl der Behörde nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 3 C 24.94 - (BVerwGE 100, 221) keine Einschätzungsprärogative zukomme und das Gericht die Sache spruchreif machen müsse. Dieser Einwand geht fehl. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (wiederum durch Bezugnahme auf seine Ausführungen in dem in der Parallelsache ergangenen Beschluss, dort BA S. 7 f.) auf die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, dass der Behörde bei der Entscheidung über die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis kein Ermessen und kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Von einer Divergenz kann danach keine Rede sein. Gleiches gilt für die vom Kläger weiter angesprochene Beschränkung der Überprüfung auf das Vorliegen gefährlicher Fehlvorstellungen im medizinischen Bereich; auch insoweit weichen die vom Berufungsgericht aufgestellten Rechtssätze nicht von den Rechtssätzen in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Ob demgegenüber die konkrete Fallprüfung des Berufungsgerichts den abstrakten Obersätzen gerecht wird, was der Kläger in Abrede stellt, betrifft nicht die Frage einer Divergenz, sondern die Anwendung auf den Einzelfall.

9 3. Die Verfahrensrüge des Klägers ist indes begründet. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzt, indem es seine Einwände und Beweisanträge zur Zulässigkeit bestimmter Prüfungsfragen und zur Bewertung bestimmter Antworten nicht berücksichtigt hat.

10 Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen. Davon ist zwar grundsätzlich auszugehen; dies setzt aber voraus, dass das wesentliche Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeitet wird (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>; Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Beschluss vom 25. November 1999 - BVerwG 9 B 70.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 64). Auch wenn das Gericht nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Argument in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, ist es aber gehalten, in angemessener Weise zum Ausdruck zu bringen, weshalb es von einer Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen abgesehen hat. Enthält dagegen das Urteil zu zentralen rechtlichen Gesichtspunkten im Vortrag eines Beteiligten keine nähere Auseinandersetzung in den Entscheidungsgründen und auch keinen Hinweis darauf, weshalb diese Argumente nach Ansicht des Gerichts nicht entscheidungserheblich sind, liegt ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50; Dawin, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 108 Rn. 153).

11 Nach diesem Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es Vortrag und Beweisanträge des Klägers zu der Zulässigkeit bestimmter Fragen und der Bewertung bestimmter Antworten nicht berücksichtigt hat. Für das Oberverwaltungsgericht waren nach dem Gang der Entscheidungsgründe die Zulässigkeit der Fragen des schriftlichen Teils der vom Kläger absolvierten Prüfung sowie die Richtigkeit der Antworten des Klägers entscheidungserheblich. Es hat, anders als zuvor das Verwaltungsgericht, das Prüfungsverfahren als solches gebilligt und einen Anspruch des Klägers auf Erteilung der Heilpraktikererlaubnis oder auch nur auf Zulassung zur mündlichen Prüfung daran scheitern lassen, dass der Kläger die maßgebliche Bestehensgrenze von 60 % der Fragen nicht erreicht habe. Dafür war die Tragfähigkeit der Annahme des Beklagten entscheidend, der Kläger habe von 60 zulässigen Fragen nur 31 Fragen richtig beantwortet. Das Oberverwaltungsgericht hat dies angenommen und zur Begründung lediglich auf die Ausführungen in den angefochtenen Versagungsbescheiden verwiesen. Die dortigen Ausführungen befassten sich aber nur mit kurzen Randanmerkungen des Klägers im Bearbeitungsbogen, mit denen er bestimmte Fragen als missverständlich bezeichnet hatte (Fragen Nr. 9, 18, 30, 35, 40, 55). Im Klageverfahren hat der Kläger nach Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen deutlich weiter gehende Einwände erhoben. So hat er mit Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 17. Juli 2003 im Einzelnen die Zulässigkeit bestimmter Fragen und die Richtigkeit der vom Beklagten angenommenen Antworten unter medizinischen Gesichtspunkten und Beifügung von Auszügen aus medizinischer und naturheilkundlicher Fachliteratur in Zweifel gezogen sowie jeweils zu einzelnen Aspekten die Einholung eines Gutachtens eines konkret benannten Sachverständigen beantragt (Fragen Nr. 6, 11, 18, 23, 24, 28, 55, 57, 58, 59, 60). Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2003 hat er die Einwände bezüglich bestimmter Fragen ergänzt (Fragen Nr. 11, 23, 60). Nachdem der Beklagte auf einen Teil der Einwände erwidert hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2003 weiter vorgetragen und weitere Auszüge aus medizinischer Fachliteratur vorgelegt (Fragen Nr. 6, 11, 18, 23, 24, 28, 55, 57, 58, 59, 60). Auf diese Ausführungen und Beweisanträge hat der Kläger im Berufungsverfahren Bezug genommen und gerügt, dass das Verwaltungsgericht seine Pflicht zur Sachverhaltsermittlung verletzt habe, indem es seine Ausführungen und Beweisanträge unberücksichtigt gelassen habe, anstatt die Sache spruchreif zu machen.

12 Das Oberverwaltungsgericht ist in dem angegriffenen Beschluss auf die dargestellten Einwände des Klägers nicht eingegangen, sondern hat sich darauf beschränkt, auf die Begründung der angefochtenen Versagungsbescheide zu verweisen, die sich mit den (erst im gerichtlichen Verfahren angebrachten) Einwänden aber nicht befassen. Dem Beschluss ist auch nicht zu entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht etwa den gesamten diesbezüglichen Vortrag des Klägers einschließlich der Beweisanträge für unsubstantiiert oder für unerheblich gehalten hätte. Eine solche Annahme wäre im Übrigen verfehlt gewesen. Der Kläger hat seine Einwände im Einzelnen dargelegt und begründet; sie bildeten einen Schwerpunkt seiner Argumentation. Der Kläger hat ferner von sich aus das Erforderliche unternommen, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Er hat im Berufungsverfahren wiederholt auf seine unbeschiedenen Einwände und Beweisanträge Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass das Vorgehen des Verwaltungsgerichts sein rechtliches Gehör verletzt habe. Noch in der Antwort auf die gerichtliche Anhörungsmitteilung zu einer Entscheidung durch Beschluss hat der Kläger ausgeführt, dass eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ohne weitere Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung prozessrechtswidrig sei. Ob diese Antwort des Klägers eine zweite Anhörungsmitteilung erforderlich gemacht hat und ob die vor der Entscheidung nach § 130a VwGO hier nur erfolgte bloße Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf seine erste Anhörungsmitteilung den Anforderungen genügt hat (vgl. zur zweiten Anhörungsmitteilung etwa BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1993 - BVerwG 11 B 12.92 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 10 m.w.N.), bedarf keiner Vertiefung. Die Bezugnahme auf die frühere Anhörungsmitteilung musste dem Kläger jedenfalls keine Veranlassung geben, zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör noch einmal seine bereits hinlänglich vorgetragenen Einwände gegen das Ergebnis der Überprüfung und seine Ablehnung einer Sachentscheidung ohne nähere Prüfung dieser Einwände zu wiederholen. Indem das Oberverwaltungsgericht in dem Beschluss auf die Einwände des Klägers gegen bestimmte Fragen und die Bewertung bestimmter Antworten mit keinem Wort eingegangen ist, hat es sein rechtliches Gehör verletzt.

13 Darin liegt zugleich ein Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur erschöpfenden Sachverhaltsermittlung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Überprüfung eines Antragstellers nach dem Heilpraktikergesetz allein der Gefahrenabwehr dient und der Behörde insoweit kein nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, müssen die behördlichen Feststellungen, soweit sie substantiiert in Zweifel gezogen werden, gegebenenfalls sachverständig ergänzt und korrigiert werden. Stellt sich die Unbrauchbarkeit der behördlichen Feststellungen heraus, muss der Antragsteller nochmals sachverständig auf seine Kenntnisse und Fähigkeiten hin befragt werden. Die Verwaltungsgerichte sind hiernach verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und den Verpflichtungsanspruch abschließend zu bescheiden (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 3 C 24.94 - a.a.O. S. 228). Indem das Oberverwaltungsgericht den jedenfalls nicht von vornherein unsubstantiierten Einwänden des Klägers gegen die behördlichen Feststellungen nicht nachgegangen ist, hat es seine Amtsermittlungspflicht verletzt.

14 4. Die Verfahrensfehler führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Rechtsstreits (§ 133 Abs. 6 VwGO). Als absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO würde die Verletzung des rechtlichen Gehörs auch bei einer Zulassung der Revision zu einer Zurückverweisung der Sache führen. Eine Bestätigung des Berufungsurteils als jedenfalls im Ergebnis zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO) käme bei einer Gehörsverletzung als absolutem Revisionsgrund allenfalls dann in Betracht, wenn sich die Verletzung nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf einzelne Feststellungen bezöge, auf die es für die Entscheidung nicht ankäme (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1981 - BVerwG 7 C 78.80 - BVerwGE 62, 6 <10 f.>; Urteil vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267). Das ist hier nicht der Fall. Da das Oberverwaltungsgericht, wie dargestellt, verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen und den Verpflichtungsanspruch abschließend zu bescheiden, kann eine Sachentscheidung nur getroffen werden, wenn geklärt ist, ob der hier allein in Streit stehende Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 Buchst. i) der 1. Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz (1. DVO-HeilprG) vorliegt. Dafür kommt es zunächst darauf an, ob die auf der schriftlichen Überprüfung des Klägers gründenden Feststellungen des Beklagten tragfähig sind oder durch die Einwände des Klägers erschüttert werden.

15 Die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage entfällt - worauf der Senat mit Blick auf das weitere Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht vorsorglich hinweist - nicht etwa deshalb, weil der Kläger zeitlich nach der hier in Rede stehenden Überprüfung eine weitere Überprüfung nicht bestanden hat und die gegen die deshalb ergangenen Versagungsbescheide geführten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind (s. den Beschluss des Senats vom heutigen Tage in der Parallelsache BVerwG 3 B 19.08 ). Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung vereinzelt die Ansicht vertreten, dass eine Heilpraktikererlaubnis nicht mehr erteilt werden dürfe, wenn jedenfalls die letzte Überprüfung erfolglos geblieben sei, weshalb bei mehreren erfolglosen Überprüfungen eine Klage aufgrund einer früheren Überprüfung nur Erfolg haben könne, wenn zugleich die aufgrund der späteren Überprüfungen ergangenen Versagungsbescheide aufgehoben würden (OVG Bremen, Urteil vom 12. Februar 2008 - 1 A 234/03 - juris Rn. 32). Diese Ansicht trifft jedoch nicht zu. Sie beruht auf einem Fehlverständnis des Rechtssatzes, dass die Überprüfung beliebig wiederholbar ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 1995 - BVerwG 3 C 24.94 - a.a.O. S. 227; ferner Beschluss vom 18. Februar 2008 - BVerwG 3 B 88.07 - juris Rn. 4). Damit ist gemeint, dass die Überprüfung nicht den Charakter einer auf einen bestimmten Stichtag bezogenen formalisierten Prüfung hat, die auf den Nachweis einer Fachqualifikation abzielt. Das bedeutet aber nicht, dass die Frage des Bestehens einer früheren Überprüfung praktisch gegenstandslos wird und ein hierüber geführter Rechtsstreit vom Erlaubnisantragsteller selbst bei einer fehlerhaften Bewertung seiner Überprüfung durch die Behörde nicht mehr gewonnen werden kann, sobald er einen weiteren erfolglosen Prüfungsversuch unternimmt. Solches folgt auch nicht aus § 2 Abs. 1 Buchst. i) der 1. DVO-HeilprG, wonach die Erlaubnis zu versagen ist, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Die Vorschrift besagt nichts darüber, dass bei mehreren Überprüfungen nur das Ergebnis der jeweils letzten Überprüfung maßgeblich wäre. Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt der einzelnen Überprüfungen, sondern der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Verpflichtungsantrag. Der Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 Buchst. i) der 1. DVO-HeilprG ist ausgeräumt, wenn zu diesem Zeitpunkt hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund einer verwertbaren Überprüfung, gegebenenfalls ergänzt oder korrigiert durch weitere sachverständige Begutachtung, nachgewiesen sind. Rechtsschutz gegen eine Erlaubnisversagung wegen nicht bestandener Überprüfung kann nicht daran scheitern, dass ein Antragsteller zwischenzeitlich einen weiteren erfolglosen Prüfungsversuch unternommen hat.

16 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.