Verfahrensinformation

Der Rechtsvorgänger des Klägers kam 1945 mutmaßlich im Zuge des Einmarsches der Roten Armee ums Leben. Das ihm seinerzeit gehörende Rittergut in Sachsen-Anhalt wurde damals oder in der Folgezeit im Zuge der Bodenreform enteignet. Ein Antrag des Klägers nach dem Vermögensgesetz wurde 1992 bestandskräftig abgelehnt, weil die Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt sei und damit der Restitutionsausschluss nach § 1 Abs. 8a VermG eingreife. Folgeanträge des Klägers hatten ebenfalls keinen Erfolg. Auch mehrere Anträge des Klägers auf eine strafrechtliche Rehabilitierung blieben sowohl in Russland als auch nach deutschem Recht erfolglos. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren gegen die Ablehnung seines erneuten vermögensrechtlichen Restitutionsantrages. Er macht geltend, diese Ablehnung des Beklagten sei rechtswidrig, weil sie ergangen sei, ohne die Entscheidung in einem erneut von ihm anhängig gemachten strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren abzuwarten. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Ablehnungsbescheid des Beklagten aufgehoben. Dagegen hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Revision eingelegt.


Beschluss vom 29.06.2011 -
BVerwG 8 B 109.10ECLI:DE:BVerwG:2011:290611B8B109.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.06.2011 - 8 B 109.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:290611B8B109.10.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 109.10

  • VG Magdeburg - 13.10.2010 - AZ: VG 4 A 13/10 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 13. Oktober 2010 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf je 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde des Beklagten ist begründet. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil das angegriffene Urteil von dem entscheidungstragenden Rechtssatz im Beschluss des beschließenden Senats vom 18. April 2002 - BVerwG 8 B 9.02 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 9 = juris Rn. 3) abweicht, wonach ein vermögensrechtlicher Rückübertragungsanspruch nach § 1 Abs. 7 VermG abgelehnt werden darf, wenn und solange eine strafrechtliche (oder verwaltungsrechtliche) Rehabilitierungsentscheidung zu Gunsten des Alteigentümers oder seiner Rechtsnachfolger nicht ergangen ist. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf dieser Abweichung. Denn nach seiner Auffassung ist der angefochtene vermögensrechtliche Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 17. Juli 2009 allein deshalb rechtswidrig geworden und aufzuheben, weil das Landgericht Magdeburg mit Beschluss vom 26. November 2009 (Reh. 5630/06) die Wiederaufnahme des früheren strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens angeordnet und den rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2002 (Az.: Reh 4886/02) dahin abgeändert hat, dass der strafrechtliche Rehabilitierungsantrag nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird. Der vermögensrechtliche Antrag des Klägers vom 20. April 2009 sei mit dieser „Wiederaufnahmeentscheidung des Landgerichts Magdeburg im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren zulässig geworden“, sodass ein derzeit offener strafrechtlicher Rehabilitierungsantrag des Klägers vorliege.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 6.11 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.

Urteil vom 04.04.2012 -
BVerwG 8 C 6.11ECLI:DE:BVerwG:2012:040412U8C6.11.0

Leitsatz:

Ein vermögensrechtlicher Restitutionsantrag im Zusammenhang mit einem eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren ist unzulässig und darf vom Vermögensamt deshalb abgelehnt werden, wenn der Rehabilitierungsantrag offensichtlich aussichtslos ist.

  • Rechtsquellen
    VermG § 1 Abs. 7, § 3 Abs. 3, § 30 Abs. 1 und 3, § 30a Abs. 1
    VwRehaG § 7 Abs. 1
    StrRehaG § 7
    GVO § 1 Abs. 2, § 2
    VwGO § 42

  • VG Magdeburg - 13.10.2010 - AZ: VG 4 A 13/10 MD

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 04.04.2012 - 8 C 6.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:040412U8C6.11.0]

Urteil

BVerwG 8 C 6.11

  • VG Magdeburg - 13.10.2010 - AZ: VG 4 A 13/10 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser und Dr. Held-Daab
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. Oktober 2010 wird geändert.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung eines von ihm im Hinblick auf eine erhoffte strafrechtliche Rehabilitierung seines Rechtsvorgängers erneut gestellten vermögensrechtlichen Restitutionsantrages durch den Beklagten.

2 Der Rechtsvorgänger des Klägers kam 1945 in der Endphase des 2. Weltkrieges mutmaßlich während des Einmarsches der Roten Armee oder kurz danach ums Leben. Das ihm seinerzeit gehörende Rittergut P. bei G. (Sachsen-Anhalt) sowie weitere Grundstücke und Vermögenswerte wurden damals oder in der Folgezeit im Rahmen der Bodenreform enteignet.

3 Vom Kläger wiederholt gestellte Restitutionsanträge nach dem Vermögensgesetz wurden mit bestandskräftigen Bescheiden vom 9. Oktober 1992, 15. Juli 2004, 12. April 2006 und vom 7. Juni 2007 unter Hinweis auf § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG abgelehnt.

4 Ein Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung wurde mit Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2002 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 15. Juli 2003 zurück.

5 Ohne Erfolg blieben auch mehrere in der Russischen Föderation gestellte Anträge des Klägers auf Rehabilitierung. Die dortige Generalstaatsanwaltschaft teilte ihm u.a. mit Schreiben vom 20. August 2007 mit, er könne weiterhin keine Rehabilitierung seines Rechtsvorgängers in Russland erwarten.

6 Unter dem 20. April 2009 stellte der Kläger in Moskau erneut einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung seines Rechtsvorgängers. Zuvor hatte er bereits unter dem 14. Mai 2006 beim Landgericht Magdeburg das Wiederaufgreifen des durch den rechtskräftigen Beschluss vom 18. Dezember 2002 abgeschlossenen strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens nach deutschem Recht sowie die Aufhebung der Einziehung des Gutsbetriebes in P. beantragt.

7 Am 20. April 2009 beantragte der Kläger, nach Ergehen einer positiven Rehabilitierungsentscheidung die davon erfassten Vermögenswerte gemäß § 1 Abs. 7 VermG zu restituieren. Der Beklagte, der das Verfahren nach § 25 Abs. 1 Satz 3 VermG an sich gezogen hatte, lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17. Juli 2009 mit der Begründung ab, die Rehabilitierungsanträge des Klägers seien sowohl in Moskau als auch vom Landgericht Magdeburg bereits endgültig zurückgewiesen worden. Hieran habe sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Es sei nicht erforderlich, den Ausgang weiterer Rehabilitierungsverfahren abzuwarten.

8 Mit seiner Anfechtungsklage hat der Kläger geltend gemacht, der Ablehnungsbescheid des Beklagten sei rechtswidrig, weil er ergangen sei, ohne die Entscheidungen in den strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren in der Russischen Föderation und beim Landgericht Magdeburg abzuwarten. Allein die Stellung eines strafrechtlichen Rehabilitierungsantrages führe bereits zur Zulässigkeit eines erneuten vermögensrechtlichen Restitutionsantrages. Dieser dürfe vor einer rechtskräftigen Entscheidung der zuständigen Stelle(n) über die strafrechtliche Rehabilitierung nicht abgelehnt werden.

9 Mit Beschluss vom 26. November 2009 ordnete das Landgericht Magdeburg die Wiederaufnahme des strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens an. Zugleich entschied es, sein Beschluss vom 18. Dezember 2002 bleibe mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Rehabilitierungsantrag nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen werde. Gegen diesen Beschluss legte der Kläger, soweit die strafrechtliche Rehabilitierung abgelehnt wurde, Beschwerde ein, die zwischenzeitlich vom Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 28. Februar 2011 zurückgewiesen wurde.

10 Mit Urteil vom 13. Oktober 2010 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den Bescheid des Beklagten vom 17. Juli 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage zulässig und auch begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid sei zwar zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig gewesen. Mit der Wiederaufnahmeentscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 26. November 2009 im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren sei jedoch der vermögensrechtliche Antrag des Klägers nach § 1 Abs. 7 VermG und § 30 Abs. 3 VermG zulässig geworden. Der Beklagte hätte darauf reagieren und seinen Bescheid aufheben können und müssen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Genehmigungen nach der Grundstücksverkehrsordnung in Bezug auf das anmeldebehaftete Grundeigentum erteilt würden. Dies sei nach § 3 Abs. 3 VermG „mit der Zulässigkeit des vermögensrechtlichen Antrages zu verhindern“, so dass der angefochtene Bescheid aufzuheben sei.

11 Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrensvorschriften und von materiellem Recht. Er beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13 Er verteidigt das angegriffene Urteil.

II

14 Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hat zwar die isolierte Anfechtungsklage in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend für zulässig gehalten (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 8 B 98.08 - ZOV 2009, 137 = juris Rn. 7 m.w.N.). Es hat jedoch zu Unrecht den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 17. Juli 2009 als rechtswidrig angesehen. Es hat verkannt, dass der Beklagte berechtigt war, den Restitutionsantrag des Klägers abzulehnen. Dem Kläger fehlte für seinen wiederholten vermögensrechtlichen Restitutionsantrag nach § 1 Abs. 7 VermG ein rechtlich schützenswertes Interesse (Sachbescheidungsinteresse).

15 Zwar ist das Sachbescheidungsinteresse für einen gestellten Antrag im Verwaltungsverfahren - ebenso wie das Rechtsschutzinteresse im Verwaltungsprozess - im Regelfall zu bejahen und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Ist die begehrte Verwaltungsentscheidung aber für den Antragsteller ohne ersichtlichen Nutzen, fehlt es an einem solchen Interesse. Nutzlos ist eine Entscheidung jedenfalls dann, wenn sie demjenigen, der sie erstrebt, offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. dazu u.a. Urteil vom 22. Februar 2012 - BVerwG 6 C 11.11 - juris Rn. 27 m.w.N.). So liegt der Fall hier.

16 1. Das Vermögensgesetz gilt gemäß seinem § 1 Abs. 7 entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Die Vorschrift schafft keinen eigenen Restitutionstatbestand, sondern ist anspruchsbegrenzender Natur (Urteil vom 25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 8.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 2 = juris Rn. 10). § 1 Abs. 7 VermG geht dementsprechend von einem zweistufigen Verfahrensablauf aus (stRspr, vgl. Beschluss vom 9. Juni 1994 - BVerwG 7 B 145.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 23; Urteil vom 26. September 1996 - BVerwG 7 C 61.94 - BVerwGE 102, 89 <93> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 89 und vom 25. Februar 1999 a.a.O. Rn. 11). Auf der ersten Stufe ist im Wege der verwaltungsrechtlichen oder der strafrechtlichen Rehabilitierung die rechtsstaatswidrige (straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtliche) Entscheidung über die Entziehung des Vermögensgegenstandes aufzuheben (Rehabilitierungsentscheidung). Erst damit steht die Rückgabeberechtigung des früheren Rechtsinhabers dem Grunde nach fest. Die rechtsgrundlos gewordene Vermögensverschiebung wird sodann auf der zweiten Stufe von den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen nach Maßgabe des Vermögensgesetzes rückabgewickelt (Restitutionsentscheidung). Die Rehabilitierungsentscheidung obliegt den hierfür zuständigen Behörden und Gerichten; die Vermögensämter sind bei der nachfolgenden Restitutionsentscheidung hieran gebunden. In diesem Sinne ist § 1 Abs. 7 VermG eine Rechtsfolgenverweisung (stRspr, vgl. Beschluss vom 9. Juni 1994 - BVerwG 7 B 145.93 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 23 = VIZ 1994, 473; Urteil vom 26. September 1996 - BVerwG 7 C 61.94 - BVerwGE 102, 89 <92 f.> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 89).

17 Daraus ergibt sich, dass die Vermögensämter über einen Restitutionsantrag nach § 1 Abs. 7 VermG erst zur Sache entscheiden können, nachdem das Rehabilitierungsverfahren unanfechtbar abgeschlossen ist. § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG gibt dem Betroffenen ausreichend Zeit, nach dem Vorliegen der Rehabilitierungsentscheidung und deren Unanfechtbarkeit die Rückgabe des Vermögenswertes zu beantragen. Gleichwohl ist ein solcher vermögensrechtlicher Restitutionsantrag nicht erst nach der Unanfechtbarkeit der Rehabilitierungsentscheidung zulässig. Das ergibt sich aus § 30 Abs. 3 VermG. Hiernach ist ein Restitutionsantrag in den Fällen des § 1 Abs. 7 VermG schon zuvor zulässig, sofern der Antragsteller eine Bescheinigung der für die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung zuständigen Stelle über die Antragstellung im Rehabilitierungsverfahren vorlegt. Zwar betrifft die einschränkende Voraussetzung nur die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung; das knüpft an § 7 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG an. Wie die Begründung des Gesetzentwurfes, die im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht in Zweifel gezogen wurde, zeigt, ging der Gesetzgeber aber davon aus, dass ohne diese Regelung ein vermögensrechtlicher Restitutionsantrag schon vor Abschluss des Rehabilitierungsverfahrens einschränkungslos zulässig ist (BRDrucks 227/92, S. 161 f.; BTDrucks 12/2480 S. 54 f.). Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber die Zulässigkeit eines vermögensrechtlichen Restitutionsantrages nach § 1 Abs. 7 VermG allein im Zusammenhang mit einem Antrag auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung einschränken. Sie erfasst dagegen nicht „frühe“ vermögensrechtliche Restitutionsverfahren, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren stehen.

18 Ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen „frühen“ Restitutionsantrag im Zusammenhang mit einem eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen Rehabilitierungsverfahren ergibt sich aus seinen Rechtswirkungen. Der Restitutionsantrag - auch derjenige nach § 1 Abs. 7 VermG (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 4 VwRehaG) - löst, wenn er fristgerecht gestellt wurde, für den Verfügungsberechtigten die Pflicht aus, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 VermG); Ausnahmen davon ergeben sich aus den nachfolgenden Sätzen 2 bis 8. Diese Unterlassungspflicht wirkt freilich nur schuldrechtlich im Innenverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten (Urteil vom 27. Februar 2002 - BVerwG 8 C 1.01 - BVerwGE 116, 67 <73> = Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 34), sie bewirkt kein gesetzliches Verfügungsverbot (BGH, Beschluss vom 18. November 1993 - V ZB 43/92 - NJW 1994, 457 f. = juris Rn. 24). Verstärkt wird sie bei Grundstücken durch die Regelungen der Grundstücksverkehrsordnung (GVO). Hiernach bedürfen bestimmte Grundstücksgeschäfte im Beitrittsgebiet der Genehmigung (§ 2 GVO), die nicht erteilt wird, wenn ein fristgerechter Restitutionsantrag vorliegt, der noch nicht (zurückgenommen oder) bestandskräftig abgelehnt wurde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 GVO; zur Möglichkeit eines Investitionsvorrangbescheides vgl. etwa Beschluss vom 7. November 1995 - BVerwG 7 C 71.94 - Buchholz 428.1 § 5 InVorG Nr. 3).

19 Hieraus ergibt sich, dass ein rechtlich schützenswertes Interesse für einen „frühen“ Restitutionsantrag fehlt und damit der Antrag unzulässig ist, wenn die erwähnten Rechtswirkungen nicht eintreten können. Dies ist der Fall, wenn der Rehabilitierungsantrag offensichtlich aussichtslos ist. Dann wird die „Verfügungssperre“ des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG nicht ausgelöst (BGH, Urteil vom 15. April 1994 - V ZR 79/93 - BGHZ 126, 1 <10 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. November 1995 a.a.O. und Urteil vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 64.96 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 5 = juris Rn. 17). Auch die Grundstücksverkehrsgenehmigung kann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO von der dafür zuständigen Behörde ungeachtet des noch offenen vermögensrechtlichen Restitutionsverfahrens erteilt werden, wenn der Antrag nach § 30 Abs. 1 VermG - und damit auch der Antrag nach § 1 Abs. 7 VermG - als offensichtlich unbegründet erscheint. In solchen Fällen kann auch die Rehabilitierungsbehörde im verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG die Erteilung der in § 30 Abs. 3 VermG vorgesehenen Bescheinigung versagen und damit einen hierauf bezogenen wirksamen Restitutionsantrag von vornherein verhindern.

20 Ob der Rehabilitierungsantrag offensichtlich aussichtslos ist, entscheidet im Falle der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung allein die Rehabilitierungsbehörde (§ 7 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG). Die Beurteilung der Aussichtslosigkeit eines strafrechtlichen Rehabilitierungsantrages steht auch dem Vermögensamt zu, wenn sich diesem die Frage der Zulässigkeit eines „frühen“ vermögensrechtlichen Restitutionsantrages stellt. Das ist namentlich mit Blick auf ausländische Verfahren der strafrechtlichen Rehabilitierung geboten, die an ein dem § 7 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG entsprechendes Bescheinigungserfordernis nicht gebunden sind. Zwar verfügen die Vermögensämter nicht über die auf hinreichende Sachkunde gestützte rechtliche Kompetenz, über die Begründetheit des strafrechtlichen Rehabilitierungsantrages selbst zu entscheiden. Die Prüfung und Beurteilung einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Rehabilitierungsbegehrens darf daher nicht zu einem verdeckten Übergriff in fremde Zuständigkeiten führen. Das Vermögensamt muss sich vielmehr auf unzweifelhafte Umstände stützen. Jedenfalls aber kann es prüfen, ob ein strafrechtliches Rehabilitierungsverfahren überhaupt beantragt wurde, ob die Entscheidung, deren Aufhebung dort beantragt wurde, die Einziehung des betreffenden Vermögenswertes zum Gegenstand hat und ob der Rehabilitierungsantrag nicht völlig unsubstantiiert ist. Ebenso kann es den Verfahrensstand des Rehabilitierungsverfahrens in Rechnung stellen. Namentlich kann es berücksichtigen, ob eine negative Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde oder des Rehabilitierungsgerichts bereits vorliegt; ist diese Entscheidung infolge der Einlegung von Rechtsmitteln noch nicht unanfechtbar, so fehlt dem Antragsteller ein schützenswertes Sachbescheidungsinteresse für einen „frühen“ vermögensrechtlichen Restitutionsantrag nach § 1 Abs. 7 VermG gleichwohl, wenn das Rechtsmittel völlig unsubstantiiert oder aus anderen Gründen offensichtlich aussichtslos ist.

21 2. Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger im vorliegenden Fall für seinen (erneuten) „frühen“ Restitutionsantrag kein schützenswertes Sachbescheidungsinteresse zur Seite. Der Beklagte durfte den Antrag daher - als unzulässig - ablehnen. Die vom Kläger mit seinem Antrag vom 20. April 2009 bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation und zuvor schon mit Antrag vom 14. Mai 2006 beim Landgericht Magdeburg (erneut) eingeleiteten strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren durfte der Beklagte als offensichtlich aussichtslos qualifizieren.

22 Sowohl die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als auch das Landgericht Magdeburg haben die bisher gestellten sachgleichen Anträge des Klägers bereits wiederholt abgelehnt. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Entscheidungslage seither geändert hat oder künftig ändern wird, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich.

23 Der Kläger hatte bereits am 29. Oktober 2003 bei der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation in Moskau einen Antrag auf Rehabilitierung gestellt, der am 2. April 2004 negativ beschieden wurde. An diese negative Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ist der Beklagte so lange gebunden, bis eine positive Entscheidung derselben Stelle sowohl im Hinblick auf die strafrechtliche Rehabilitierung als auch wegen der Einziehung von Vermögensgegenständen oder des Vermögens insgesamt vorliegt (Urteil vom 25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 8.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 2 = juris Rn. 16; Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 8 B 98.08 - ZOV 2009, 137 = juris Rn. 9 m.w.N.). An einer solchen fehlt es. Im Gegenteil beschied die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation den Kläger dahin, er könne weiterhin keine Rehabilitierung seines Rechtsvorgängers erwarten.

24 Auch im Hinblick auf den vom Kläger am 14. Mai 2006 beim Landgericht Magdeburg gestellten strafrechtlichen Rehabilitierungsantrag bestand (und besteht) für den vermögensrechtlichen Restitutionsantrag vom 20. April 2009 kein rechtlich schützenswertes Interesse. Denn auch insoweit war der „frühe“ Restitutionsantrag nach § 1 Abs. 7 VermG für ihn ohne jeden Nutzen.

25 Bei Ergehen des angefochtenen Bescheides des Beklagten am 17. Juli 2009 lag zu dem vom Kläger in Deutschland gestellten strafrechtlichen Rehabilitierungsantrag die Ablehnungsentscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2002 vor. Diese war rechtskräftig, nachdem das Oberlandesgericht Naumburg die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen hatte. Hieran war der Beklagte gebunden. Davon ist auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zu Recht ausgegangen.

26 Zwar hat das Landgericht Magdeburg nach Ergehen des angefochtenen Bescheides dem Wiederaufnahmeantrag des Klägers im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren entsprochen. Es hat den Rehabilitierungsantrag jedoch gleichzeitig erneut abgelehnt. An dieser Sachlage hat auch die vom Kläger dagegen beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegte Beschwerde nichts geändert. Denn es lag auch dann nach wie vor lediglich eine ablehnende, jedoch keine positive Entscheidung nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz vor. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass mit einer solchen ernsthaft in der Folgezeit zu rechnen war, hat der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren dargetan. Dies ist durch die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Februar 2011 nachdrücklich bestätigt worden, mit dem die Rechtskraft der ablehnenden Rehabilitierungsentscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 18. Dezember 2002 wiederhergestellt wurde.

27 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.