Beschluss vom 03.02.2003 -
BVerwG 6 B 77.02ECLI:DE:BVerwG:2003:030203B6B77.02.0

Beschluss

BVerwG 6 B 77.02

  • Sächsisches OVG - 25.09.2002 - AZ: OVG 5 B 662/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 946 € festgesetzt.

I. Die Beschwerde ist unbegründet. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
Die Beschwerde wird allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Das Berufungsgericht hat als Rechtsgrundlage für die Veranlagung der Klägerin zur Tragung von Kosten der Versicherungsaufsicht für das Jahr 1994 in § 6 Abs. 4 Satz 2 des Sächsischen Heilberufekammergesetzes (SächsHKaG) vom 24. Mai 1994 (GVBl S. 935) gesehen und damit nichtrevisibles Landesrecht herangezogen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Vorschrift eine Verweisung auf bestimmte Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes enthält. Das Oberverwaltungsgericht hat dies unbedenklich dahin verstanden, dass diese Bestimmungen damit als Landesrecht gelten. Die Rüge, das maßgebliche Landesrecht verstoße gegen vorrangiges Bundesrecht, rechtfertigt als solche nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Vielmehr kann die Revision in derartigen Fällen nur zugelassen werden, wenn zugleich dargelegt wird, dass und inwieweit das maßgebende Bundesrecht klärungsbedürftig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 18. August 1999 - BVerwG 1 B 41.99 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 40). Dies ist hier nicht der Fall.
1. Die Klägerin stellt zunächst die Frage, ob "es mit der durch das Grundgesetz als Teil des Subsidiaritätsprinzips der Verfassung geschützten Selbstverwaltungshoheit berufsständischer Kammern sowie dem Grundrecht der Berufsfreiheit hinsichtlich der Mitglieder dieser Kammern vereinbar (ist), dass ein durch Satzung der Kammer errichtetes Versorgungswerk der Versicherungsaufsicht des Staates - wie durch § 6 Abs. 4 Satz 2 SächsHKaG erfolgt - unterworfen und für die im Rahmen der Versicherungsaufsicht ausgeübte Tätigkeit eine Gebührenpflicht direkt zu Lasten der jeweiligen berufsständischen Kammer und mittelbar zu Lasten der freiberuflichen Mitglieder dieser Kammer begründet wird".
Diese Frage führt nicht auf eine Problematik des revisiblen Rechts. Soweit sich die Klägerin auf Grundrechte ihrer Mitglieder beruft, legt sie schon nicht dar, dass und aus welchen Gründen sie berechtigt ist, Grundrechte Dritter geltend zu machen. Außerdem lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, dass in Bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG insoweit Klärungsbedarf bestehen könnte. Soweit die Klägerin auf das von ihr in Anspruch genommene Selbstverwaltungsrecht abstellt, legt sie nicht dar, dass dieses aus revisiblem Recht folgt und sich insoweit ungeklärte Rechtsfragen stellen. Das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin folgt, wie das Berufungsgericht in Anwendung von Landesrecht ausgeführt hat, aus Art. 82 Abs. 3 SächsVerf und besteht danach nur nach Maßgabe der Gesetze. Auch mit ihrer Behauptung, es bestehe zu ihren Gunsten ein bundesverfassungsrechtliches Subsidiaritätsprinzip, legt die Klägerin nicht dar, dass in Bezug auf das Grundgesetz, aus dem sie dieses Prinzip ableitet, rechtlicher Klärungsbedarf besteht. Außerdem besteht kein allgemein gültiges bundesverfassungsrechtlich bestimmtes Subsidiaritätsprinzip (vgl. Urteil vom 22. Februar 1972 - BVerwG 1 C 24.69 - BVerwGE 39, 329, 338; Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 127).
2. Des weiteren hält die Klägerin es für eine klärungsbedürftige Grundsatzfrage, ob "mit der in § 6 Abs. 4 Satz 2 2. HS SächsHKaG angeordneten Verweisung auf die entsprechende Anwendung u. a. des § 101 VAG der dort bezeichneten Träger der Versicherungsaufsicht ermächtigt, eine (Aufwands-)Gebühr zu erheben oder (ob) es sich hinsichtlich der vom Schuldner zu entrichtenden Kosten der Versicherungsaufsicht um eine sonstige Abgabe (handelt), die nach der Rechtsprechung des BVerfG einer besonderen Rechtfertigung als Sonderabgabe bedarf." Für den Fall der Einordnung als Gebühr will die Klägerin geklärt wissen, "(ob) die Mitgliedschaft eines Kammermitglieds als satzungsmäßiges Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerkes ausreichend (ist), um daran anknüpfend für die behördliche Tätigkeit der Versicherungsaufsicht dieses Versorgungswerks eine (Aufwands-) Gebühr zu erheben". Diese Fragestellung nimmt nicht zur Kenntnis, dass das Oberverwaltungsgericht die von der Klägerin erhobene Abgabe in Auslegung und Anwendung des Landesrechts als "Gebühr" gekennzeichnet hat. Dass sich insoweit eine Problematik des revisiblen Rechts stellen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Demgemäß führt auch die von der Klägerin formulierte Anschlussfrage nicht auf revisibles Recht. Außerdem wird die Gebühr nicht "an die Mitgliedschaft eines Kammermitglieds als satzungsmäßiges Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks" geknüpft, sondern nach den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts an den Umstand, dass die Klägerin die behördliche Tätigkeit der Versicherungsaufsicht in ihr hinreichend zurechenbarer Weise veranlasst hat.
3. Schließlich meint die Klägerin, ein Revisionsverfahren könne zur Beantwortung der Frage führen, ob "der Grundsatz der Gebührengerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt, dass bei einer Aufwandsgebühr der Gebührenschuldner nur die Kosten (den Aufwand) zu tragen hat und auf ihn umgelegt werden können, die durch seine und ihm gesetzlich gleichgestellte Veranlassung des Tätigwerdens des Gebührengläubigers entstanden sind (und ob) dies jedenfalls dann gelten (muss), wenn das Gesetz abschließend den Kreis der Gebührenschuldner und des Gebührengläubigers und die den Gebührenaufwand auslösende Tätigkeit benennt oder (ob es) mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Gebots der Verteilungsgerechtigkeit vereinbar (ist), dem Gebührenschuldner auch solche Kosten aufzuerlegen, die nach Maßgabe eines anderen Gesetzes einem dort bezeichneten Gebührenschuldner zuzurechnen sind".
Diese Frage stellt die Klägerin vor dem Hintergrund, dass die Kostenkalkulation des Beklagten nicht nur die Aufsichtsleistungen gegenüber den im Sächsischen Heilberufekammergesetz geregelten Kammern erfasst, sondern auch diejenigen gegenüber dem Versorgungswerk der Architekten. Auch diese Problematik betrifft ausschließlich das Landesrecht. Das Oberverwaltungsgericht hat § 6 Abs. 4 Satz 2 SächsHKaG in Verbindung mit dem insoweit ebenfalls als Landesrecht angewandten § 101 Abs. 2 VAG dahin verstanden, dass die Kosten aller dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit "unterstehenden" Versorgungswerke, deren Fachgesetz eine Verweisung auf § 101 VAG enthalten, "insgesamt zu veranlagen und sodann auf die einzelnen Versorgungswerke nach dem Schlüssel aus § 101 Abs. 2 VAG zu verteilen" sind. Die Frage, ob dies mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, kann nach dem Gesagten nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen. In Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG legt die Beschwerde keine Rechtsfrage dar, die über die vom Bundesverwaltungsgericht bereits gewonnenen Erkenntnisse zur weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gebührengesetzgebers bei der Aufstellung der Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze (vgl. BVerwGE 95, 188, 200; 112, 297, 30 f.) hinausführen würde und aus diesem Grunde der gesonderten Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte. Vielmehr bringt die von der Klägerin formulierte Frage lediglich in einer das einschlägige Landesrecht in der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht verallgemeinernden Weise die Zweifel zum Ausdruck, die sie an der Vereinbarkeit dieses Rechts mit Art. 3 Abs. 1 GG hegt.
II. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.