Beschluss vom 03.01.2003 -
BVerwG 4 B 71.02ECLI:DE:BVerwG:2003:030103B4B71.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.01.2003 - 4 B 71.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:030103B4B71.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 71.02

  • OVG Rheinland-Pfalz - 25.07.2002 - AZ: OVG 1 C 10257/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
H a l a m a und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Juli 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den formellen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, welche Formerfordernisse zu beachten sind, wenn ein Planfeststellungsbeschluss in Anwendung des § 76 Abs. 2 VwVfG ohne die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens geändert wird, mag, abstrakt betrachtet, einen Bedeutungsgehalt aufweisen, der über den anhängigen Rechtsstreit hinausreicht. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bisher noch nicht näher erörtert worden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 12.87 - BVerwGE 84, 31 und vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238; Beschluss vom 24. Oktober 1991 - BVerwG 7 B 65.91 - NVwZ 1992, 789). In der Kommentarliteratur zum Verwaltungsverfahrensgesetz wird sie nicht eindeutig beantwortet (vgl. einerseits Stelkens/Bonk/Sachs, 6. Aufl., § 76 Rn. 24 und Kopp/Ramsauer, 7. Aufl., § 76 Rn. 18, andererseits Obermayer, 3. Aufl. § 76 Rn. 31 und Knack, 7. Aufl., § 76 Rn. 31).
Der Kläger legt indes nicht dar, dass der Ausgang des Rechtsstreits davon abhängt, ob ein auf der Grundlage des § 76 Abs. 2 VwVfG getroffener Beschluss der Form bedarf, die § 74 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 1 VwVfG für den Planfeststellungsbeschluss vorschreibt. Er spricht der vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2002 vor dem Erstgericht zu Protokoll gegebenen Erklärung, "dass auf die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Inanspruchnahme von 45 m2 des Grundstücks des Klägers, Parzelle 90, Flur 9 der Gemarkung L. verzichtet wird", die rechtliche Eignung ab, den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Dezember 2000 zu ändern. Aus dem Umstand, dass der Planfeststellungsbeschluss in der ursprünglichen Fassung wegen des Zugriffs auf sein Grundeigentum enteignungsrechtliche Vorwirkungen entfaltete, folgert er, dass die Vorinstanz über die von ihr vorgenommene Prüfung hinaus der Frage hätte nachgehen müssen, ob sich ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot auch daraus herleiten lässt, dass bei der Planung öffentliche Belange nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Mit dieser Auffassung knüpft er ersichtlich an die Rechtsprechung an, die der Senat mit dem Urteil vom 18. März 1983 - BVerwG 4 C 80.79 - (BVerwGE 67, 74) eingeleitet hat und seitdem ständig vertritt (vgl. zuletzt Urteil vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 47.01 - n.v.). Danach kann der Eigentümer des durch eine straßenrechtliche Planfeststellung mit enteignender Wirkung betroffenen Grundstücks die Verletzung des Abwägungsgebots ggf. auch mit der Begründung geltend machen, öffentliche Belange seien nicht hinreichend beachtet worden. Der Kläger übersieht indes, dass dieser Rechtssatz keine ausnahmslose Geltung beansprucht. Es genügt nicht der Nachweis, dass öffentliche Belange in der Abwägung zu kurz gekommen sind. Der Senat hat bereits im Urteil vom 18. März 1983 - BVerwG 4 C 80.79 - (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob sich der insoweit geltend gemachte Rechtsfehler auf den Eigentumsschutz überhaupt nachteilig ausgewirkt haben kann. Das Erstgericht hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es hebt unter diesem Blickwinkel maßgeblich darauf ab, dass die Grundstücksteilfläche von 45 m2, auf die sich der Beklagte in seiner ursprünglichen Planungsentscheidung vom 28. Dezember 2000 noch den Zugriff sichern wollte, nicht zum Bau der Bundesstraße, sondern im Rahmen einer Folgemaßnahme zur Herstellung eines befestigten Wirtschaftsweges in Anspruch genommen werden sollte. Hieraus folgert es, dass der Kläger sich losgelöst von der rechtlichen Tragweite der nachträglich im Prozess abgegebenen Erklärung vom 11. Juli 2002 von Anfang an darauf einstellen musste, "den Planfeststellungsbeschluss unter Berufung auf seine Grundstücksbetroffenheit nicht umfassend, sondern lediglich hinsichtlich des sein Grundstück in Anspruch nehmenden Wirtschaftsweges anfechten zu können" (Urteilsabdruck S. 12). Dieser Würdigung tritt die Beschwerde nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 14 Abs. 1 und 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.