Beschluss vom 02.12.2004 -
BVerwG 1 B 90.04ECLI:DE:BVerwG:2004:021204B1B90.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.12.2004 - 1 B 90.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:021204B1B90.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 90.04

  • Hessischer VGH - 25.02.2004 - AZ: VGH 6 UE 799/01.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Februar 2004 wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
Die Beschwerde macht geltend, die Kläger hätten sich zur Begründung ihres Anspruchs auf Flüchtlingsanerkennung darauf berufen, dass zwei Brüder und mehrere Cousins des Ehemannes der Klägerin zu 1 und Vaters der Kläger zu 2 bis 4 wegen Aktivitäten für die PKK in der Türkei gesucht würden und in der Bundesrepublik Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten als Asylberechtigte anerkannt seien. Den Klägern drohten in diesem Zusammenhang sippenhaftähnliche Verfolgungsmaßnahmen. Es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erkenntnisquellen das Berufungsgericht davon ausgehe, dass ein Interesse der türkischen Sicherheitskräfte an den genannten Personen nicht mehr bestehe. Das Berufungsgericht habe damit in zweifacher Hinsicht gegen seine Pflicht zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verstoßen. Es habe zum einen nicht von der von den Klägern unter Angabe der entsprechenden Aktenzeichen des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge eröffneten und nahe gelegten Möglichkeit der Beiziehung der Akten zweier Brüder des Ehemanns der Klägerin zu 1 Gebrauch gemacht. Zum anderen hätte das Berufungsgericht die Möglichkeit gehabt, über eine Auskunft des Auswärtigen Amts oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens die Frage aufzuklären, nach welcher Zeit allgemein und wann im konkreten Fall das Interesse der türkischen Sicherheitskräfte an den entsprechenden Zielpersonen und damit zusammenhängend an den Klägern erlösche bzw. erloschen sein solle.
Damit und mit ihrem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde einen Verfahrensmangel nicht schlüssig auf. Das Berufungsurteil (UA S. 8 f.) ist - selbständig tragend - darauf gestützt, dass den Klägern, die aus der Türkei ausgereist seien, ohne dort einer politischen Verfolgung ausgesetzt worden zu sein, bei einer Rückkehr dorthin eine inländische Fluchtalternative im Westen des Landes zur Verfügung stünde, die sie auch ohne Gefahr politischer Verfolgung erreichen könnten. Hiergegen hat die Beschwerde keine durchgreifenden Revisionszulassungsgründe geltend gemacht. Schon deshalb kann sie keinen Erfolg haben.
Auch unabhängig hiervon macht die Beschwerde einen Verfahrensfehler nicht ersichtlich. Soweit sie Aufklärungsmängel (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend macht und rügt, es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erkenntnisquellen das Berufungsgericht davon ausgehe, dass ein Interesse der türkischen Sicherheitskräfte an den in Rede stehenden Verwandten der Kläger nicht mehr bestehe, wendet sie sich der Sache nach gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz. Damit kann jedoch ein Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründet werden, da Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen sind (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 12. August 1999 - BVerwG 9 B 268.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 19). So liegt es hier. Das Berufungsgericht, das ausgeführt hat, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger selbst wegen der mehr als zehn Jahre zurückliegenden angeblichen Fahndung nach ihren Verwandten bei ihrer Rückkehr in die Türkei heute landesweit gesucht würden (UA S. 10 f.), hat ersichtlich das diesbezügliche Vorbringen der Kläger als unsubstantiiert angesehen. Diese tatrichterliche Würdigung greift die Beschwerde nicht mit durchgreifenden Rügen an. Sie macht weder geltend, im Berufungsverfahren einen auf Aufklärung der von der Beschwerde angesprochenen Punkte gerichteten Beweisantrag gestellt zu haben, noch zeigt sie in einer den gesetzlichen Darlegungsanforderungen entsprechenden Weise auf, inwiefern sich dem Berufungsgericht eine solche Aufklärung hätte aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG a.F. (= § 83 b AsylVfG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718) nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F. (vgl. § 60 RVG).