Beschluss vom 02.12.2003 -
BVerwG 8 B 144.03ECLI:DE:BVerwG:2003:021203B8B144.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.12.2003 - 8 B 144.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:021203B8B144.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 144.03

  • VG Frankfurt/Oder - 31.07.2003 - AZ: VG 4 K 715/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2003
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f ,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
  3. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 277 864,40 € festgesetzt.

Dem Beigeladenen kann die beantragte Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Der gerügte Verfahrensfehler des Verstoßes gegen Grundsätze der Urteilsfindung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die Beschwerde verkennt, dass allein die Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung keinen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl. Urteil vom 29. Oktober 2003 - BVerwG 8 C 26.02 -). Es gehört zu den dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgaben, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschlüsse vom 18. Februar 1972 - BVerwG 8 B 3.72 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 62 S. 27 <28> und vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Februar 1978 - BVerwG 1 B 13.78 - Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8 S. 10 und vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>), liegt ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen. Es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>). Davon kann hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat in dem Urteil die Gründe angegeben, die für seine Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rüge der Beschwerde, dass es an der Subsumtion des Tatbestandes mangele, ist insoweit nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzungen der Unredlichkeit aufgeführt und dargelegt, warum der Beigeladene und seine Ehefrau hätten wissen müssen, dass der vereinbarte Kaufpreis nicht den Regeln einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis entsprach. Darauf, ob ein Verstoß gegen die Verkaufsvorschriften für den Verwalter vorlag, kam es für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht an, weil der Beigeladene nach seiner Auffassung einen solchen jedenfalls nicht kennen musste. In diesem Zusammenhang setzt sich das Verwaltungsgericht auch entgegen der Rüge der Beschwerde mit der "Problematik der gelebten Rechtswirklichkeit" auseinander. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde mit ihrem Vorbringen gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils, insbesondere die vom Verwaltungsgericht vorgenommene, dem sachlichen Recht zuzurechnende Würdigung des Sachverhalts. Das kann aber - soweit nicht die Verletzung von Denkgesetzen, allgemeinen Erfahrungssätzen oder anerkannten Auslegungsregeln dargetan wird - nicht Gegenstand einer erfolgreichen Verfahrensrüge sein (Beschluss vom 5. Juni 2002 - BVerwG 8 B 72.02 -).
Soweit die Beschwerde eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erhebt, fehlt es schon an der prozessordnungsgemäßen Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diese setzt die Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts - allein auf diese kommt es an - ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Daran fehlt es. Ausweislich der Niederschriften hat der bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Beigeladene weder in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2002 noch in der vom 19. Juni 2003 Beweisanträge gestellt.
Auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist unbegründet. Der im erstinstanzlichen Verfahren bereits anwaltlich vertretene Beigeladene hätte - zumal nach den von der Kammer in der ersten mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2002 geäußerten Zweifeln an der Redlichkeit des Erwerbs durch den Beigeladenen - Veranlassung gehabt, alles aus seiner Sicht gegen den geltend gemachten Rückübertragungsanspruch Sprechende, also auch seine Bedenken hinsichtlich eines wirksamen Eigentumserwerbs durch den Rechtsvorgänger des Klägers, im Verlauf des Klageverfahrens vorzutragen. Damit bestand die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs. Eines richterlichen Hinweises, dass das Verwaltungsgericht insoweit der dem Beigeladenen bekannten Rechtsauffassung des Beklagten folgen wolle, bedurfte es nicht.
2. Die allgemeine Rüge des Widerspruchs zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt nicht den Voraussetzungen zur Darlegung der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, wie sie § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO vorschreibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13, 14 GKG.