Beschluss vom 02.09.2004 -
BVerwG 7 B 48.04ECLI:DE:BVerwG:2004:020904B7B48.04.0

Beschluss

BVerwG 7 B 48.04

  • VG Berlin - 05.12.2003 - AZ: VG 31 A 187.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. September 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y , H e r b e r t
und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 48 761 € festgesetzt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Ablösebeträgen in Bezug auf ein Grundstück, das 1989 in Volkseigentum überführt und ihr 1994 zurückübertragen wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die noch im Streit stehenden Ablösebeträge abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob "für ein dingliches Recht, das bei der Überführung des Grundstücks in Volkseigentum im Grundbuch gelöscht wurde, deren zugrunde liegende Forderung jedoch nicht in Volkseigentum übergegangen ist, sondern welche im Verhältnis zwischen der ... Grundstückseigentümerin einerseits und der Alt-Grundpfandrechtsgläubigerin ... andererseits als Einstandsverpflichtung zivilrechtlich noch besteht, zusätzlich überhaupt ein Ablösebetrag nach dem VermG festzusetzen und - wenn ja - wer ... als Berechtigter zu bezeichnen (ist)", bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie ohne weiteres anhand des Gesetzes zu beantworten ist. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG hat der Berechtigte bei der Einzelrestitution von Grundstücken für die bei Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangenen dinglichen Rechte vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen Absatzes 7 der Vorschrift einen Ablösebetrag zu hinterlegen, der im Rückübertragungsbescheid festzusetzen ist. Die Regelung bezweckt, dass der Berechtigte bei Rückübertragung des Grundstücks einen dem Wert der früheren dinglichen Belastungen entsprechenden Ausgleich leistet. Sie dient zugleich dem rechtlichen Interesse des Begünstigten an einem Ausgleich seines Rechtsverlusts (Urteil vom 12. Dezember 2002 - BVerwG 7 C 22.02 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 16). Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine durch das frühere Recht gesicherte, bei der Festsetzung eines Ablösebetrags berücksichtigte Forderung des Gläubigers oder seines Rechtsnachfolgers regelmäßig fortbesteht. Das ergibt sich aus § 18 b Abs. 3 Satz 1 VermG, wonach die Forderung insoweit erlischt, als der darauf entfallende Teil des Ablösebetrags an den Begünstigten oder den Entschädigungsfonds herauszugeben ist. Infolgedessen rechtfertigt es der Fortbestand der Forderung nicht, von der Festsetzung eines Ablösebetrags abzusehen. Ob die durch das frühere Recht gesicherte Forderung tatsächlich besteht, ist für die behördliche Pflicht zur Festsetzung eines Ablösebetrags ohne Belang (vgl. Beschluss vom 31. März 1998 - BVerwG 7 B 417.97 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 3). Wer dabei als Gläubiger des Rechts anzugeben ist, ist in § 1 Satz 1 HypAblV geregelt. Ob der im Bescheid angegebene Gläubiger berechtigt ist, die Herausgabe des auf das frühere Recht entfallenden Teils des Ablösebetrags zu verlangen, ist, soweit die Forderung nicht auf den Entschädigungsfonds übergegangen ist (§ 18 b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VermG), nicht Regelungsgegenstand des Restitutionsbescheids, sondern im Streitfall im Hinterlegungsverfahren und damit zivilrechtlich zu klären.
Auch die Frage, ob die Grundstückskontrollverordnung vom 27. Juli 1950 (VOBl Groß-Berlin I S. 207; GKVO) zu denjenigen Rechtsvorschriften gehört, nach denen Vermögenswerte einer staatlichen Verwaltung i.S. des § 1 Abs. 4 VermG unterlagen, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Typisches Merkmal des Schädigungstatbestands des § 1 Abs. 4 VermG ist eine hoheitliche Vermögensverwaltung, die Bundesbürger und Ausländer hinnehmen mussten, weil sie nach Verlassen der DDR oder mangels eines dortigen Wohnsitzes über ihr Eigentum nicht mehr verfügen konnten (Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 3). Nach den tatsächlichen Feststellungen, die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegen und von denen mangels Verfahrensrüge in einem Revisionsverfahren auszugehen wäre, verdrängte die Verwaltung nach der GKVO den Eigentümer weder vollständig aus seiner Rechtsposition, noch beraubte sie ihn seiner Verfügungsbefugnis über das Grundstück. Die mit der Verwaltung nach der GKVO verbundenen Beschränkungen des Eigentumsrechts blieben hiernach hinter einer die private Verfügungsbefugnis ausschließenden staatlichen Verwaltung i.S. des § 1 Abs. 4 VermG, deren Anordnung das Vermögensgesetz als Schädigungsmaßnahme ansieht, deutlich zurück. Infolgedessen kann eine auf der Grundlage der GKVO angeordnete Verwaltung den in § 1 Abs. 4 VermG aufgeführten Fallgruppen staatlicher Verwaltung weder gleichgestellt noch als an die Rechtsvorschriften zur Anordnung einer staatlichen Verwaltung anknüpfende faktische staatliche Verwaltung bewertet werden. Ob für die Zeit nach In-Kraft-Treten der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 4. September 1952 (VOBl Groß-Berlin I S. 445) etwas anderes gilt, wenn die von der GKVO erfassten Grundstücke einer staatlichen Verwaltung nach dieser Verordnung unterlagen, wäre in einem Revisionsverfahren nicht zu entscheiden, weil das Verwaltungsgericht eine staatliche Verwaltung nur für die vor diesem Zeitpunkt eingetragenen Belastungen des Grundstücks der Klägerin verneint hat.
Nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig ist schließlich die Frage, ob § 18 Abs. 2 VermG auch Aufbauhypotheken und vergleichbare Grundpfandrechte erfasst, die allein zur Sicherung von Krediten für Instandhaltungsmaßnahmen dienten. Diese Vorschrift erfasst vom staatlichen Verwalter bestellte Grundpfandrechte "zur Sicherung von Baukrediten". Was hierunter zu verstehen ist, bestimmt sich nach den Rechtsvorschriften der DDR, die für die Gewährung von Baukrediten maßgebend waren. Nach § 1 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung über die Finanzierung von Baumaßnahmen zur Schaffung und Erhaltung von privatem Wohnraum vom 28. April 1960 (GBl DDR I S. 351) wurden Baukredite für die Finanzierung der Schaffung und Erhaltung von Wohnraum "durch Instandsetzungen und Instandhaltungen" privater Wohngrundstücke gewährt. Anders als § 1 Abs. 1 des Baulandgesetzes, dem naturgemäß ein engerer, durch Errichtung, Umbau und Ausbau sowie Instandsetzung von Gebäuden gekennzeichneter Begriff von Baumaßnahmen zugrunde lag, bestimmte die hier einschlägige Finanzierungsverordnung mithin auch Instandhaltungsmaßnahmen als Baumaßnahmen, für die Kredite gewährt wurden. Wurden zur Sicherung solcher Kredite vom staatlichen Verwalter Aufbauhypotheken oder vergleichbare Grundpfandrechte bestellt, hat der Berechtigte oder sein Rechtsnachfolger für diese einzustehen, wenn sich die gesicherten Aufwendungen heute noch Wert steigernd oder Wert erhaltend auf das zurückzuübertragende Grundstück auswirken (Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 7 B 358.95 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 2). Dass auch laufende Instandhaltungsmaßnahmen der Werterhaltung eines Gebäudes dienen können, liegt auf der Hand. Angesichts dessen muss nicht erst in einem Revisionsverfahren geklärt werden, dass vom staatlichen Verwalter bestellte Aufbauhypotheken oder vergleichbare Grundpfandrechte zur Sicherung von Krediten für Instandhaltungsmaßnahmen im Ablösebetrag nur dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn der Berechtigte das Unterbleiben einer der Kreditaufnahme entsprechenden Instandhaltungsmaßnahme an dem Grundstück nachweist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I S. 390), i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).