Beschluss vom 02.08.2006 -
BVerwG 8 B 33.06ECLI:DE:BVerwG:2006:020806B8B33.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.08.2006 - 8 B 33.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:020806B8B33.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 33.06

  • VG Gera - 09.02.2006 - AZ: VG 5 K 2049/04 Ge

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. August 2006
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf
und Postier und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

Der Antrag der Kläger, ihnen für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 9. Februar 2006 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Das Prozesskostenhilfegesuch der Kläger ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO). Die Revision kann nicht aus den Gründen zugelassen werden, welche die Kläger mit ihrer Beschwerde geltend machen.

2 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist.

3 Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob eine erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Ablehnung des Wiederaufgreifens des vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahrens abgegebene schriftliche Erklärung eines bereits im vermögensrechtlichen Rückübertragungsverfahren der Behörde, aber nicht dem Antragsteller, bekannten Zeugen ein neues Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 ThürVwVfG darstellt.

4 Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision; denn in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, was unter einem neuen Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist. Darunter sind neben Beweismitteln, die während der Anhängigkeit des ersten Verwaltungsverfahrens noch nicht existierten, auch solche Beweismittel zu verstehen, die damals zwar schon vorhanden waren, aber ohne Verschulden des Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig beigebracht werden konnten. Dies wird durch § 51 Abs. 2 ThürVwVfG bestätigt, wonach der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nur zulässig ist, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in den früheren Verfahren geltend zu machen; denn diese Vorschrift setzt die Beachtlichkeit (auch) von bereits während der Anhängigkeit des ersten Verwaltungsverfahrens existenter Beweismittel voraus (Urteil vom 21. April 1982 - BVerwG 8 C 75.80 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 11).

5 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts waren die Eheleute H. bereits im Ausgangsverfahren, das mit der bestandskräftigen Ablehnung des vermögensrechtlichen Antrags geendet hat, als weitere Mieter des strittigen Eigenheimgrundstückes bekannt. Der als Zeuge vor dem damaligen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen befragte Herr S. hatte diese benannt.

6 Die weiterhin als klärungsbedürftig aufgezeigte Rechtsfrage,
ob dem anwaltlich vertretenen Berechtigten im Rückübertragungsverfahren grobes Verschulden im Sinne des § 51 Abs. 2 ThürVwVfG vorgeworfen werden kann, weil es sein Verfahrensbevollmächtigter unterlassen hat, in diesem Verfahren persönlich Akteneinsicht zu nehmen, sich nur den wesentlichen Akteninhalt hatte übersenden lassen und insoweit auch nicht darauf bestanden hat, aus den Akten bekannte Zeugen durch die für das Rückübertragungsverfahren zuständige Stelle vernehmen zu lassen,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits dahin geklärt, dass die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO über § 173 VwGO auch für das Widerspruchsverfahren maßgebend ist (Beschluss vom 8. Februar 1991 - BVerwG 9 B 28.91 - juris); nichts anderes kann für das Verwaltungsverfahren selbst gelten. So hat auch der Bundesfinanzhof die Frage, ob einem Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden seines steuerlichen Beraters zuzurechnen ist, bejaht (Urteil vom 25. November 1983 - BFH VI R 8/82, BFHE 140, 18).

7 2. Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht gegeben. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert in der Nichtzulassungsbeschwerde die substantiierte Darlegung dessen, was bei ausreichender Gehörsgewährung in der Vorinstanz noch vorgetragen worden wäre. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. In Wirklichkeit zielt die Beschwerde auf eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO ab, die ebenfalls nicht ersichtlich ist. In dem angefochtenen Urteil sind die für die richterliche Überzeugungsbildung leitenden Gedanken in hinreichender Form zum Ausdruck gekommen. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweisgrundsätze überprüfbar, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören.

8 Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht mit dem Zeitpunkt der Veräußerung des Eigenheims an die Beigeladenen und der Umschreibung in Eigentum des Volkes bezüglich des Flurstücks Nr. 143b im Grundbuch auseinander gesetzt (vgl. S. 3, 12 UA) und hieraus keine Unredlichkeit der Beigeladenen abgeleitet. Was den Ringwohnungstauschantrag anbelangt, hat das Verwaltungsgericht unabhängig von den fehlenden Daten auf der Urkunde auf die schriftliche Stellungnahme der Eheleute G. vom 21. November 2001 abgestellt (UA S. 14). Diese bestätigten, dass sie bis 1970 in dem Haus als Mieter gewohnt hätten und von den zuständigen kommunalen Organen der Wohnungstausch genehmigt worden sei.

9 Das Verwaltungsgericht musste sich im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Nr. 2 ThürVwVfG gegeben sind, weder mit dem Umstand des fehlenden Einverständnisses der Wohnungseigentümer bzw. Hauseigentümer noch mit den fehlenden Daten und Siegeln auseinander setzen. Diese Tatsachen waren bereits im ersten Verwaltungsverfahren bekannt und hätten vom damaligen Bevollmächtigten der Kläger zur Sprache gebracht werden können.