Beschluss vom 02.08.2002 -
BVerwG 1 B 131.02ECLI:DE:BVerwG:2002:020802B1B131.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.08.2002 - 1 B 131.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:020802B1B131.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 131.02

  • Bayerischer VGH München - 12.03.2002 - AZ: VGH 25 B 01.31491

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. August 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die ausschließlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Sie erfüllt schon nicht die Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,
"ob bei der Beurteilung, ob Abschiebehindernisse nach § 51 Abs. 1 und § 53 AuslG vorliegen, die Entscheidung auf Erkenntnismittel gestützt werden kann, die mehr als Jahre vor dem Zeitpunkt der Entscheidungsfindung datieren, insbesondere auf dem Hintergrund der Verhältnisse in einem Land (wie vorliegend Togo), in dem seit Jahren ein totalitäres Regime herrscht, und ob deswegen das erkennende Gericht an einer Entscheidung gem. § 130 a VwGO gehindert ist, da es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich gewesen wäre, aktuellere Stellungnahmen sachkundiger Stellen einzuholen bzw. sich mit den aktuelleren von der Vorinstanz in der deren vorangegangener Entscheidung berücksichtigten Erkenntnismittel zu befassen, anstatt sich auf eine eigene Rechtsprechung zu beziehen, die ebenfalls veraltet ist, da sie Jahre vor der vorliegenden Entscheidung begründet wurde".
Damit wird keine bestimmte klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts formuliert, die fallübergreifend in dem angestrebten Revisionsverfahren entschieden werden könnte. Die Beschwerde fasst vielmehr lediglich ihre einzelfallbezogene Kritik an der Berufungsentscheidung in einem Satz zusammen, anstatt eine einzelne oder mehrere verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen (etwa zum vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO, zum Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG oder zu den allgemeinen Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhalts und an die Entscheidungsbegründung) herauszuarbeiten, auf der oder denen die Entscheidung beruht, und deren Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren unter Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie nach dem allgemeinen Stand der Rechtsprechung und Literatur darzustellen.
Wann das Berufungsgericht an einer Entscheidung nach § 130 a VwGO "gehindert" ist, ist in der Rechtsprechung allgemein und für besondere Fallkonstellationen weitgehend geklärt. Im Regelfall steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, eine Entscheidung nach § 130 a Satz 1 VwGO zu treffen, die nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 3. Februar 1999 - BVerwG 4 B 4.99 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 33 = NVwZ 1999, 1109 m.w.N.). Besonderheiten des vorliegenden Falles, die Anlass zu einer Ergänzung oder Fortentwicklung dieser Rechtsprechung geben könnten, zeigt die Beschwerde nicht auf.
Soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht sich zunächst auf seine Rechtsprechung beziehe, dabei auf Urteile von 1996 und 1997 Bezug nehme und sodann darauf verweise, dass bis zum Datum der Entscheidung keine weiteren Fälle von Gefährdung bei Rückkehr aufgrund Asylantragstellung und Exilaktivitäten bekannt geworden seien, macht sie zunächst geltend, eine "Quelle für diese Erkenntnis" werde "nicht genannt". Abgesehen davon, dass dieser Vortrag nicht zutrifft (vgl. die Entscheidungsgründe BA S. 5 f.), ergibt sich hieraus nichts für eine Rechtsgrundsätzlichkeit im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ein noch denkbarer Verfahrensverstoß wird damit weder geltend gemacht noch auch nur ansatzweise ausreichend - unter Eingehen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung - bezeichnet. Auch ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass das Gericht zur Darlegung der Entscheidungsgründe und zur Einführung tatsächlicher Feststellungen auf andere Gerichtsentscheidungen Bezug nimmt (vgl. etwa Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 <5> m.w.N.).
Entsprechendes gilt für die weitere Behauptung der Beschwerde, die vom Berufungsgericht "zitierten gegenteiligen Erkenntnisdokumente" würden "als nicht relevant abgetan", obwohl zum Entscheidungszeitpunkt neuere Erkenntnismittel vorgelegen hätten, mit denen sich der Verwaltungsgerichtshof - im Gegensatz zum Verwaltungsgericht - nicht auseinander gesetzt habe. Auch damit wird weder eine grundsätzliche Rechtsfrage noch der Sache nach ein Verfahrensrechtsverstoß dargelegt, zumal die Angriffe viel zu allgemein gehalten sind und sich nicht - wie erforderlich - mit dem Inhalt der Erkenntnismittel und den Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander setzen.
Auch zur angesprochenen Frage der Verwertung veralteter Erkenntnismittel legt die Beschwerde nichts dar, was auf eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen könnte. Sie legt im Übrigen auch nicht konkret dar, weshalb das im Ausgangsverfahren herangezogene Erkenntnismaterial "offenkundig veraltet" und nicht als Entscheidungsgrundlage tauglich gewesen sein soll. In diesem Zusammenhang verschweigt sie, dass das mit dem Anhörungsschreiben des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2002 übersandte "Verzeichnis (Stand: Januar 2002) der zum Verfahren beigezogenen Auskünfte u.ä. (Togo)" neuere Auskünfte und Stellungnahmen bis August 2001 sowie den letzten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2001 aufführt und dass einige dieser neuesten Erkenntnismittel (darunter auch der Lagebericht vom 23. November 2001) in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses verwertet und zitiert worden sind. Angesichts dessen kann die pauschale Behauptung der Beschwerde auch nicht zutreffen, die Entscheidung des Berufungsgerichts beruhe auf einer veralteten Erkenntnisgrundlage.
Außerdem ließe sich die von der Beschwerde angesprochene Frage, wie aktuell das für eine Entscheidung herangezogene Erkenntnismaterial sein muss, nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise fallübergreifend beantworten. Für eine auch insoweit noch denkbare Verfahrensrüge, insbesondere der mangelnden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO), enthält die Beschwerde ebenfalls keine dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Ausführungen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG n.F.