Beschluss vom 02.07.2003 -
BVerwG 4 BN 32.03ECLI:DE:BVerwG:2003:020703B4BN32.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.07.2003 - 4 BN 32.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:020703B4BN32.03.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 32.03

  • Niedersächsisches OVG - 27.01.2003 - AZ: OVG 9 KN 193/02

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juli 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und
Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 35 000 € festgesetzt.

Die lediglich auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Antragstellerin rügt als Verfahrensfehler zunächst, das Normenkontrollgericht hätte wissen müssen, dass es üblicherweise Unterlagen über im Bebauungsplanaufstellungsverfahren eingegangene Anregungen und Bedenken gibt. Es hätte daher nachfragen müssen, ob es wirklich zutreffe, dass die Antragstellerin keine Anregungen und Bedenken erhoben habe.
Damit ist vorliegend ein Verfahrensfehler schon im Ansatz nicht geltend gemacht. Denn sowohl nach dem Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Normenkontrollgericht als auch nach dem Vortrag der Antragstellerin selbst hat der Vorsitzende diese Frage zum Gegenstand der Erörterung gemacht und damit den Beteiligten Gelegenheit gegeben, den Sachverhalt richtig zu stellen. Dem Gericht sind daraufhin die Originale der von der Antragstellerin vorgebrachten Anregungen und Bedenken vorgelegt worden. Das Gericht gibt ihren Inhalt auf Seite 4 seines Urteils wieder und hat sie somit offenkundig zur Kenntnis genommen und verwertet.
2. Die Antragstellerin rügt sodann, das Normenkontrollgericht hätte im Anschluss an die Vorlage der Anregungen und Bedenken im Original die mündliche Verhandlung vertagen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen und detailliert vortragen zu können.
Auch dies begründet keinen Verfahrensfehler. Die Antragstellerin legt selbst nicht dar, dass sie förmlich beantragt hätte, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Ein derartiger Antrag lässt sich auch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht entnehmen, der insoweit erhöhte Beweiskraft zukommt (§ 165 ZPO i.V.m. § 105 VwGO). Die Verfahrensrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Beteiligten in der Vorinstanz, hier das Unterlassen der Stellung des Vertagungsantrags, zu kompensieren. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, warum es der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Antragstellerin nicht möglich gewesen sein soll, zum Inhalt ihrer eigenen Anregungen und Bedenken auch ohne Vertagung sachlich Stellung zu nehmen. Es spricht auch nichts dafür, dass - wie die Beschwerde annimmt - es für das Normenkontrollgericht unmöglich gewesen sei, die ihm erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen so gründlich zu prüfen, wie dies für die Verhandlung und Entscheidung geboten sei. Denn in Normenkontrollverfahren entspricht es eher dem Regelfall, dass Grundstückseigentümer, denen durch Festsetzungen in einem Bebauungsplan Belastungen auferlegt werden, sich hiergegen mit Anregungen und Bedenken gewandt haben. Aber auch ohne derartige Anregungen und Bedenken hat die Gemeinde sich im Rahmen der ihr aufgegebenen Abwägung mit der Frage auseinander zu setzen, ob die Belastung eines Eigentümers mit einer die Grundstücksfläche durchschneidenden Wegefläche zulässig und erforderlich ist. Diese Abwägung hat das Normenkontrollgericht in seiner Entscheidung über den Antrag des Grundstückseigentümers gerichtlich zu überprüfen. In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob und mit welchem Inhalt Anregungen und Bedenken geäußert worden sind, nicht im Vordergrund. Somit rechtfertigt der Hinweis der Beschwerde auf den zeitlichen Ablauf von mündlicher Verhandlung, Vorlage der Anregungen und Bedenken und Entscheidung des Gerichts am selben Tag nicht die von ihr gezogene Schlussfolgerung, das Normenkontrollgericht habe vorliegend diese "prozessentscheidenden Unterlagen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, nicht geprüft und sein Urteil aufs Geratewohl gefällt". Das Normenkontrollgericht hat sich in seinen Urteilsgründen vielmehr eingehend mit der Frage auseinander gesetzt, ob der hier vorliegende Eingriff in das Eigentum der Antragstellerin im Hinblick auf Art. 14 GG, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Abwägungsgebot gerechtfertigt ist. Vor diesem Hintergrund genügt die bloße Behauptung in der Beschwerde, es stehe zu vermuten, dass das Normenkontrollgericht bei einer anderen Verfahrensweise zu einer anderen Entscheidung, jedenfalls aber zu einer anderen Verfahrensführung und somit zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, nicht den Anforderungen an die Substantiierung einer derartigen Verfahrensrüge. Hierfür hätte vielmehr dargelegt werden müssen, aus welchen Gründen das Gericht bei der geforderten Verfahrensweise - hier Vertagung der mündlichen Verhandlung - auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
3. Auch soweit die Antragstellerin bemängelt, das Normenkontrollgericht habe es unterlassen, wie von ihr angeregt ein Sachverständigengutachten zur Erforderlichkeit der Parkplätze am Kirchenweg einzuholen, bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Auch der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Aufklärungsmangels hätte dementsprechend substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Beschwerde legt nicht dar, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen förmlichen Beweisantrag hingewirkt worden wäre oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt jedoch kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Eine bloße Anregung genügt diesen Anforderungen nicht.
Die Beschwerde berücksichtigt ferner nicht, dass die Antragsgegnerin - nach den Angaben im Tatbestand des Normenkontrollurteils - die Festsetzung des Parkplatzes nördlich des Kirchweges mit der Erwägung begründet, die Situation an der stark befahrenen Ehestorfer Straße sei problematisch gewesen. Der dort befindliche Parkplatz des Kindergartens sei in seiner Kapazität beschränkt. Das Ein- und Ausfahren habe komplizierte Rangiermanöver auf der stark befahrenen Kreisstraße erforderlich gemacht. Diese Begründung für den neuen Parkplatz erschien dem Normenkontrollgericht nachvollziehbar und einleuchtend. In diesem Sinne heißt es in den Urteilsgründen, die Entscheidung der Antragsgegnerin, im Zuge der Erweiterung des Kindergartens die bestehende Parkplatzsituation durch Anlegung eines neuen Parkplatzes zu lösen und eine von der viel befahrenen Ehestorfer Straße getrennte fußläufige Verbindung zwischen diesem Parkplatz und dem Kindergarten über das Grundstück der Antragstellerin zu schaffen, verletze nicht die Grenzen ihres Planungsermessens. Die Beschwerde legt nicht dar, dass sich dem Normenkontrollgericht auf der Grundlage dieser Sachverhaltswürdigung weitere Ermittlungen zur Erforderlichkeit des neuen Parkplatzes hätten aufdrängen müssen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.