Beschluss vom 02.04.2004 -
BVerwG 7 B 86.03ECLI:DE:BVerwG:2004:020404B7B86.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.04.2004 - 7 B 86.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:020404B7B86.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 86.03

  • VG Schwerin - 26.05.2003 - AZ: VG 3 A 121/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. April 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , H e r b e r t
und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 000 € festgesetzt.

Der Kläger begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung zweier Flurstücke sowie die Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung eines weiteren Flurstücks. Der Kläger hatte die Flurstücke 1979 an den Rat der Gemeinde Leezen veräußert. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Abschluss des Kaufvertrages nicht auf unlauteren Machenschaften beruht habe. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Das Verwaltungsgericht hat nicht seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 3 VwGO).
Der Kläger rügt insoweit zum einen, das Verwaltungsgericht hätte verschiedene Zeugen vernehmen müssen, die er vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich zu Umständen benannt habe, aus denen sich ein unzulässiger staatlicher Druck zum Abschluss des Kaufvertrages ergeben hätte. Er macht zum anderen geltend, das Verwaltungsgericht hätte das Gutachten eines Sachverständigen zu der Frage einholen müssen, ob die Unterschrift unter dem Kaufvertrag von ihm - dem Kläger - stamme.
Die Aufklärungsrüge scheitert schon daran, dass der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine entsprechenden Beweisanträge gestellt hat. Von einem anwaltlich vertretenen Beteiligten kann im Allgemeinen erwartet werden, dass er eine von ihm für notwendig erachtete Beweisaufnahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt. In der Regel wird nämlich erst ein in der vorgeschriebenen Form zu Protokoll gestellter Antrag dem Tatsachengericht vor Augen führen, welche entscheidende Bedeutung der Anwalt einer weiteren Sachaufklärung beimisst (Beschluss vom 17. September 2001 - BVerwG 9 B 59.01 - juris). Beweisanträge hat der Kläger nicht gestellt, wie sich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ergibt. Im Gegenteil ist die von ihm gestellte Zeugin (seine Ehefrau) einvernehmlich ohne Vernehmung entlassen worden. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung anderer Zeugen ist ausweislich der Sitzungsniederschrift ausdrücklich erörtert worden; Anträge sind im Anschluss an diese Erörterung nicht gestellt worden. Die hiervon teilweise abweichende Darstellung in der Beschwerde kann nicht berücksichtigt werden, weil sie mit der Sitzungsniederschrift nicht vereinbar ist, deren Berichtigung der Kläger nicht beantragt hat.
Weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt hat, geht auch seine Rüge ins Leere, das Verwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO deren Bescheidung unterlassen.
Wenn der Anwalt den Antrag auf eine von ihm für notwendig erachtete Beweiserhebung versäumt hat, kann sein Mandant eine mangelnde Sachaufklärung nur in der Weise rügen, dass er darlegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Verwaltungsgericht ausgehend von dessen Rechtsauffassung eine Beweisaufnahme auch ohne ausdrücklich gestellte Beweisanträge hätte aufdrängen müssen. Hierfür gibt der Vortrag des Klägers nichts her. Der Sache nach hat das Verwaltungsgericht die Behauptungen des Klägers zum Teil für unsubstantiiert, zum Teil für unerheblich und eine Beweisaufnahme deshalb für entbehrlich gehalten. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, warum es zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Kläger den Kaufvertrag unterschrieben hat, ohne hierbei durch staatliche Stellen unter Drogen gesetzt worden zu sein, und warum es einen staatlichen Zwang zum Abschluss des Vertrages im Sinne einer unlauteren Machenschaft nicht feststellen kann. Das Verwaltungsgericht hat dabei auch dargelegt, dass zwar die Vorgänge, die zum Abschluss eines Nutzungsvertrages mit dem Rat der Gemeinde im Jahre 1976 geführt haben, als unlauter bewertet werden könnten, dass es aber auch unter Berücksichtigung dieser Vorgeschichte keine Anhaltspunkte für ein machtmissbräuchliches Verhalten bei dem zeitlich deutlich später abgeschlossenen Kaufvertrag gebe.
2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2002 (- BVerwG 7 B 92.01 - juris) ab.
Der Kläger entnimmt dem Beschluss den abstrakten Rechtssatz, werde die Unwahrscheinlichkeit einer Behauptung als hinreichender Grund für die Ablehnung eines Beweisantrags angesehen, liege darin eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung; die Unwahrscheinlichkeit einer behaupteten und unter Beweis gestellten Tatsache rechtfertige es nicht, von einer Beweisaufnahme abzusehen. Das Verwaltungsgericht hat schon deshalb keinen gegenteiligen abstrakten Rechtssatz aufstellen können, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt hat.
Davon abgesehen läge eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nur vor, wenn das Verwaltungsgericht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt hätte, die Unwahrscheinlichkeit einer behaupteten und unter Beweis gestellten Tatsache rechtfertige es, von einer Beweisaufnahme abzusehen. Ein solcher Rechtssatz findet sich in dem angefochtenen Urteil nicht. Der Kläger wirft dem Verwaltungsgericht in der Sache vor, den vom ihm angeführten Rechtssatz nicht oder fehlerhaft angewendet zu haben. Damit kann eine Abweichung nicht gerügt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.