Beschluss vom 02.04.2002 -
BVerwG 4 BN 15.02ECLI:DE:BVerwG:2002:020402B4BN15.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.04.2002 - 4 BN 15.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:020402B4BN15.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 15.02

  • Niedersächsisches OVG - 27.09.2001 - AZ: OVG 1 KN 384/01

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. April 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10 000 Euro festgesetzt.

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die Beschwerde wirft zunächst die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen ein Planungsträger abwägungsfehlerfrei von einer Festsetzung der Höhenlage gemäß § 9 Abs. 2 BauGB absehen könne. Damit wird eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung jedoch nicht dargelegt. Das Oberverwaltungsgericht verweist unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 5. August 1983 (- BVerwG 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334 <338>) zutreffend darauf, dass der Verzicht auf derartige Festsetzungen Ausdruck zulässiger planerischer Zurückhaltung sein kann. Im Übrigen wird es jedoch stets auf die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls ankommen, die sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung entziehen. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang die ergänzende Frage (Nr. 2) nach der Erheblichkeit der baurechtlichen Zulässigkeit der Alternativen stellt, legt sie einen Sachverhalt zu Grunde, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Denn das Gericht ist nicht davon ausgegangen, dass für die Verwirklichung des angegriffenen Bebauungsplans keine baurechtlich zulässige Alternative zur Verfügung stehe.
2. Die Beschwerde stellt ferner mehrere Fragen (Nr. 3 - 6) zur Zulässigkeit der Festsetzung eines Stichwegs. Auch diese Fragen lassen sich nicht ohne Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalls beantworten und entziehen sich daher einer grundsätzlichen Klärung. Im Übrigen unterliegt keinem ernstlichen Zweifel, dass bei der Bewertung eines neu anzulegenden Stichwegs nach dem Maßstab des Abwägungsgebots auf andere bereits vorhandene private Zufahrtswege verwiesen und berücksichtigt werden darf, dass das Grundstück eines Antragstellers selbst durch eine derartige Zufahrt erschlossen wird. Dies gilt auch für ein Wohngebiet, in dem sich Einfamilienhäuser befinden.
3. Im Zusammenhang mit den möglichen Risiken hinsichtlich des Baugrunds wegen des darunter liegenden Salzbergwerks wirft die Beschwerde ferner die Frage auf, ob ein Belang unbeachtlich sei, weil es sich um eine allgemein bekannte Tatsache handele (Nr. 7). Sie möchte ergänzend geklärt wissen, ob es insoweit darauf ankomme, dass hierzu bereits mehrere Gutachten eingeholt worden seien (Nr. 8).
Auch diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Es kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass dem Rat einer Gemeinde die Existenz eines Salzbergwerks unter den betroffenen Grundstücken bekannt ist. Wenn er hierauf in seiner Planbegründung nicht ausdrücklich Bezug nimmt, wird dies daher nicht auf ein Abwägungsdefizit schließen lassen. Vorliegend sind jedoch zu den möglichen Baugrundrisiken, die sich aus der allgemein bekannten Situation ergeben können, mehrere Gutachten eingeholt worden. Das Oberverwaltungsgericht stellt hierzu fest, dass die Verwirklichung eines Risikos "extrem unwahrscheinlich" sei. An diese Feststellung wäre das Revisionsgericht gebunden. Aus diesem Grunde habe das Baugrundrisiko nicht zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört. Diese rechtliche Schlussfolgerung, die im Übrigen keinen Bedenken begegnet, beruht somit auf einer Rechtsauffassung, zu der sich die Beschwerde nicht weiter äußert. Umso weniger zeigt sie insoweit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Schließlich möchte die Beschwerde in diesem Zusammenhang geklärt wissen, ob nicht geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses gestellt werden müssen, je höher ein möglicher Schaden sein kann (Nr. 9). Insoweit bedarf keiner Klärung, sondern versteht sich von selbst, dass es bei derartigen Entscheidungen stets sowohl auf die Schadenshöhe als auch auf die Schadenswahrscheinlichkeit ankommt. Dies stellt auch das Oberverwaltungsgericht ersichtlich nicht in Frage. Im Übrigen kommt es bei der Überprüfung einer Abwägungsentscheidung auf die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls an; auch die Beschwerde benennt keine Frage, die weiterer rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich wäre. Hinzu kommt, dass den - hier äußerst unwahrscheinlichen - Baugrundrisiken noch im Baugenehmigungsverfahren oder durch entsprechende konstruktive Vorkehrungen bei der Bauausführung Rechnung getragen werden kann. Überdies ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass nach seinen - nicht mit weiteren Rügen angegriffenen - Erkenntnissen selbst ein unterstellter Mangel im Abwägungsvorgang auf das Ergebnis nicht von Einfluss gewesen ist (Urteil S. 11).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.