Beschluss vom 02.02.2005 -
BVerwG 7 BN 4.04ECLI:DE:BVerwG:2005:020205B7BN4.04.0

Beschluss

BVerwG 7 BN 4.04

  • VGH Baden-Württemberg - 14.05.2004 - AZ: VGH 8 S 471/03

In der Normenkontrollsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K r a u ß und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

I


Der Antragsteller wendet sich gegen einzelne Bestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung (SchALVO) des Landes Baden-Württemberg vom 20. Februar 2001 (GBl BW 2001, S. 145 berichtigt S. 414). Diese beruht auf folgenden rechtlichen Grundlagen: Wenn durch Anordnungen in einer Wasserschutzgebietsverordnung erhöhte Anforderungen gestellt werden, welche die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks beschränken, so ist gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 WHG für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteile grundsätzlich ein angemessener Ausgleich nach Maßgabe des Landesrechts zu leisten. Nach dem Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg leistet den Ausgleich das Land. Das Wassergesetz des Landes ermächtigt dessen oberste Wasserbehörde durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen unter anderem über die Pauschalierung des Ausgleichs. Auf dieser und weiteren landesrechtlichen Ermächtigungen beruht die Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung.
Der Antragsteller, ein Landwirt, der Flächen in einem Wasserschutzgebiet bewirtschaftet, hat ein Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet, einzelne Bestimmungen der Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung für nichtig zu erklären.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antrag sei unzulässig. Der Antrag sei - seine Zulässigkeit unterstellt - auch unbegründet.

II


Die Beschwerde ist unbegründet. Ist die angefochtene Entscheidung auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich beider Begründungen ein geltend gemachter Revisionszulassungsgrund vorliegt. Einer für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage fehlt andernfalls die Entscheidungserheblichkeit. Auf einem geltend gemachten und vorliegenden Verfahrensmangel, der sich nur auf eine von zwei selbständig tragenden Begründungen bezieht, kann eine angefochtene Entscheidung nicht beruhen. Hier liegt jedenfalls hinsichtlich der Abweisung des Normenkontrollantrags als unbegründet kein geltend gemachter Revisionszulassungsgrund vor. Insoweit hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; vgl. 1.), noch liegt ein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; vgl. 2.).
1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,
ob ein Gesetz- bzw. Verordnungsgeber, der eine bestimmte Stoffkonzentration (hier Nitratstickstoff im Boden) zum Kontrollmaßstab für Konsequenzen gegenüber betroffenen Bürgern erhebt, auch konkretisierende Anforderungen an Probenahme und -auswertung zur Ermittlung der festgelegten Werte regeln muss.
Diese Frage lässt sich - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht allgemeingültig beantworten. Das angefochtene Urteil, das für die hier vorliegende Verordnung weiter gehende Anforderungen an Probenahme und -auswertung für nicht erforderlich hält, weicht deshalb nicht von der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte zum Immissionsschutz- bzw. Bauplanungsrecht ab. Gibt es allgemein anerkannte Regeln der Messtechnik, müssen diese - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht in einer einschlägigen Verordnung wiedergegeben werden. Auch legt die Beschwerde nicht dar, dass es hier andere als von dem Antragsgegner praktizierte Verfahren gibt, die fachlich ebenso vertretbar sind und zu einem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis führen könnten. Schließlich lässt sich diese Frage - worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist - nicht unabhängig davon, welche Konsequenzen die Überschreitung eines Wertes hat (hier Nichtgewährung einer durch Verordnung eingeräumten Vergünstigung, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht), beantworten.
2. Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Antragsteller gestellten Beweisanträge frei von Verfahrensfehlern abgelehnt. Dem ersten Beweisantrag ist er nicht gefolgt, weil die unter Beweis gestellte Tatsache offenkundig ist. Dagegen wendet sich die Beschwerde nicht. Die beiden anderen Beweisanträge hat der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt, weil sie erkennbar aus der Luft gegriffen und zusätzlich nicht entscheidungserheblich seien. Die Beschwerde legt dar, warum ihres Erachtens die beiden Anträge nicht aus der Luft gegriffen waren. Ob dies zutrifft, kann dahinstehen. Jedenfalls waren die Anträge nach der maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts nicht entscheidungserheblich. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es, dass die Nitratstickstoffgehalte im Boden im Herbst geeignete Umweltindikatoren sind, was der Antragsteller selbst einräumt. Darauf, ob die Messung der Nitratstickstoffgehalte im Herbst geeignet ist, die Befolgung der Bewirtschaftungsbeschränkungen durch den Landwirt zu kontrollieren, kommt es dagegen nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht an. Im Einzelnen führt der Verwaltungsgerichtshof zur Ablehnung der Beweisanträge insoweit aus, um mehr als die Funktion der Nitratstickstoffgehalte der Böden im Herbst als geeignete Umweltindikatoren gehe es hier nicht. Denn, wenn der jeweilige Überwachungswert eingehalten sei, werde der Pauschalausgleich gewährt, ohne dass der Frage nachzugehen wäre, ob dies aus glücklichen äußeren Umständen resultiere oder der günstigen Bewirtschaftungsweise des Landwirts zu verdanken sei. Werde der Wert dagegen überschritten, bedeute dies nicht, dass ein Ausgleich gänzlich zu versagen sei. Vielmehr bleibe dann immer noch die Vergleichsuntersuchung nach § 7 Abs. 7
SchALVO, die ebenfalls zu einem Pauschalausgleich führen könne. Schließlich könne der Landwirt die ihm nach § 19 Abs. 4 WHG zustehende Entschädigung im Wege des Einzelausgleichs (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SchALVO) einfordern. Davon, dass den Überwachungswerten eine Beweisfunktion im Hinblick auf Verstöße gegen das Schutzregime der jeweiligen Wasserschutzgebiete zukomme, könne danach keine Rede sein. Soweit die Beschwerde sich gegen diese Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wendet, greift sie die materiellrechtliche Auffassung der Vorinstanz an. Damit kann kein Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 72 Nr. 1 GKG.