Beschluss vom 01.04.2003 -
BVerwG 9 B 22.03ECLI:DE:BVerwG:2003:010403B9B22.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.04.2003 - 9 B 22.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:010403B9B22.03.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 22.03

  • Bayerischer VGH München - 28.11.2002 - AZ: VGH 23 B 02.931

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S t o r o s t und Prof. Dr. R u b e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 373,91 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Als grundsätzlich bedeutsam im Sinne des Revisionszulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wirft die Beschwerde folgende Frage auf:
Übersteigt die teleologische Auslegung des Wortlauts einer Satzungsbestimmung, wonach im Rahmen einer Übergangsregelung auf eine "entstandene" Beitragsschuld abgestellt wird, dahingehend, dass eine Beitragsschuld nach früherem, aber nichtigem Satzungsrecht als "entstanden und erhoben" behandelt werden muss, die Grenzen zulässiger Auslegung des Wortlauts einer Norm?
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie betrifft eine dem irrevisiblen Landesrecht zuzuordnende Norm des kommunalen Satzungsrechts, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (§ 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann. Das gilt auch, soweit die Beschwerde die Frage nach den Grenzen einer zulässigen Auslegung geklärt wissen will. Denn die Auslegungsregeln und die allgemeinen Grundsätze über die Auslegung sind revisionsrechtlich dem Bundesrecht nur dann zuzuordnen, wenn und soweit sie der Anwendung von Bundesrecht dienen. Sie sind dagegen Teil des Landesrechts, wenn und soweit es sich wie hier um die Anwendung dieser Grundsätze im Rahmen des Landesrechts handelt (vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Oktober 1994 - BVerwG 1 B 153.93 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 27 S. 10 m.w.N.).
Dasselbe gilt für die darüber hinaus von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob es von Bundesrechts wegen als zulässig zu erachten ist, nichtige Satzungsbestimmungen dadurch zur Anwendung zu bringen, dass deren "Rechtsgedanke" herangezogen wird.
Auch insoweit geht es um die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts. Daran ändert der von der Beschwerde genannte Maßstab des Bundesrechts nichts. Denn entgegen den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes legt die Beschwerde nicht dar, welches Bundesrecht insoweit in Rede stehen soll und inwiefern gerade eine Frage dieses Bundesrechts, nicht aber lediglich Landesrecht klärungsbedürftig ist (vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 7. März 1996 - BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.).
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen die Denkgesetze rügt, legt sie - wiederum entgegen den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO - nicht dar, welchen Revisionszulassungsgrund sie geltend machen will. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Verstoß allenfalls dann einen Revisionszulassungsgrund begründen kann, wenn er nicht - wie regelmäßig - dem sachlichen Recht, sondern ausnahmsweise dem Verfahrensrecht zuzurechnen ist, was nur bei Verstößen im Tatsachenbereich und jedenfalls nur dann in Betracht kommen kann, wenn das Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 m.w.N.). Die Rüge der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe eine satzungsbestimmte Verpflichtung zur Nachentrichtung des Unterschiedsbetrages im Sinne von § 5 Abs. 7 Satz 4 BGS-EWS und BGS-WAS 1985 bejaht, obwohl die Geschossflächenmehrung lediglich 11,29 % betragen habe, mit der Folge, dass nach Wortlaut sowie Rechtsgedanken dieser Vorschriften eine satzungsbestimmte Verpflichtung zur Nachentrichtung des Unterschiedsbetrages nicht bestanden habe, betrifft jedoch die Subsumtion eines auch von der Beschwerde nicht in Frage gestellten Sachverhalts unter die maßgeblichen Normen und mithin angebliche Mängel bei der Anwendung materiellen Rechts, die die Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels jedenfalls nicht begründen können. Im Übrigen kommt die Beschwerde nur deswegen zur Annahme eines Verstoßes gegen Denkgesetze, weil sie den Gedankengang des Verwaltungsgerichtshofs unzutreffend wiedergibt. Das Gericht hat die Verpflichtung zur Nachentrichtung des Unterschiedsbetrages nicht aus den genannten Vorschriften hergeleitet, obwohl deren Voraussetzungen nach seiner Feststellung nicht gegeben waren. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr die Voraussetzungen der genannten Vorschriften mangels Erreichen der 30 %-Grenze als nicht erfüllt angesehen und deswegen keinen Hinderungsgrund gesehen, dass der Kläger nach der Übergangsregelung der §§ 5 Abs. 9 Satz 3 BGS-EWS 2000 und der BGS-WAS 2000 zu einer weiteren Beitragsschuld herangezogen werden konnte, weil eine solche nach bisherigem Satzungsrecht nicht als entstanden und erhoben behandelt werden müsse (UA S. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.