Beschluss vom 01.03.2005 -
BVerwG 4 B 6.05ECLI:DE:BVerwG:2005:010305B4B6.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.03.2005 - 4 B 6.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:010305B4B6.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 6.05

  • Bayerischer VGH München - 26.10.2004 - AZ: VGH 2 B 03.321

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. März 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 000 € festgesetzt.

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr). Die Beschwerde wirft sinngemäß die Frage auf, ob die Befristung eines wirksam gemäß § 173 Abs. 3 BBauG (1960) übergeleiteten Bebauungsplans mit der Überleitung beseitigt wird. Diese Frage rechtfertigt indes nicht die Zulassung der Revision.
Nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG (1960) gelten die bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bestehenden baurechtlichen Vorschriften und festgestellten städtebaulichen Pläne als Bebauungspläne fort, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art enthalten. Voraussetzung ist, dass die Vorschriften und Pläne nach dem seinerzeit geltenden Recht gültig zustande gekommen sind, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung Ergebnis sachgemäßer Abwägung der damals beachtlichen Belange waren sowie dass sie zur Zeit der Überleitung (also am 29. Juni 1961) ein rechtlich einwandfreies Abwägungsergebnis darstellten (stRspr; grundlegend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1972 - BVerwG 4 C 14.71 - BVerwGE 41, 67). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist in diesem Zusammenhang auch bereits geklärt, dass in den Fällen, in denen "bestehende baurechtliche Vorschriften" im Sinne des § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG nur befristet galten, diese Befristung durch die Überleitung nicht berührt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1968 - BVerwG 4 C 175.65 - Buchholz 406.11 § 173 BBauG Nr. 2 unter Hinweis auf das Urteil vom 27. Januar 1967 - BVerwG 4 C 33.65 - BVerwGE 26, 111). Dies gilt auch (und gerade) in Fällen, in denen die Befristung erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden sollte, der nach der Überleitung liegt. Denn die Überleitung diente, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. Januar 1968 (a.a.O.) ausgeführt hat, dazu, die Rechtskontinuität zu sichern. Diese Zielsetzung bedingt eine Festlegung auf den zur Zeit der Überleitung gegebenen Bestand. Was § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG erreichen sollte, war eine Aufrechterhaltung der bestehenden Vorschriften, nicht aber ein Inhaltswandel, wie er auch in der Vornahme einer "Entfristung" läge.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt nicht dar, welche Rechtssätze im Widerspruch stehen könnten.
2.1 Die Beschwerde benennt mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den Beschluss vom 21. Juni 1983 - BVerwG 4 B 68.83 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 203. Auf alle diese Entscheidungen stützt sich der Verwaltungsgerichtshof indes selbst bei seiner Schlussfolgerung, die Festsetzung von Baugrenzen enthalte für sich allein nicht die Aussage, dass gebaut werden dürfe. Die vom Bundesverwaltungsgericht ferner formulierte Aussage, die Festsetzungen eines Bebauungsplans könnten allerdings nicht losgelöst von der konkreten Situation, auf die sie treffen, ausgelegt werden, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls übernommen (UA S. 9).
2.2 Auch ein Abweichen vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 1967 - BVerwG 4 C 33.65 - a.a.O. liegt nicht vor. Die Beschwerde legt selbst dar, dass in diesem Urteil die angesprochene Frage (zu ihr vgl. oben unter 1.) gerade nicht entschieden wird; somit scheidet eine Divergenz von vornherein aus.
2.3 Auch zur Frage des Bebauungszusammenhangs als Voraussetzung der Anwendbarkeit von § 34 BauGB wird eine Divergenz nicht dargelegt. Die Beschwerde hebt selbst hervor, dass nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats Grundlage und Ausgangspunkt der Beurteilung die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse sind. Diese umschreibt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil eingehend. Auf Grund seiner vor Ort gewonnenen Einschätzung stellt sich das umstrittene Grundstück als Teil des unbebauten Isarhochufers dar. Diese tatrichterliche Einschätzung wird durch die in der Beschwerde enthaltenen Hinweise auf in der Rechtsprechung des Senats enthaltene Grundsätze nicht in Frage gestellt; umso weniger werden die Anforderungen an eine Divergenzrüge erfüllt.
2.4 Hinsichtlich des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 15.84 - (BVerwGE 75, 34) legt das Berufungsgericht dar, worin sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen unterscheidet, der dem genannten Urteil zugrunde lag. Auch insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht also nicht die Gefolgschaft in einem Rechtsgrundsatz verweigert, sondern ist auf der Grundlage seiner Würdigung des Einzelfalls zu einem für die Klägerin ungünstigen Ergebnis gelangt.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.