Verfahrensinformation

Der Kläger ist Mitglied der Vollversammlung einer Industrie- und Handelskammer. Er bat den Präsidenten der Kammer um Übersendung eines bestimmten Berichtes. Dieser lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Bericht sei vertraulich und nicht zur Bekanntgabe an Außenstehende bestimmt. Die Einsicht des Berichts durch den Präsidenten und die Prüfung durch von der Vollversammlung legitimierte Rechnungsprüfer gewährleisteten hinreichend die Kontrolle. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat den Kammerpräsidenten zur Einsichtsgewährung verurteilt. In dem Revisionsverfahren wird zu klären sein, ob einem Mitglied der Vollversammlung nach dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern ein derartiges Einsichtsrecht zusteht oder ob nur die Vollversammlung als Organ der Kammer Einsicht in bestimmte Unterlagen verlangen kann.


Pressemitteilung Nr. 17/2004 vom 31.03.2004

Kein Anspruch eines Mitglieds der Vollversammlung einer Industrie- und Handelskammer in Nordrhein-Westfalen gegen den Kammerpräsidenten auf Einsicht in die Rechnungsprüfung betreffende Vorgänge

Ein Mitglied der Vollversammlung einer Industrie- und Handelskammer verlangte Einsicht in Vorgänge im Zusammenhang mit einer Rechnungsprüfung, die dem Kammerpräsidenten vorlagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein solches Einsichtsrecht nach Bundesrecht nicht besteht. Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern bestimmt die Organe der Kammer und ihre Aufgaben, enthält sich aber grundsätzlich einer Regelung über die innere Struktur der Organe. In dem in Rede stehenden Bereich der Entlastung von Präsident und Hauptgeschäftsführer der Kammer sieht das Satzungsrecht der Kammer vor, dass gewählte Rechnungsprüfer der Vollversammlung Bericht erstatten. Damit wird dem Informationsbedürfnis des Kammermitglieds hinreichend Rechnung getragen. Ein darüber hinausgehendes Recht zur Einsicht in der Rechnungsprüfung zugrunde liegende Vorgänge besteht bei Fehlen entsprechender Satzungsbestimmungen nicht.

BVerwG 6 C 25.03 - Urteil vom 31.03.2004


Beschluss vom 11.11.2003 -
BVerwG 6 B 61.03ECLI:DE:BVerwG:2003:111103B6B61.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.11.2003 - 6 B 61.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:111103B6B61.03.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 61.03

  • OVG für das Land Brandenburg - 12.06.2003 - AZ: OVG 8 A 4282/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und V o r m e i e r
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 12. Juni 2003 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Die Revision ist zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Revisionsverfahren kann zur Klärung der auch nach Maßgabe des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern zu beantwortenden Frage beitragen, ob ein Mitglied der Vollversammlung einer Industrie- und Handelskammer ein Recht auf Einsichtnahme in den Prüfbericht der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern hat.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen
6 C 25.03 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 31.03.2004 -
BVerwG 6 C 25.03ECLI:DE:BVerwG:2004:310304U6C25.03.0

Leitsatz:

Ein Mitglied der Vollversammlung einer Industrie- und Handelskammer hat allein nach dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern kein Recht auf Einsichtnahme in Vorgänge im Zusammenhang mit einer Rechnungsprüfung.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 28 Abs. 2
    IHKG § 3 Abs. 1, §§ 4, 5 Abs. 1, §§ 6, 7, 11

  • OVG Münster - 12.06.2003 - AZ: OVG 8 A 4282/02 -
    OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 12.06.2003 - AZ: OVG 8 A 4282/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 31.03.2004 - 6 C 25.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:310304U6C25.03.0]

Urteil

BVerwG 6 C 25.03

  • OVG Münster - 12.06.2003 - AZ: OVG 8 A 4282/02 -
  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 12.06.2003 - AZ: OVG 8 A 4282/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G r a u l i c h ,
V o r m e i e r und Prof. Dr. R e n n e r t
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 2003 wird aufgehoben.
  2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 27. August 2002 wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

I


Der Kläger wurde im Herbst 2001 zum ordentlichen Mitglied der Vollversammlung der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg für die am 1. Januar 2002 beginnende Wahlperiode gewählt.
In der Sitzung der Vollversammlung am 11. Dezember 2001 erstatteten die beiden gewählten Rechnungsprüfer im Rahmen der Rechnungslegung für das Haushaltsjahr 2000 und der Entlastung von Präsidium und Hauptgeschäftsführer ihren Bericht über die Prüfung der Haushaltsrechnung 2000. Ihrer Kassenprüfung lag der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern vom 15. Oktober 2001 über die regelmäßig stattfindende außerordentliche (unvermutete) Kassenprüfung zum 1. Oktober 2001 zugrunde.
Der Kläger bat den Beklagten mit Schreiben vom 12. Dezember 2001 und vom 9. und 31. Januar 2002 um Übersendung des "Berichtes der Sonderprüfungsstelle der Industrie- und Handelskammern" und führte aus, er wolle sich als Mitglied der Vollversammlung davon überzeugen, dass zahlreiche Behauptungen von dort angeblich protokollierten Unregelmäßigkeiten im Verhalten des Hauptgeschäftsführers der Kammer bezüglich der Stiftung "Wilhelm Lehmbruck Museum" unzutreffend seien.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 und 12. Februar 2002 mit der Begründung ab, der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle sei vertraulich und nicht zur Bekanntgabe an Außenstehende bestimmt. Der Prüfungsbericht sei nach Maßgabe der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung der Kammer (HKRO) in vier Ausfertigungen zu erstellen, von denen eine bei der Rechnungsprüfungsstelle verbleibe und je eine dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer der Kammer sowie dem Ministerium als Aufsichtsbehörde übermittelt würden. Die Einsicht des Berichts durch den Präsidenten und die Prüfung durch die ehrenamtlichen, von der Vollversammlung legitimierten Rechnungsprüfer gewährleisteten hinreichend die Kontrolle etwaiger Unregelmäßigkeiten. Vor ihrer Entscheidung über die Entlastung werde der Vollversammlung umfassend berichtet; deren Mitglieder könnten Fragen zum Bericht stellen. Im Übrigen sei im Bericht ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk protokolliert.
Hiergegen legt der Kläger Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 5. Juli 2001 zurückwies.
Der Kläger hatte bereits am 11. Mai 2002 Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Bescheide des Beklagten und dessen Verpflichtung zur Gewährung von Einsicht in den Bericht der Rechnungsprüfungsstelle erhoben, die das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27. August 2002 abgewiesen hat.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 12. Juni 2003 (NVwZ 2003, 1526 = NWVBl. 2004, 25) der Berufung des Klägers stattgegeben und den Beklagten zur Gewährung von Einsicht verurteilt.
Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte das Ziel der Klageabweisung. Der Kläger tritt der Revision entgegen.

II


Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung des § 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920 ) - IHKG -, geändert durch Art. 6 des Neunten Euro-Einführungsgesetzes vom 10. November 2001 (BGBl. I S. 2992), nunmehr in der durch Art. 95 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304 <2314>) bestehenden Fassung. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsicht in den Bericht der Rechungsprüfungsstelle.
1. Das geltend gemachte Recht auf Einsicht in den bezeichneten Bericht lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern ableiten.
a) Eine ausdrückliche Anspruchsgrundlage ist in diesem Gesetz, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht enthalten.
b) Das Berufungsgericht hat die Grundlage für den nachgesuchten Anspruch aus der Rechtsstellung des Klägers als Mitglied der Vollversammlung, namentlich aus der bundesrechtlich bestimmten Stellung der Vollversammlung als demokratisch legitimiertem Hauptorgan (§ 4 IHKG) und den gesetzlichen Kontrollbefugnissen der Vollversammlung (§ 4 Satz 2 Nr. 5 IHKG), und damit aus revisiblem Recht abgeleitet. Diese Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht.
aa) Industrie- und Handelskammern gehören zum Bereich der nicht kommunalen Selbstverwaltung (funktionale Selbstverwaltung). Das demokratische Prinzip des Art. 20 Abs. 2 GG erlaubt es, durch Gesetz für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. Die Auswahl der auf Organisationseinheiten der funktionalen Selbstverwaltung zu übertragenden Aufgaben und die Regelung der Strukturen und Entscheidungsprozesse, in denen diese bewältigt werden, stehen weitgehend im Ermessen des Gesetzgebers (BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98, 2 BvL 6/98 - BVerfGE 107, 59 = GewArch 2003, 290 = DVBl. 2003, 923).
bb) Gemäß § 3 Abs. 1 IHKG ist die Industrie- und Handelskammer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Danach handelt es sich um auf dem (Pflicht-)Mitgliedschaftsprinzip beruhende, rechtsfähige juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen (vgl. Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 104). Für die innere Struktur folgt daraus in Ermangelung darauf bezogener allgemeiner Vorschriften für Körperschaften des öffentlichen Rechts keine bestimmte Festlegung.
cc) Die Vollversammlung ist das von den Kammerzugehörigen gewählte (§ 5 Abs. 1 IHKG) Organ. Die wesentlichen Entscheidungen der Kammer sind der Vollversammlung vorbehalten (§ 4 IHKG). Sie hat insbesondere die Satzungskompetenz (§ 4 Satz 2 Nr. 1 IHKG) und das Recht zur Feststellung des Haushaltsplans (§ 4 Satz 2 Nr. 3 IHKG) sowie der Entlastung (§ 4 Satz 2 Nr. 5 IHKG). Ferner obliegen ihr die Wahl des Präsidenten und des Präsidiums (§ 6 IHKG) und die Bestellung des Hauptgeschäftsführers (§ 7 IHKG). Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern enthält ferner Vorschriften über die Wahl der Mitglieder der Vollversammlung (§ 5 Abs. 2 IHKG). Aus § 4 Satz 2 Nr. 1 IHKG folgt, dass die Kammer (mindestens) eine Satzung erlässt. Einzelheiten der inneren Struktur der Organe sowie der Willensbildung innerhalb der Organe sind nicht gesetzlich geregelt. Das institutionelle Regelwerk des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern bestimmt danach die Organe der Kammern, überantwortet deren innere Ordnung aber näherer Normierung durch die Träger der funktionalen Selbstverwaltung.
dd) Die Vollversammlung ist das demokratisch legitimierte höchste Entscheidungsgremium der Kammer mit den sich aus dem Gesetz ergebenden Mindestaufgaben und - befugnissen. Zu den der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegenden Gegenständen gehört gemäß § 4 Satz 2 Nr. 5 IHKG die Erteilung der Entlastung. Sie erfolgt, wie der Gesetzeswortlaut ergibt, durch Beschluss der Vollversammlung. Die näheren Einzelheiten über die Vorbereitung der Beschlussfassung, insbesondere die Informationsbeschaffung, regelt das Gesetz nicht. Auch den Materialien lässt sich dazu nichts entnehmen (vgl. den Antrag aus der Mitte des deutschen Bundestages BTDrucks 2/1964, den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik BTDrucks 2/ zu 2380 sowie den Zustimmungsbeschluss des deutschen Bundesrates BRDrucks 435/56). Die Entlastung stellt fest, ob die Durchführung des Haushaltsplans der Feststellung des Haushaltsplans durch die Vollversammlung (§ 4 Satz 2 Nr. 3 IHKG) entspricht und ob das Finanzgebaren den Satzungs- und Haushaltsvorschriften entsprochen hat. Die Prüfung und Entscheidung dieser Fragenkreise erfordert eine Information über die einschlägigen Vorgänge. Ist für die Beschlussfassung die Vollversammlung als Organ der Kammer zuständig, so muss bei Fehlen abweichender Vorschriften im Grundsatz davon ausgegangen werden, dass auch die zugehörigen Informationen der Vollversammlung als Organ zu erteilen sind.
Die Vollversammlung kann ihre Aufgaben und Befugnisse allerdings nur durch ihre Mitglieder wahrnehmen. Diese leiten ihre Rechtsstellung nicht lediglich von derjenigen der Vollversammlung ab; vielmehr stehen ihnen aufgrund ihres durch Wahlakt erteilten Mandats auch eigene organschaftliche Rechte zu. Wie bereits erwähnt, ist die Industrie- und Handelskammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 3 Abs. 1 IHKG) und wird als solche von ihren Mitgliedern getragen. Das bestätigen § 2 IHKG, der den Kreis der Mitglieder bestimmt, sowie § 5 Abs. 1 IHKG, demzufolge die Mitglieder der Vollversammlung von den Kammerzugehörigen gewählt werden. Darüber hinaus folgt aus § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG, dass sich die Repräsentation in der Versammlung nach gruppenpluralen Gesichtspunkten vollzieht. Die Vollversammlung ist mithin ein pluralistisch besetztes repräsentatives Organ, in dem jedem Mitglied eine eigene Repräsentationsaufgabe zukommt.
Den Mitgliedern der Versammlung stehen daher bei Beratung und Entscheidung in allen in die Zuständigkeit der Vollversammlung fallenden Angelegenheiten umfassende Mitwirkungsrechte zu (Tettinger, a.a.O., S. 114). Diese schließen die Rechte auf Teilnahme und Rede, Antrag und Abstimmung sowie auf ausreichende Information ein. Wie die notwendige Information der Vollversammlungsmitglieder bewirkt wird, lässt sich dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern nicht entnehmen. Aus dem Recht jedes einzelnen Mitglieds zur Mitentscheidung folgt indessen, dass in seiner Person die dazu notwendigen Voraussetzungen gegeben sein müssen, zu denen auch die notwendigen Informationen gehören. Bundesrechtlich ist somit auch eine Mindestinformation der Vollversammlungsmitglieder geboten, die es ihnen ermöglicht, über den jeweiligen Beschlussgegenstand zu entscheiden. Weitergehende Informationsrechte der Vollversammlungsmitglieder, insbesondere das Recht auf Einsicht in bestimmte Vorgänge, lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Solche Rechte sind vielmehr nur nach Maßgabe des dem Landesrecht angehörenden Satzungsrechts der jeweiligen Kammer gegeben, bei dessen Festlegung der Satzungsgeber Gelegenheit hat, das Interesse des einzelnen Versammlungsmitglieds oder von Minderheiten der Versammlung an einer möglichst weitgehenden Unterrichtung mit dem Interesse des Gesamtorgans an effektivem Arbeiten in geeigneter Weise abzuwägen. Ein Recht eines jeden Mitglieds der Vollversammlung auf Einsichtnahme in die Kammerunterlagen brauchte auch nicht, wie der Kläger meint, zur Gewährleistung einer rechtmäßigen Kammertätigkeit bundesrechtlich vorgeschrieben zu werden. Wenn ein Mitglied Rechtsverstöße vermutet, steht es ihm frei, auf einen der Klärung des Sachverhalts dienenden Beschluss der Vollversammlung hinzuwirken, der auch die Einsichtnahme in bestimmte Akten zum Gegenstand haben kann. Überdies sieht das Gesetz im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Kammertätigkeit einen institutionalisierten Kontrollmechanismus vor. In § 11 Abs. 1 IHKG ist bestimmt, dass die Industrie- und Handelskammern der Aufsicht des Landes darüber unterliegen, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung halten. Damit unterliegt die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse der Kammern der Aufsicht demokratisch legitimierter Amtswalter. Außerdem mag berücksichtigt werden, dass die Kammerzugehörigen unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsschutz gegen Aufgabenüberschreitungen der Kammern erlangen können (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 C 32.97 - BVerwGE 107, 169 <174> = Buchholz 451.09 IHKG Nr. 11 = GewArch 1998, 410 und vom 19. September 2000 - BVerwG 1 C 29.99 - BVerwGE 112, 69 = Buchholz 451.09 IHKG Nr. 15 = GewArch 2001, 161).
ee) Die danach notwendige Information der Vollversammlungsmitglieder wird regelmäßig bereits dadurch bewirkt, dass das Mitglied zur Sitzung geladen wird und dabei eine Tagesordnung erhält, in der die einzelnen Angelegenheiten hinreichend konkret beschrieben sind. Die Übersendung schriftlicher Unterlagen steht bei fehlender gesetzlicher oder organisationsinterner Regelung im Ermessen des Vorsitzenden, hier gemäß § 6 Abs. 2 IHKG des Präsidenten (vgl. Groß, Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, Tübingen 1999, S. 287). Im Zusammenhang mit der Entlastungsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 7 IHKG durch Landesrecht ergänzende Vorschriften über die Grundsätze über die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung erlassen werden können. Die Kammersatzung enthält, wie den Ausführungen des Berufungsgerichts zu entnehmen ist, mit der Vorschrift über die Prüfung der Jahresrechnung durch die Rechnungsprüfungsstelle und die Prüfung durch zwei ehrenamtliche Prüfer aus der Mitte der Vollversammlung ein eigenes Kontrollsystem. Die Entscheidung über die Entlastung erfolgt auf der Grundlage des Berichts der Rechnungsprüfer. Der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle dient der Vorbereitung dieses Berichts. Die Kammermitglieder können bei entsprechendem Bedarf insoweit bei den gewählten Rechnungsprüfern Nachfrage halten. Aus den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich, dass der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern über die außerordentliche Kassenprüfung dem Bericht der Kassenprüfer zugrunde gelegen hat. Der vom Berufungsgericht in Bezug genommene Bericht der Rechnungsprüfer vom 5. November 2001 befasst sich ausdrücklich mit den Vorgängen im Zusammenhang mit der Stiftung "Wilhelm Lehmbruck Museum". Damit war die bundesrechtlich gebotene Mindestinformation der zur Entlastungsentscheidung berufenen Mitglieder der Vollversammlung erteilt worden. Dass der Kläger erst nachfolgend Mitglied der Vollversammlung geworden ist, kann diesen Befund nicht erschüttern.
c) Das Oberverwaltungsgericht hat für seine weitergehende Ansicht auch auf das Kommunalrecht hingewiesen. Diesen Erwägungen kann schon wegen der grundsätzlichen Unterschiede zwischen kommunaler und funktionaler Selbstverwaltung nicht gefolgt werden. Die Gemeinde regelt als Gebietskörperschaft gemäß der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Über Verfassungsbeschwerden der Gemeinden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 GG durch ein Gesetz entscheidet gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG das Bundesverfassungsgericht. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk, wenn nicht gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 4 GG eine Gemeindeversammlung besteht, in den Gemeinden eine Vertretung haben. Demgegenüber wird der Begriff der funktionalen Selbstverwaltung im Grundgesetz nicht verwandt, und Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts werden nur in wenigen Artikeln erwähnt, ohne eine den Gemeinden vergleichbare grundgesetzliche Regelung zu erfahren. Der Industrie- und Handelskammer stehen nur die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse zu. Die Stellung des Gemeinderates und seiner Mitglieder ist daher von Grundgesetzes wegen eine andere als diejenige der Vollversammlung und seiner Mitglieder, die ihre Rechtsstellung ausschließlich aus dem einfachen Gesetzesrecht ableiten. Ihre Rechtsstellung wird daher geprägt von der gesetzlich zugewiesenen Funktion. Bereits dieser Umstand steht einer Übertragung der Grundsätze des Kommunalverfassungsstreitverfahrens und der Rechtsstellung der Gemeinderatsmitglieder auf die Industrie- und Handelskammern als Träger der funktionalen Selbstverwaltung entgegen. Außerdem ist das Kommunalrecht als Landesrecht grundsätzlich nicht geeignet, als Hilfsmittel zur Auslegung des bundesrechtlichen Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Industrie- und Handelskammern herangezogen zu werden. Ob ein Ratsmitglied von dem Bürgermeister Einsicht in bestimmte Vorgänge verlangen kann, kann nur nach dem jeweils einschlägigen Landesrecht beantwortet werden (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 1989 - BVerwG 7 B 173.89 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 75 = NVwZ-RR 1990, 208).
2. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt, dass das Landesrecht einen Anspruch auf Einräumung der Einsicht in den Bericht der Rechnungsprüfungsstelle gewährt. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Anspruch hat es ausgeführt, dass die Mitwirkungsrechte der Mitglieder der Vollversammlung in den Grundzügen in der Satzung der Kammer geregelt seien. Es hat das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen sowie das Antrags- und Abstimmungsrecht angeführt. In Bezug auf einen Informationsanspruch im Zusammenhang mit der Entlastungsentscheidung hat es auf § 8 Abs. 3 der Satzung hingewiesen, dem zufolge wegen des Informationsanspruchs der Mitglieder Präsident und Hauptgeschäftsführer der Vollversammlung vor der Beschlussfassung Rechnung zu legen haben und die Rechnungsprüfer der Vollversammlung über das Ergebnis der Prüfung berichten. Ein weitergehendes, die Einsicht in den Bericht der Rechnungsprüfungsstelle einschließendes Recht hat es dem Satzungsrecht nicht entnommen. Die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts betreffen die Frage, ob dem nach dem Gesagten zu Unrecht "aus dem Gesetz" (UA S. 16) abgeleiteten Einsichtsrecht entgegenstehe, dass § 53 Abs. 3 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung der Kammer (HRKO) eine "Vertraulichkeitsvorschrift" sei. Wenn es in diesem Zusammenhang in den Entscheidungsgründen heißt, dass die Beurteilung, ob die Entlastung erteilt werden kann, die Kenntnis aller notwendigen Einzelheiten des Haushalts- und Wirtschaftsgebarens voraussetze, wozu auch der Inhalt des Prüfungsberichts gehöre, so lässt diese Wendung nicht deutlich werden, dass das Berufungsgericht dem Landesrecht eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Einsichtnahme in den Prüfungsbericht entnommen hat.
3. Falls die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils dahin verstanden werden müssten, dass das Oberverwaltungsgericht von seiner Auffassung eines gesetzlich bestehenden Einsichtsrechts ausgehend das Satzungsrecht der Kammer nicht auf das Bestehen einer Anspruchsgrundlage hin überprüft hätte, so läge es gemäß § 173 VwGO, § 563 Abs. 4 ZPO im Ermessen des erkennenden Senats, die dann fehlende Prüfung nachzuholen. Im Hinblick auf die vom Berufungsgericht bereits - wenn auch nur im Zusammenhang mit der Frage, ob Landesrecht dem von ihm angenommenen Anspruch entgegenstehen könnte - vorgenommene umfassende Prüfung des Satzungsrechts wäre dann von dem Ermessen dahin Gebrauch zu machen, dass das Revisionsgericht die Prüfung vornimmt. Sie ergäbe wegen des eindeutigen Fehlens einer das Einsichtsrecht begründenden Vorschrift der Satzungen (insbesondere §§ 4, 8 Abs. 3 der Satzung, §§ 53, 54 HRKO), dass das Satzungsrecht der Kammer keine Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch bietet.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.