Beschluss vom 14.11.2007 -
BVerwG 7 B 45.07ECLI:DE:BVerwG:2007:141107B7B45.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.11.2007 - 7 B 45.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:141107B7B45.07.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 45.07

  • Niedersächsisches OVG - 26.04.2007 - AZ: OVG 12 LB 62/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. November 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und Guttenberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der im Außenbereich wohnende Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Herstellung von Substrat für die Champignonzucht. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil nicht festzustellen sei, dass der Kläger durch die von dem Substratwerk ausgehenden Geruchsimmissionen unzumutbar beeinträchtigt werde. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

2 Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Fragen betreffen sämtlich die Auslegung und Anwendung der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL), die in Niedersachsen nach dem gemeinsamen Runderlass vom 14. November 2000 (MBl 2001, S. 224) bei der Beurteilung der von Anlagen i.S.d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen durch Gerüche heranzuziehen ist. Dieses Regelwerk enthält keine revisiblen Normen, sondern beruht auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen, auf deren Grundlage einheitliche Maßstäbe und Beurteilungsverfahren für die immissionsschutzrechtliche Bewertung von Gerüchen sichergestellt werden sollen. Die Auslegung der rechtlich nicht verbindlichen GIRL-Vorschriften ist damit keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung (Beschluss vom 7. Mai 2007 - BVerwG 4 B 5.07 - juris). Die unter Heranziehung dieser Erkenntnisse vorgenommene Sachverhaltswürdigung des Oberverwaltungsgerichts beschränkt sich auf eine Bewertung der Geruchsimmissionen im konkreten Fall und entzieht sich damit einer rechtsgrundsätzlichen Beurteilung. Davon abgesehen hat das Oberverwaltungsgericht sein Urteil selbständig tragend auf eine Einzelfallprüfung gestützt, der eine Abwägung aller von ihm als erheblich erachteten Umstände zugrunde liegt, die namentlich die Gebietsprägung, die Geruchsvorbelastung, Art und Maß der von der Substratanlage ausgehenden Gerüche sowie die Zumutbarkeit der gesamten Geruchsbelastung des Klägers berücksichtigt. Das Vorbringen der Beschwerde hierzu lässt klärungsbedürftige Rechtsfragen von allgemeiner, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht erkennen.

3 Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Beschwerde bemängelt, dass das Oberverwaltungsgericht über Hedonik und Intensität der Geruchsimmissionen am Haus des Klägers keinen Beweis erhoben habe. Da der Kläger keinen Beweisantrag gestellt hat, wäre in der unterlassenen Beweiserhebung nur dann ein Verfahrensfehler zu sehen, wenn sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung eine entsprechende Sachaufklärung aufgedrängt hätte. Dass diese Voraussetzung gegeben ist, legt die Beschwerde nicht dar. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Sachverhaltswürdigung die Ergebnisse der Immissionskontrollen des Beklagten in der Zeit vom 31. Januar 2000 bis zum 3. Juni 2001 sowie die Messberichte der Z.-Ingenieurgesellschaft zugrunde gelegt und daraus gefolgert, dass dem Kläger die festgestellten Geruchsimmissionen zuzumuten sind. Die Beschwerde setzt dieser Würdigung eine eigene, abweichende Bewertung entgegen; damit lässt sich der geltend gemachte Verfahrensfehler nicht begründen.

4 Ebenso wenig ist dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen, dass die Feststellungen eines umweltmedizinischen Gutachten der Universität Düsseldorf aus dem Jahr 1992 zu den von einer Substratanlage in N. ausgehenden Geruchsimmissionen für das Verfahren des Klägers verwertbare Erkenntnisse ergeben hätten. Damit fehlt es an der erforderlichen Darlegung, dass sich dem Oberverwaltungsgericht eine Berücksichtigung dieser Feststellungen aufdrängen musste. Nichts anderes gilt für das von der Beschwerde vorgelegte Schreiben der Polizeiinspektion C. an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. September 2000. Auf dieses Schreiben musste das Oberverwaltungsgericht schon deshalb nicht eingehen, weil die darin festgestellten Anwohnerbeschwerden einen Zeitraum betrafen, der nach seiner Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich war. Auch eine Ortsbesichtigung musste sich dem Oberverwaltungsgericht nicht aufdrängen. Angesichts dessen, dass an dem maßgeblichen Immissionspunkt von der Anlage der Beigeladenen ausgehende Geruchsimmissionen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nur während 2 % der Jahresstunden wahrnehmbar sind, wäre eine Ortsbesichtigung nicht geeignet gewesen, dem Gericht einen repräsentativen Eindruck über die Zumutbarkeit der entsprechenden Geruchsbelastung des Klägers zu vermitteln.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.