Verfahrensinformation

Zwei durch Inanspruchnahme ihrer Flächen betroffene Landwirte wenden sich wegen Existenzgefährdung ihrer Betriebe gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Autobahn A 61n von Kaldenkirchen bis zur deutsch-niederländischen Grenze. In den Verfahren geht es u.a. um die Anforderungen an die Prüfung von Trassenalternativen bei Staatsgrenzen überschreitenden Straßenbauvorhaben.


Urteil vom 14.04.2010 -
BVerwG 9 A 13.08ECLI:DE:BVerwG:2010:140410U9A13.08.0

Leitsätze:

1. Bei einer Staatsgrenzen überschreitenden Straßenplanung muss die Planfeststellungsbehörde in ihre Prüfung, namentlich in die Variantenuntersuchung, auch die durch die Weiterführung des Vorhabens auf fremdem Staatsgebiet berührten Belange einbeziehen. Anderes kann gelten, wenn der Teilstrecke auf deutschem Staatsgebiet bis zur Bundesgrenze nach den Grundsätzen zur Zulässigkeit einer Abschnittsbildung aufgrund ihrer Anbindung an das übrige Straßennetz eine selbstständige Verkehrsfunktion zukommt.

2. Die Planfeststellungsbehörde kann regelmäßig auch ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass ein Straßenbauvorhaben nicht zu einer Existenzgefährdung oder gar Existenzvernichtung eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs führt, wenn der Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen einen Anhaltswert von fünf Prozent der Betriebsfläche nicht überschreitet.

3. Die Prüfung der Existenzfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs ist grundsätzlich nach objektiven betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchzuführen. Die Planfeststellungsbehörde darf aber - ungeachtet betriebswirtschaftlicher Kategorien wie Eigenkapitalbildung und Faktorentlohnung - nicht die Augen vor einer Betriebsführung oder Bewirtschaftung verschließen, die dem Inhaber für einen beachtlichen Zeitraum eine - immerhin - eingeschränkte Existenzgrundlage sichert, weil dieser schlicht „von seiner Hände Arbeit“ lebt.

Urteil

BVerwG 9 A 13.08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
für Recht erkannt:

  1. Die Klagen werden abgewiesen.
  2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Gründe

I

1 Die Kläger, zwei durch Inanspruchnahme von Eigentums- bzw. Pachtflächen betroffene Landwirte, wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. Dezember 2007 für den Neubau der Autobahn A 61 von der Anschlussstelle Kaldenkirchen bis zur deutsch-niederländischen Grenze.

2 Derzeit endet die A 61 nördlich von Kaldenkirchen an der Bundesgrenze zu den Niederlanden in der Ortslage Schwanenhaus an der gleichnamigen Grenz- und Zollstation und mündet auf dem Gebiet der niederländischen Stadt Venlo in den Straßenzug „Keulse Barriere“, der nach ca. 0,5 km zu dem Kreisverkehrsplatz „Keulse Plein“ führt. Die zuletzt genannten Straßen haben primär städtische und regionale Funktion; ein Anschluss an das niederländische Autobahnnetz ist nur auf längeren Umwegen möglich. Derzeit kommt es - nicht zuletzt wegen des hohen Anteils des Güterfernverkehrs - zu erheblichen Engpässen im Verkehrsfluss. Um den derzeitigen und künftig zu erwartenden Verkehr sicher und reibungslos bewältigen zu können, soll mit der Neubaustrecke der A 61 und ihrer Fortsetzung auf niederländischem Staatsgebiet eine durchgehende leistungsfähige Fernstraßenverbindung zwischen dem deutschen und dem niederländischen Autobahnnetz (geplante Maastal-Autobahn A 73 in den Niederlanden) geschaffen werden.

3 Gegenstand des planfestgestellten Vorhabens ist der Neubau eines rund 2,96 km langen Autobahnabschnitts von der nordöstlich von Kaldenkirchen gelegenen Anschlussstelle Kaldenkirchen bis zur deutsch-niederländischen Grenze (Bau-km 0+097,752 bis 3+060,00) einschließlich einer neuen Anschlussstelle nördlich von Kaldenkirchen sowie notwendiger Folgemaßnahmen. Die vierstreifige Neubaustrecke der A 61 im Regelquerschnitt RQ 29,5 beginnt im Osten in Höhe der genannten Anschlussstelle, zweigt nach rund 0,5 km von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden bisherigen Trasse der A 61 ab und verläuft in Richtung Westen bis zur Bundesgrenze. Auf niederländischem Staatsgebiet soll sich die Autobahntrasse als „Rijksweg 74“ (RW 74/A 74) fortsetzen. Das nach dem Abzweig der Neubaustrecke verbleibende nördliche Reststück der bisherigen A 61 (ab Bau-km 2+470) bis zur Bundesgrenze und der dort gelegenen Zollstation soll zurückgebaut werden; an ihrer Stelle soll die als notwendige Folgemaßnahme planfestgestellte „Basisstraße“ im Regelquerschnitt RQ 10,5 mit einer neuen Anschlussstelle bei Bau-km 1+088 die Verbindung zwischen der A 61 und dem Kreisverkehrsplatz „Keulse Plein“ in Venlo herstellen.

4 Die geplante Neubautrasse verläuft durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet und zerschneidet Eigentums- bzw. Pachtflächen der beiden Kläger. Diese sind in ihrer Flächenbetroffenheit (teilweise) miteinander verbunden, weil auch Flächen in Anspruch genommen werden sollen, die im Eigentum des Klägers zu 2 stehen und die der Kläger zu 1 von diesem gepachtet hat.

5 Der Kläger zu 1 ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Spargel- und Erdbeeranbau in N. Der zugehörige Grundbesitz umfasst nach seinen Angaben derzeit rund 122 ha, davon 43 ha Eigentumsflächen und 79 ha meist langfristig gepachtete Flächen. Durch das Vorhaben sollen (nach letztem Stand/Deckblatt D) rund 5,6 ha der Gesamtbetriebsfläche, nämlich rund 1,85 ha Eigentumsflächen (aus den Flurstücken 299, 306 und 307, Flur 13, Gemarkung K.) und rund 3,77 ha Pachtflächen (aus den Flurstücken 27, 314, 333 und 34, dieselbe Flur), in Anspruch genommen werden. Mit unwirtschaftlichen Restflächen beträgt der Landverlust insgesamt rund 6,1 ha. Der Kläger zu 2 ist Inhaber eines überwiegend auf den Anbau von Spargel und Porree spezialisierten landwirtschaftlichen Betriebs in N. Der zugehörige Grundbesitz umfasst nach seinen Angaben derzeit rund 8,34 ha, davon rund 7,14 ha Eigentums- und 1,2 ha Pachtflächen. Weitere 4,14 ha hat der Kläger zu 2 von dem Kläger zu 1 hinzugepachtet und im Gegenzug die Grundstücke Flur 13 Flurstücke 27, 314, 333 in einer Größe von ebenfalls 4,14 ha bis 2024 an den Kläger zu 1 verpachtet. Durch das Vorhaben sollen rund 2,9 ha Eigentumsflächen (Flur 13, Flurstücke 27, 314, 333, 334) in Anspruch genommen werden, und zwar für die Trasse selbst 1,97 ha sowie für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen 0,96 ha. Mit unwirtschaftlichen Restflächen beträgt der Landverlust insgesamt rund 3,4 ha.

6 Die Planungen für das Vorhaben gehen bis in die 1990er Jahre zurück. Kern der Planung ist der Bau des Rijksweg 74 auf niederländischem Staatsgebiet als Bestandteil einer sog. Hinterlandverbindung zwischen der niederländischen Randstad und dem deutschen Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet. In einer 1995 ausgelegten „Startnotiz“ wurde die Machbarkeit und Notwendigkeit dieser Autobahn erläutert. In der Folgezeit wurde eine „Trajéctnota/MER“ (Streckennote), eine Art Umweltverträglichkeitsstudie, erstellt, die grenzüberschreitend auch in Deutschland durchgeführt wurde. Darin erfolgte eine Bestandsaufnahme der Probleme der Verkehrswegestruktur in und um Venlo. Im Rahmen der Studie wurden 19 Alternativen vorgestellt, die sowohl östlich als auch südlich von Venlo verlaufen, und deren Auswirkungen auf die Umwelt untersucht. Die Trajéctnota/MER lag vom 28. Mai bis 23. Juli 2001 in den Niederlanden und Deutschland zur Einsichtnahme aus. Es gingen rund 120 Reaktionen Privater ein, ferner weitere behördliche Stellungnahmen. Am 7. November 2002 entschied sich der niederländische Minister für Verkehr und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem deutschen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für die südlich von Venlo verlaufende Variante P-b1 (sog. „Plateau-Variante“) als Präferenztrasse. Am 13. April 2005 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande ein Staatsvertrag „über den Zusammenschluss der deutschen Autobahn A 61 und der niederländischen Autobahn A 74“ geschlossen (Bekanntmachung vom 3. Januar 2006, BGBl 2006 Teil II S. 86 ff.).

7 Mit Schreiben vom 7. März 2005 leitete der Beklagte als Vorhabenträger die Planunterlagen zur Durchführung des Anhörungsverfahrens der damals zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf zu. Die Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung, die den Hinweis auf die gesetzliche Frist zur Geltendmachung von Einwendungen und auf deren Ausschluss im Falle der Fristversäumnis enthielt, in der Zeit vom 26. April 2005 bis einschließlich 27. Mai 2005 in der Stadt N. und in der niederländischen Stadt Venlo zu jedermanns Einsicht aus.

8 Beide Kläger erhoben in einem ersten (jeweils separaten) Einwendungsschreiben vom 23. bzw. 24. Juni 2005 Einwendungen, in denen sie sich insbesondere gegen die Variantenauswahl und die Beeinträchtigung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe wandten und die sie auch in dem am 20. und 22. Juni 2006 durchgeführten Erörterungstermin aufrecht erhielten.

9 Die ausgelegten Planunterlagen wurden vom Beklagten als Vorhabenträger aus Anlass von Einwendungen und als Ergebnis der Erörterungen in drei Deckblattverfahren geändert (Deckblatt A vom 17. Mai 2006, Deckblatt B vom 21. Juni 2007, Deckblatt C vom 20. November 2007). Durch das Deckblatt A erfolgte eine Anpassung des Kompensationskonzepts und in diesem Zusammenhang auch eine Reduzierung der flächenmäßigen Betroffenheit der Kläger. Gegenstand des Deckblatts B war vor allem der Wegfall der bislang vorgesehenen Grenzkontrollstation des BGS, Änderungen bei der Anbindung der „Basisstraße“ und bei Wirtschaftswegen und sowie eine Modifizierung des Landschaftspflegerischen Begleitplans. Beide Kläger nahmen durch ihren Prozessbevollmächtigten zu dem Deckblatt B jeweils in weiteren Einwendungsschreiben vom 25. Juli bzw. 23. August 2007 Stellung. Mit dem Deckblatt C wurde der Zuschnitt der Ausgleichsmaßnahme A 4 (erneut) und der Standort der Ersatzmaßnahmen E 3 auf den Flurstücken 299, 306 und 307 der Flur 13 (Eigentums- bzw. Pachtflächen des Klägers zu 1) geändert.

10 Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 28. Dezember 2007 stellte der Beklagte das Vorhaben gemäß den in Bezug genommenen Planunterlagen fest. Den von der Planung betroffenen Grundstückseigentümern wurde für Flächenverluste, Ertragsminderungen und Mehrwege ein Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach zugesprochen. Die Einwendungen Privater, soweit sie nicht durch Planänderungen, Zusagen der Straßenbauverwaltung oder Auflagen berücksichtigt und damit erledigt worden waren, wurden zurückgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss ging davon aus, dass der Betrieb des Klägers zu 1 nicht in seiner Existenz gefährdet werde, weil er aufgrund der verbleibenden Betriebsgröße, der Größe und Bewirtschaftbarkeit der Restflächen und der geltenden EU-Ausgleichszahlungen weiterhin lebensfähig sei. Für den Kläger zu 2 verneinte der Planfeststellungsbeschluss eine straßenbaubedingte Existenzgefährdung des Betriebs, weil bereits derzeit kein existenzfähiger landwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Für den Fall, dass der Trassenverlauf des „Rijksweg RW 74“ im Anschlussbereich an die A 61 geändert werden sollte, behielt sich der Beklagte unter A. 7.1 eine nachträgliche Entscheidung bzw. die Durchführung eines ergänzenden oder neuen Rechtsverfahrens für den Neubau der A 61 vor.

11 Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend: Der Planfeststellungsbeschluss sei formell rechtswidrig, weil die im nordrhein-westfälischen Landesrecht angeordnete Doppelzuständigkeit des Beklagten als Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde gegen höherrangiges Recht verstoße. Eine Linienbestimmung gemäß § 16 FStrG sei verfahrensfehlerhaft nicht erfolgt. Dem Vorhaben fehle die erforderliche Planrechtfertigung. Die Variantenauswahl beruhe auf einer fehlerhaften Abwägung, weil der Beklagte sich an die durch die zuständigen Ministerien auf niederländischer und deutscher Seite erfolgte Festlegung zugunsten der sog. Plateauvariante (P-b1-Variante) als verbindliche Vorgabe gebunden gefühlt habe. Die Belange der Kläger seien nicht ordnungsgemäß abgewogen worden. Entgegen den eingeholten landwirtschaftlichen Gutachten würden beide Betriebe durch das Vorhaben in ihrer Existenz gefährdet. In dem Gutachten zum Betrieb des Klägers zu 1 sei insbesondere fehlerhaft, dass die diesem seit der sog. GAP-Reform zustehenden Betriebsprämien berücksichtigt worden seien. Beim Kläger zu 2 sei verkannt worden, dass dieser mit seinem Betrieb einen ansehnlichen Gewinn von jährlich rund 31 000 € erwirtschafte, der die Privatentnahmen abdecke und dem Kläger zu 2 bis zu dessen Eintritt in das Rentenalter weiterhin eine gesicherte Existenzgrundlage biete. Bei zutreffender Berücksichtigung der Existenzgefährdung der klägerischen Betriebe hätte die Variantenauswahl zugunsten der sog. Klagenfurtlaan-Trasse (K-b1-Variante) als vorzugswürdig ausgehen müssen. Der vorgesehene Entscheidungsvorbehalt sei rechtswidrig und offenbare, dass der Beklagte die Fortführung des Autobahnbaus auf niederländischem Gebiet offenbar noch nicht als gesichert ansehe. Der Beklagte habe ferner nicht untersucht, ob Ersatzlandflächen vorhanden seien und ob im Rahmen einer Unternehmensflurbereinigung die Beeinträchtigung der Kläger durch Umlage der Landverluste auf einen größeren Kreis von Eigentümern gemindert werden könnte.

12 In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte im Wege einer Planergänzung durch das Deckblatt D die Inanspruchnahme von Flächen des Klägers zu 1 um weitere rund 0,9 ha auf den eingangs wiedergegebenen Umfang verringert.

13 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. Dezember 2007 in der Fassung der Ergänzung vom 14. April 2010 durch das Deckblatt D aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

14 Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen,
und verteidigt den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss.

II

15 Die Klagen sind unbegründet.

16 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in der Fassung, die er durch die in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010 erfolgte Planergänzung durch das Deckblatt D erfahren hat, leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger mit der Rechtsfolge einer - vollständigen oder teilweisen - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (Hauptantrag) oder zumindest Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (Hilfsantrag) in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17 1. Der Planfeststellungsbeschluss ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

18 a) Der Beklagte war für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses sachlich zuständig (§ 17b Abs. 1 Nr. 6 Satz 1, § 22 Abs. 4 Satz 2 FStrG i.V.m. § 4 Abs. 1a FStrGDV NRW). Die verordnungsrechtliche Zuständigkeitsübertragung an ihn verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, obwohl er zugleich zur Wahrnehmung der Aufgaben des Vorhabenträgers zuständig ist (vgl. Art. 3 § 1 Abs. 2 und 3 des Zweiten ModernG NRW). Diese Doppelzuständigkeit ist entgegen der Auffassung der Kläger mit § 17a FStrG i.V.m. § 73 Abs. 1 VwVfG, § 17b FStrG i.V.m. § 74 Abs. 1 VwVfG vereinbar, wie der Senat bereits eingehend dargelegt hat (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 24 f. m.w.N.). Hierauf wird Bezug genommen. Das Klagevorbringen enthält keine Gesichtspunkte, die Anlass gäben, von dieser Beurteilung abzuweichen. Danach ist die gebotene neutrale Aufgabenwahrnehmung durch den Beklagten als Planfeststellungsbehörde jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist. Dies ist im Streitfall aus den in der genannten Entscheidung angeführten Gründen gegeben.

19 b) Entgegen der Ansicht der Kläger ist der Planfeststellungsbeschluss nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil kein Linienbestimmungsverfahren durchgeführt worden ist. Die Linienbestimmung ist weder eine formelle noch eine materielle Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung. Sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Rechtliche Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Straßenbaulast und gegenüber Dritten erlangt sie erst dadurch, dass sie in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses ihren Niederschlag findet (stRspr, vgl. Urteile vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> und vom 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 - BVerwGE 62, 342 <343 ff.>). Ein Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm kein Linienbestimmungsverfahren vorangegangen ist oder weil er von der festgelegten Linie abweicht. Umgekehrt lässt sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den ministeriellen Vorgaben entspricht. Vielmehr muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen genügen. Entscheidend und ausreichend ist, ob die Planfeststellungsbehörde eine eigene, selbstständige Abwägung zur Trassenwahl vorgenommen hat, ohne sich an die Linienbestimmung gebunden zu fühlen, und ob sie insgesamt eine auf aktuellen sachverständigen Stellungnahmen beruhende Entscheidung über das Planvorhaben getroffen hat (Beschlüsse vom 22. Juni 1993 - BVerwG 4 B 45.93 - VkBl 1995, 210 und vom 29. November 1995 - BVerwG 11 VR 15.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 7 S. 16; zuletzt Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 26).

20 2. Der Planfeststellungsbeschluss ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

21 Die Planrechtfertigung des Vorhabens ist gegeben. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes - 5. FStrAbÄndG - in der Fassung vom 4. Oktober 2004, BGBl I S. 2574) unter der lfd. Nr. 158 („Netzschluss bei Venlo <Bgr. D/NL>“) als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen. Für eine Überschreitung der gesetzgeberischen Ermessensgrenzen ist nichts ersichtlich. Darüber hinaus wird das besondere öffentliche Interesse an der Verwirklichung beider Autobahnabschnitte dokumentiert und unterstrichen durch den Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande vom 13. April 2005 (BGBl 2006 II S. 86) mit der darin für das Jahr 2007 vorgesehenen Fertigstellung dieses grenzüberschreitenden Vorhabens. Im Planfeststellungsbeschluss selbst (S. 40 f.) sind die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele dahingehend beschrieben, dass angestrebt werde, den Straßenverkehr zwischen den beiden Staaten sowie den Durchgangsverkehr durch die Hoheitsgebiete zu erleichtern und das transeuropäische Straßennetz zu vervollständigen. Das sind Ziele, die das Vorhaben mit Blick auf die vom Bundesfernstraßengesetz verfolgten Ziele als vernünftigerweise geboten erscheinen lassen.

22 Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen das fachplanerische Abwägungsgebot (§ 17 Satz 2 FStrG). Ein erheblicher, d.h. ergebnisrelevanter Abwägungsmangel liegt nicht vor. Der Beklagte hat der Besonderheit, dass es sich um ein Staatsgrenzen überschreitendes Straßenbauvorhaben handelt, in der gebotenen Weise Rechnung getragen (a) und sich insbesondere durch die vorangegangenen ministeriellen Entscheidungen zur Trassenwahl nicht gebunden gefühlt (b). Die Belange der beiden Kläger, insbesondere die geltend gemachte Existenzgefährdung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe (c), sind - beim Kläger zu 2 jedenfalls im Ergebnis - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen worden. Auch die weiter geltend gemachten Abwägungsmängel liegen nicht vor (d).

23 a) Der Beklagte hat bei der Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden öffentlichen und privaten Belange seine Betrachtung zutreffend nicht auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt (Zusammenstellung des Abwägungsmaterials). Bei einer Straßenplanung, die - wir hier - dadurch gekennzeichnet ist, dass es gerade um den Anschluss mit einer Fernstraßenverbindung auf fremdem Staatsgebiet geht, kann nicht allein national geplant werden. Eine Abwägung, insbesondere eine Variantenuntersuchung, die sich allein auf eine Betrachtung der von dem Vorhaben betroffenen Belange auf deutschem Staatsgebiet beschränkte, griffe zu kurz. In diesen Fällen wird die Abwägung vielmehr maßgeblich auch davon bestimmt, ob und wie die allen Belangen gerecht werdende Trassenführung jenseits der Bundesgrenze gestaltet werden soll. Anderes kommt allenfalls dann in Betracht, wenn nach den Grundsätzen zur Zulässigkeit einer Abschnittsbildung der Teilstrecke auf deutschem Staatsgebiet bis zur Bundesgrenze aufgrund ihrer Anbindung an das übrige Straßennetz eine selbstständige Verkehrsfunktion zukommt (vgl. den Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 90); dieser Sonderfall liegt hier nicht vor. Das mit Anhörung der betroffenen Behörden und der Öffentlichkeit in beiden Staaten durchgeführte Streckennotenverfahren (Trajéctnota-/MER-Verfahren), das der Sache einer Umweltprüfung im Sinne des deutschen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) gleichkam, war eine sachgerechte Verfahrensform, diese grenzüberschreitende Betrachtung auf der Ebene der Linienbestimmung durchzuführen (zur UVP-Pflicht grenzüberschreitender Vorhaben vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - Rs. C-205/08 - ZUR 2010, 255 <Rn. 53 ff.>). Auch im Rahmen der Abwägung selbst hat der Planfeststellungsbeschluss in zutreffender Weise sowohl die auf deutscher als auch die auf niederländischer Seite durch das Vorhaben berührten Belange in die Betrachtung einbezogen.

24 b) Die auf ein Abwägungsdefizit zielende Rüge der Kläger, der Beklagte habe sich an die Vorfestlegungen durch das vorangegangene grenzüberschreitende Streckennotenverfahren gebunden gefühlt und eine eigene Variantenprüfung unterlassen, ist unberechtigt. Der Planfeststellungsbeschluss enthält eine eigenständige Variantenprüfung (unter B. 5.3.3, S. 46 ff.). Zwar finden sich an anderer Stelle des Beschlusses (unter B. 2.3, S. 24/25) auch Formulierungen, wonach durch die ministerielle Entscheidung der Grenzübergangspunkt „in Lage und Höhe festgelegt“ worden sei und dies eine „verbindliche Vorgabe für die Linienführung (...) auf deutschem Staatsgebiet“ gewesen sei (ähnlich S. 29 viertletzter Absatz), die - wie die Kläger rügen - auf eine Vorfestlegung hindeuten. Doch weist der Planfeststellungsbeschluss wiederum an anderer Stelle (unter B. 4.4, S. 28) ausdrücklich darauf hin, dass die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen getroffene Entscheidung, auf ein Linienbestimmungsverfahren zu verzichten und das Ergebnis des niederländischen Streckennotenverfahrens zu übernehmen, lediglich den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bindung habe und dass die bestimmte Linie im Rahmen der Prüfung der im Planfeststellungsverfahren geforderten Varianten zur erneuten Disposition stehe. Weiter heißt es, dass die Wahl der Präferenztrasse und die Festlegung des Grenzübergangspunktes in Lage und Höhe nicht als Vorgabe der niederländischen Straßenbauverwaltung zu verstehen, sondern das Ergebnis der durchgeführten Untersuchungen und Abstimmungen sowie entsprechender Abwägungen auf beiden Seiten sei (PFB S. 52 oben). Hiernach ist die oben zitierte Formulierung - wie es ihr Wortlaut nahelegt - lediglich als Verzicht auf eine (an sich erforderliche eigene, deutsche) Linienbestimmung, aber nicht als Festlegung für die genauere Variantenauswahl zu verstehen.

25 c) Die Belange der beiden Kläger, insbesondere die geltend gemachte Existenzgefährdung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe, sind in einer den rechtlichen Anforderungen (aa) genügenden Weise berücksichtigt worden. Für den Kläger zu 1 gilt dies ohne Einschränkung (bb). Hinsichtlich des Klägers zu 2 leidet der Planfeststellungsbeschluss zwar insoweit an einem Abwägungsmangel (cc), der sich jedoch im Ergebnis (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG) nicht ausgewirkt hat (dd).

26 aa) Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 Abs. 1 und 2 FStrG) Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (§ 17 Satz 2 FStrG) grundsätzlich auseinander setzen muss. Zeichnet sich eine solche Gefährdung ernsthaft ab, darf die Planfeststellungsbehörde nicht die Augen vor der Tragweite ihrer Entscheidung verschließen (Urteile vom 27. März 1980 - BVerwG 4 C 34.79 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 34 S. 109 und vom 28. Januar 1999 - BVerwG 4 A 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 S. 5 ff.). Ist die Frage der Existenzgefährdung oder -vernichtung für das Abwägungsergebnis der konkreten Planung ausschlaggebend, muss sich die Planfeststellungsbehörde Klarheit darüber verschaffen, ob geeignetes Ersatzland zur Verfügung steht, um die Gefährdung oder Vernichtung des Betriebs zu vermeiden. Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Einwand ist lediglich dann entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde die behauptete Existenzgefährdung im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung (hypothetisch) zugrunde legt, was unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll (vgl. Urteil vom 27. März 1980 a.a.O. S. 110 ff.). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (Urteil vom 28. Januar 1999 a.a.O. S. 6).

27 Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-) Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. etwa VGH München, Urteil vom 24. Mai 2005 - 8 N 04.3217 - VGHE 58, 155 <164> m.w.N).

28 Bedarf es einer sachverständigen Begutachtung, ist diese grundsätzlich nach objektiven betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchzuführen. Zu prüfen ist, ob der Betrieb längerfristig existenzfähig ist. Dieser Maßstab rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist. Daher fehlt landwirtschaftlichen Betrieben, die ihrerseits keine Aussicht auf längerfristige Existenz haben, regelmäßig das erforderliche Gewicht, um das für das Planvorhaben sprechende öffentliche Interesse zu überwinden. Bei Betrieben, die ohnehin nicht lebensfähig sind (den Eingriff durch das Vorhaben hinweggedacht), ist eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung regelmäßig zu verneinen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. September 2004 - 7 LB 371/01 - NuR 2005, 119 <120> = NdsVBl 2005, 239). Eine auf nur momentanen betriebsspezifischen Besonderheiten beruhende Existenzgefährdung muss die Planfeststellungsbehörde in der Abwägung nicht gesondert berücksichtigen (Beschluss vom 30. September 1998 - BVerwG 4 VR 9.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 142 S. 291 f.). Dasselbe gilt bei einer zukünftigen Betriebsentwicklung, die noch nicht konkretisiert ist und sich im Wege der Prognose nicht hinreichend sicher abschätzen lässt (Urteile vom 28. Januar 1999 - BVerwG 4 A 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 S. 5 und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 35.07 - juris Rn. 25). Andererseits darf die Planfeststellungsbehörde im obigen Sinne nicht die Augen vor einer besonderen Art der Betriebsführung oder Bewirtschaftung verschließen, wenn diese dem Inhaber für einen beachtlichen Zeitraum eine gesicherte Existenzgrundlage bietet, die seinen (möglicherweise bescheidenen) Lebensansprüchen genügt, weil er so - ungeachtet betriebswirtschaftlicher Kategorien wie Eigenkapitalbildung und Faktorentlohnung - schlicht „von seiner Hände Arbeit“ leben kann. Auch eine solche - immerhin - eingeschränkte Existenzfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs ist ein im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigender Belang.

29 bb) Ausgehend von diesem Maßstab hat der Beklagte eine Existenzgefährdung des Betriebs des Klägers zu 1 zu Recht verneint. Dies folgt schon daraus, dass bei seinem Betrieb infolge der in der mündlichen Verhandlung durch das Deckblatt D vorgenommenen weiteren Reduzierung der Flächeninanspruchnahme um rund 0,9 ha nunmehr nur noch von einem Verlust von rund 5,6 ha (einschließlich unwirtschaftlicher Restflächen rund 6,1 ha) auszugehen ist. Dies sind bei einer nach Angaben des Klägers zu 1 sich auf rund 122 ha belaufenden Gesamtbetriebsfläche lediglich rund 4,6 Prozent (bzw. 4,2 Prozent) derselben und liegt somit unter dem oben genannten Anhaltswert von fünf Prozent, bis zu dem eine Existenzgefährdung regelmäßig ausgeschlossen werden kann.

30 Das wird bestätigt durch die - die letzte Reduzierung der Flächeninanspruchnahme durch das Deckblatt D noch nicht berücksichtigende - sachverständige Begutachtung des Betriebs durch den Beklagten vom 8. November 2007 (Frau Dipl.-Agrar-Ing. Ku.), die nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben zu einer deutlichen Überdeckung der Faktoransprüche und im Ergebnis zur Existenzfähigkeit des Betriebs des Klägers zu 1 gelangt. Dessen Einwand, im Rahmen dieser Begutachtung hätten die seinem Betrieb zustehenden EU-Aus-gleichszahlungen nicht berücksichtigt werden dürfen, geht fehl. Seit der im Jahr 2005 in Kraft getretenen Umstellung des EU-Agrarbeihilferechts (sog. GAP-Reform) erhalten landwirtschaftliche Betriebe Förderleistungen nach Maßgabe der im nationalen Recht geregelten Voraussetzungen des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes. Diese (nunmehr) Zahlungsansprüche genannten Förderleistungen sind nicht mehr flächenbezogen an die landwirtschaftliche Produktion auf konkreten Nutzflächen geknüpft, sondern basieren auf dem Gesamtumfang der bewirtschafteten Flächen. Sie sind von der Nutzung konkreter Flächen entkoppelte Beihilfen zur Verbesserung der Einkommensverhältnisse des Betriebsinhabers (EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - Rs. C-470/08 - AUR 2010, 78 Rn. 27; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2008 - BVerwG 9 C 1.08 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 89 Rn. 20 m.w.N.). Diese Zweckbestimmung rechtfertigt es, die Beihilfezahlungen bei der betriebswirtschaftlichen Begutachtung eines Landwirtschaftsbetriebs zu berücksichtigen, für die sie vielfach eine verlässliche, stete Einkommensgrundlage bilden. Entgegen der Ansicht des Klägers zu 1 sind die Ausgleichszahlungen nicht bis 2013 begrenzt. Dieses Jahr ist lediglich insoweit bedeutsam, als die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, bis zu diesem Zeitpunkt das derzeit national geltende sog. Kombimodell, eine Kombination aus Betriebsprämien- und Regionalmodell, in ein reines Regionalmodell umzuwandeln, wobei schon jetzt festgelegt ist, auf welchem Betragsniveau die Zahlungsansprüche ab dem Jahr 2013 sein werden (vgl. Schmitte, AUR 2005, 80 <81>). Dass die Zahlungsansprüche in der Höhe schwanken und Agrarbeihilfen in der Vergangenheit wechselhaften agrarpolitischen Entscheidungen der Europäischen Union unterworfen waren, ändert nichts daran, dass sie im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Begutachtung zu berücksichtigen sind.

31 cc) Hinsichtlich des Betriebs des Klägers zu 2 dagegen sind die Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses nicht frei von Abwägungsmängeln. Dort führt der Beklagte aus, dass der Betrieb des Klägers zu 2 „nach Berücksichtigung der Faktorentlohnung bereits heute und somit auch langfristig nicht existenzfähig“ sei. Der Beklagte ist der Auffassung, es fehle daher an einer vorhabenbedingten, d.h. erst durch das Vorhaben ausgelösten Existenzgefährdung. Dies wird dem Inhalt der landwirtschaftlichen Begutachtung des Betriebs des Klägers zu 2 nicht gerecht. In dem Gutachten von Frau Dipl.-Agrar-Ing. Ku. vom 6. November 2007 zum Betrieb des Klägers zu 2 heißt es, der Betrieb erwirtschafte ohne das planfestzustellende Vorhaben einen Deckungsbetrag von rund 70 000 € und einen Gewinn von rund 31 500 €. Nach Abzug eines für einen Ein-Personen-Haushalt anzusetzenden Betrags von Privatentnahmen in Höhe von 24 000 € (ohne Vermögensbildung) verblieben rund 7 500 € für eine mögliche Eigenkapitalbildung. Dieser Betrag sei „gerade ausreichend für eine langfristige Existenzsicherung eines Betriebes in dieser Größenordnung“. Erst bei Berücksichtigung der sog. Faktorentlohnung werde das betriebswirtschaftliche Ergebnis negativ. Bei Verwirklichung des Vorhabens reduziere sich der Gewinn auf unter 21 000 € und werde die Eigenkapitalbildung negativ, vollends bei Berücksichtigung der Faktorentlohnung (Gutachten Ku. S. 10 f.).

32 Hiernach ist der Betrieb des Klägers zu 2 - bei Außerachtlassung der betriebswirtschaftlichen Faktorentlohnung - derzeit und auf absehbare Zeit immerhin eingeschränkt existenzfähig. Er wäre - würde das Vorhaben nicht verwirklicht - auch weiterhin geeignet, dem beim Erlass des Planfeststellungsbeschlusses 59-jährigen Kläger zu 2 voraussichtlich bis zum Eintritt in das Rentenalter eine ausreichende - möglicherweise nur bescheidenen Ansprüchen genügende - Lebensgrundlage zu sichern. Dagegen spielen betriebswirtschaftliche Kategorien wie Eigenkapitalbildung oder Faktorentlohnung bei einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb keine oder eine nur untergeordnete Rolle, der - wie hier - allein von dem Betriebsinhaber geführt wird. Diese im oben beschriebenen Sinne eingeschränkte Existenzfähigkeit wird dem Betrieb des Klägers zu 2 durch das Vorhaben entzogen. Das hat der Planfeststellungsbeschluss nicht in den Blick genommen, indem er davon ausgegangen ist, der Betrieb sei schon jetzt nicht existenzfähig.

33 dd) Dieser Abwägungsmangel ist jedoch nicht von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen und deshalb gemäß § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich. Denn es besteht nicht die konkrete Möglichkeit, dass der Beklagte bei Berücksichtigung dieser Eingriffsfolge eine andere Trassenentscheidung getroffen hätte. Der Planfeststellungsbeschluss betont ausdrücklich, dass das erhebliche öffentliche Interesse an der Schaffung eines verkehrssicheren und leistungsfähigen Straßenzuges das private Interesse der Einwender, von Eingriffen in ihr Eigentum verschont zu bleiben, selbst dann überwiege, wenn sich die Veränderungen bis hin zu einer Existenzgefährdung verdichten würden (vgl. PFB S. 77 unten, wobei diese Passage sich offensichtlich nicht allein auf den zuvor in einem Absatz behandelten Einwender Nr. 34 bezieht, sondern allgemein gilt). In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zudem nachvollziehbar und in Einklang mit den für die Trassenwahl angestellten Voruntersuchungen (PFB S. 53 unten) erläutert, dass eine alternative Trassenführung vor allem aus Gründen der überregionalen Verkehrsführung im Raum Venlo, ferner aus Gründen des Naturschutzes ausgeschieden wurde.

34 Die Kritik der Kläger an der Alternativenprüfung vermag nicht zu überzeugen. Letztere hat - wie bereits erwähnt (sub 2 a) - auch die durch das Vorhaben berührten Belange auf niederländischem Staatsgebiet mit in den Blick zu nehmen. Von daher ist unbehelflich, dass die von den Klägern favorisierten (weil ihre Inanspruchnahme vermeidenden) Klagenfurtlaan-Alternativen den Vorteil einer auf deutschem Staatsgebiet kürzeren Ausbaustrecke (unter teilweiser Nutzung der bisherigen Trasse) mit sich brächten und von daher auch kostengünstiger wären. Der Planfeststellungsbeschluss räumt selbst ein, dass die Klagenfurtlaan-Varianten und die planfestgestellte Plateauvariante Pb-1 im Trassenvergleich nahe beieinander liegen. Gleichwohl verbleiben Unterschiede: Wie der Beklagte durch den naturschutzfachlichen Gutachter Dipl.-Ing. S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert hat, wären die Klagenfurtlaan-Alternativen auf niederländischem Staatsgebiet mit nachteiligen Auswirkungen für die Belange des Naturschutzes verbunden, namentlich für das Vogelschutzgebiet Schwalm-Nette, an das die Trasse bis auf 200 Meter heranrücken würde, für das Vogelschutzgebiet Krickenbecker Seen und das ornithologisch wertvolle Gebiet Groote Heide. Vor allem aber hat der Beklagte für die planfestgestellte Lösung überzeugend hervorgehoben, dass sie die gewünschte Diversifizierung des Fernverkehrs ermögliche, dem mit der westlich von Venlo gelegenen A 73 und der planfestgestellten Trasse im Süden ein zweites Angebot zur Umfahrung von Venlo und zur Vermeidung der stark belasteten nördlich von Venlo verlaufenden A 67/A 40 (E 34) eröffnet werden soll.

35 d) Auch die weiter geltend gemachten Abwägungsmängel liegen nicht vor.

36 aa) Der Einwand, die Abwägung sei mangelhaft, weil die Möglichkeit einer Ersatzlandgestellung nicht geprüft worden sei, ist unberechtigt. Richtig ist, dass diese (eigentlich dem Entschädigungsverfahren vorbehaltene) Frage von der Planfeststellungsbehörde jedenfalls dann bereits im Rahmen der Abwägung behandelt werden muss, wenn dadurch eine ansonsten drohende Existenzgefährdung vermieden werden kann (Urteil vom 28. Januar 1999 - BVerwG 4 A 18.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146 S. 6 f.). Etwas anderes gilt, wenn die Planfeststellungsbehörde keinen Zweifel daran lässt, dass sie das Planungsvorhaben selbst um den Preis einer Existenzvernichtung verwirklicht sehen will. Das hat der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss getan (S. 80 oben, S. 77 unten). Im Übrigen macht der Beklagte unwidersprochen geltend, dass im fraglichen Raum wegen des „Flächendrucks“ infolge der Grenzlage zu den Niederlanden und infolge des parallel geplanten Gewerbegebiets „VeNeTe“ objektiv keine Chance auf die Beschaffung von hofnahem Ersatzland vorhanden ist. Auch insoweit wäre ein etwaiger Abwägungsmangel daher nicht entscheidungserheblich i.S.v. § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG.

37 bb) Nichts anderes gilt für den weiteren Vorwurf der Kläger, ein Abwägungsmangel liege darin, dass die Möglichkeit einer Minderung der Eigentumsbeeinträchtigung im Rahmen einer Unternehmensflurbereinigung nicht geprüft worden sei. Zum einen ist die Frage, ob zur Minderung der Auswirkungen eines Planvorhabens eine Unternehmensflurbereinigung in Betracht zu ziehen ist, wofür gemäß § 87 Abs. 1 FlurbG ein Antrag der Enteignungsbehörde erforderlich ist, grundsätzlich nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens, sondern eines ihm gemäß § 19 FStrG nachfolgenden Enteignungsverfahrens (vgl. Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, § 87 Rn. 10). Zum anderen ist der Beklagte diesem Einwand gleichwohl vorsorglich durch eine Anfrage bei der zuständigen Behörde nachgegangen und hat die Antwort erhalten, dass dafür aus den oben (sub 2 d aa) dargestellten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bestehe. Es ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, über diese Auskunft der für die Einleitung einer Unternehmensflurbereinigung zuständigen Fachbehörde hinaus der Frage vertieft nachzugehen.

38 cc) Das Abwägungsgebot ist unter dem Gesichtspunkt mangelnder Problembewältigung ferner nicht deshalb verletzt, weil der Planfeststellungsbeschluss einen Entscheidungsvorbehalt (§ 74 Abs. 3 VwVfG) enthält, nämlich des Inhalts, dass sich der Beklagte eine nachträgliche Entscheidung vorbehält, falls der Trassenverlauf des Rijksweg RW 74 auf niederländischem Staatsgebiet geändert werden sollte. Es kann dahinstehen, ob es dieses Vorbehalts überhaupt bedurft hätte oder ob er nicht eine Prüfung in Aussicht stellt, die bei einer derartigen Veränderung der Sachlage ohnehin Pflicht der Planfeststellungsbehörde wäre (§ 76 Abs. 1, § 77 VwVfG). Denn es ist offensichtlich, dass der deutsche Teil der Neubaustrecke obsolet würde, falls die Trasse auf niederländischer Seite anders als geplant oder gar nicht verwirklicht würde. Jedenfalls besagt der Entscheidungsvorbehalt nicht, dass irgendwelche durch das Vorhaben aufgeworfene Probleme der Planung auf deutscher Seite unbewältigt ge-blieben wären.

39 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.